Noch mehr als Intelligenz? Komplexes Problemlösen im alltäglichen Leben

Intelligenz, wie sie in klassischen Intelligenztests definiert und gemessen wird, ist für entscheidende Bereiche des alltäglichen Lebens (z. B. Bildung, Berufserfolg, Gesundheit) von großer Bedeutung. Aber ist es im alltäglichen Leben tatsächlich entscheidend zu erkennen, wie eine Zahlenreihe fortgesetzt wird, ob ein Würfel die gedrehte Version eines anderen Würfels ist oder ob man ein Muster aus Mosaiksteinen nachlegen kann? Die Forschung zum komplexen Problemlösen verwendet daher alltagsnahe Problemstellungen, um so kognitive Leistungen zu erfassen, die über die reine Testintelligenz hinausgehen.

Was ist ein komplexes Problem?

Der Begriff des „komplexen Problems“ geht auf den deutschen Psychologen Dietrich Dörner zurück. Er versteht darunter Probleme, die sich durch Polytelie (d. h. dem Vorhandensein mehrerer, möglicherweise konfligierender Ziele), Vernetztheit, Intransparenz und Eigendynamik auszeichnen (Dörner, 1989). Vereinfacht gesprochen kann das gesamte menschliche Leben als komplexes Problem betrachtet werden. Jede/jeder hat in ihrem/seinem Leben bestimmte Ziele, die erreicht werden sollen. Beispielsweise können dies ein erfülltes Familienleben, ein guter Freundeskreis, persönliche Freizeit oder beruflicher Erfolg sein. Diese Ziele können miteinander in Konflikt stehen. Will man in seinem Beruf erfolgreich sein, kann es vorkommen, dass das Familienleben oder der Freundeskreis darunter leiden. Die unterschiedlichen Ziele sind also nicht nur konfligierend, sondern können auch wechselseitig miteinander vernetzt sein. Da der Tag nur 24 Stunden hat, muss man sich entscheiden, in welche Ziele man seine Zeit investiert. Bleibt man länger bei der Arbeit, hat man weniger Zeit für Familie und Freundinnen/Freunde und umgekehrt verhält es sich natürlich genauso. Weiterhin ist oft intransparent, welche Anforderungen die einzelnen Ziele an einen stellen. Ist es in meinem Beruf sinnvoller, Aufgabe X zuerst zu erledigen, oder fange ich besser mit Aufgabe Y an? Braucht meine Partnerin/mein Partner momentan meine Zuneigung oder soll ich ihr/ihm gerade besser Freiraum lassen? Zuletzt unterliegen die Anforderungen, die sich in den einzelnen Zielbereichen ergeben, einer gewissen Eigendynamik, also Entwicklungen, die außerhalb unseres direkten Einflusses liegen. Beispielsweise kann kurz vor Arbeitsende noch eine E-Mail mit einer enorm wichtigen Aufgabe der Chefin/des Chefs hereinkommen, die zwar unvorhersehbar war, aber am besten noch gestern erledigt werden muss. Dies kann wiederum dazu führen, dass das geplante Feierabendbier mit der besten Freundin/dem besten Freund abgesagt und das morgige Meeting nach hinten verschoben werden muss. Komplexe Probleme im Sinne Dörners (1989) bestimmen damit entscheidende Bereiche unseres Lebens. Interessant ist es nun zu betrachten, welche Fähigkeiten wir zur erfolgreichen Lösung komplexer Probleme benötigen.

Welche Anforderungen stellen komplexe Probleme an uns?

Dörner (1989) erachtet vier Fähigkeiten als grundlegend für die erfolgreiche Bewältigung komplexer Probleme. Im Einzelnen sind dies Zielausarbeitung und Balancierung, Informationsgewinnung und -integration, Maßnahmenplanung und -entscheidung sowie Selbstmanagement. Zunächst bedeutet dies, dass man in der Lage sein muss, sich seine Ziele bewusst zu machen, um darauf aufbauend abwägen zu können, welche Ziele gerade wichtiger sind. Was sind also meine aktuellen Lebensziele? Partnerschaft? Familie? Beruflicher Erfolg? Und welchem Lebensziel gebe ich im Zweifel den Vorrang? Muss ich momentan mehr in meine Partnerschaft investieren oder sollte ich mehr Zeit für meine berufliche Karriere aufwenden? Dies setzt voraus, dass man Informationen über den Zustand in den Zielbereichen gewinnt und zu einem Gesamtbild zusammenträgt. Muss der Auftrag der Chefin/des Chefs wirklich sofort erledigt werden oder reicht es, wenn ich ihn morgen erledige? Kann ich ihn vielleicht an jemand anderen delegieren? Ist die Kollegin/der Kollege in der Lage, den Auftrag umzusetzen? Schaffe ich es trotzdem noch zu dem Feierabendbier oder sage ich es ab? Ist es schlimm, wenn ich meine Freundin/meinen Freund versetzte oder hält unsere Freundschaft das aus? Sobald die Informationen zusammengetragen und integriert sind, muss eine Entscheidung getroffen und es müssen Maßnahmen geplant werden. Entscheide ich mich dafür, den Auftrag zu delegieren, muss ich der Kollegin/dem Kollegen eine E-Mail mit allen relevanten Informationen schicken, die sie benötigt, um den Auftrag zu erledigen. Ebenfalls muss ich meine Freundin/meinen Freund anrufen und sie/ihn fragen, ob es vielleicht auch etwas später passt oder ob wir uns in einer anderen Kneipe treffen, die ich schneller vom Büro aus erreichen kann. All das erfordert gute Selbstmanagementfähigkeiten. Dies bedeutet, dass man in der Lage sein muss kontrolliert vorzugehen, anstatt einfach ersten Impulsen zu folgen. Während das Feierabendbier kurzfristig sicher wesentlich verlockender ist als die unerwarteten Überstunden, könnte das Bier auf Dauer der erhofften Beförderung im Wege stehen. Der Verzicht auf kurzfristige Belohnungen, um langfristige Ziele erreichen zu können, ist neben Zielausarbeitung, Informationsgewinnung und Maßnahmenplanung elementar für die erfolgreiche Bewältigung komplexer Probleme. Wie dieses Beispiel eindrücklich zeigt, kann die Fähigkeit zur Lösung komplexer Probleme als entscheidend für den Erfolg im alltäglichen Leben betrachtet werden. Daher liegt es für Forscherinnen/Forscher unterschiedlicher Disziplinen nahe zu untersuchen, ob die Fähigkeit, mit komplexen Problemen umzugehen, durch entsprechende Tests gemessen werden kann.

Wie wird komplexes Problemlösen gemessen?

Um zu ermitteln, wie gut jemand darin ist, mit komplexen Problemen umzugehen, wäre es natürlich naheliegend, die entsprechende Person in eine der Situationen zu versetzen, die im vorherigen Absatz beschrieben wurden. Allerdings wäre das zum einen sehr aufwändig und zum anderen fast unmöglich zu vereinheitlichen. Jede/jeder steht anders zu ihren/seinen Vorgesetzten, Kolleginnen/Kollegen und Freundinnen/Freunden und damit sind auch die individuellen Ziele sehr unterschiedlich. Während das Feierabendbier für manche fast unverzichtbar ist, arbeiten andere lieber weiter. Entsprechend wäre das gezeigte Verhalten nur schwer zu vergleichen oder zu bewerten. Um dennoch Aussagen über die komplexe Problemlösefähigkeit von Menschen machen zu können, werden deshalb Computersimulationen verwendet, die einen Brückenschlag zwischen komplexen und vielseitigen Anforderungen auf der einen Seite und kontrollierbaren Bedingungen, die in wissenschaftlichen Testverfahren unabdingbar sind, auf der anderen Seite darstellen (Brehmer & Dörner, 1993). In diesen Simulationen werden Personen dazu aufgefordert, an der Oberfläche zunächst einmal sehr unterschiedliche Probleme zu bearbeiten, wie als Bürgermeister die Verantwortung für eine Kleinstadt zu übernehmen, die Arbeit einer Feuerwehrtruppe zu organisieren oder eine Hemdenfabrik zu leiten. Diese Szenarien mögen sich äußerlich stark unterscheiden, sind sich aber in den ihnen zugrundeliegenden Anforderungen sehr ähnlich. In dem komplexen Szenario FSYS (Wagener, 2001; vgl. Abb. 1) sollen zum Beispiel fünf simulierte Waldstücken bewirtschaftet werden. Dabei müssen unterschiedliche Arten von Bäumen gepflanzt und nach einer Wachstumsphase, die von der jeweiligen Baumart abhängt, finanziell gewinnträchtig gefällt werden. Es gilt allerdings zu beachten, dass unterschiedliche Bäume unterschiedliche Nährstoffe benötigen und für verschiedene Käferarten anfällig sind. Darauf kann dann mit geeigneten Düngemitteln und Insektiziden reagiert werden. Insgesamt sind die Variablen des Systems also hochgradig miteinander vernetzt und dynamisch und es ist die Aufgabe der Testperson, das zugrunde liegende System zu verstehen und das so erworbene Wissen anzuwenden, um möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften. Dafür müssen aber zuerst Teilziele ausgearbeitet werden, die auch miteinander in Konflikt stehen können. So erfordert eine Investition in den einen Teil des Waldes (z. B. Düngemittel) zwangsläufig, Ressourcen von einem anderen Teil abzuziehen (z. B. günstigere Bäume pflanzen oder auf Insektenschutz verzichten). Die Definition dieser Teilziele obliegt vollständig den Testpersonen und ist Teil der Aufgabe. Selbstmanagement zeigt sich darin, auf kurzfristige Gewinne, zum Beispiel durch frühes Abholzen der Bäume, zugunsten von langfristigen Zielen, wie größeren Gewinnen durch ältere und holzträchtigere Bäume, zu verzichten.

Abbildung 1.Screenshot FSYS (Wagener, 2001) © Dietrich WagenerNeuere Maße des komplexen Problemlösens wie beispielsweise MicroDYN (Greiff Wüstenberg & Funke, 2012; vgl. Abb. 2) verwenden weniger umfangreiche Szenarien. So muss in der MicroDYN-Aufgabe „Werbung“ die Wirkung verschiedener, nicht näher benannter Werbestrategien auf die Beliebtheit dreier fiktiver Produkte untersucht werden. Dieses Wissen muss dann angewandt werden, um eine gewisse Popularität der Produkte zu erzielen. Dieses Problem ist wesentlich weniger umfangreich als beispielsweise das Problem, das es in dem komplexen Szenario FSYS zu bearbeiten gilt. Es handelt sich aber dennoch um ein komplexes Problem, in dem verschiedene, miteinander vernetzte Variablen zielführend exploriert und manipuliert werden müssen. In MicroDYN werden mehrere solcher Kurzprobleme vorgegeben. Die Kürze der MicroDYN Aufgaben erlaubt dabei, sich nicht auf ein Problem beschränken zu müssen, sondern mehrere unterschiedliche Probleme zu einem Test komplexer Problemlösefähigkeit zu bündeln.Abbildung 2. Screenshot MicroDYN; Werbung (Greiff et al., 2012) © Samuel Greiff

Komplexe Szenarien wie FSYS oder MicroDYN erfassen also genau diejenigen Fähigkeiten, die dazu notwendig sind, komplexe Probleme zu bewältigen. Jedoch besteht bei Computersimulationen immer ein großer Entwicklungsaufwand. Da die Probleme computerisiert vorgegeben werden müssen, ist auch die Durchführung mit einem größeren Aufwand verbunden. Damit bleibt die Frage offen, ob nicht auch andere, einfacher zu entwickelnde und durchzuführende Verfahren, wie etwa klassische Intelligenztests, geeignet sind, erfolgreiches Lösen komplexer Probleme zu messen.

Wird komplexes Problemlösen in klassischen Intelligenztests gemessen?

Abbildung 3. Figurale Matrizenaufgabe © Nicolas Becker

Abbildung 3 zeigt eine sogenannte figurale MatrizenaufgabeDerartige Aufgaben sind in vielen Intelligenztests enthalten und stellen ein prototypisches Aufgabenformat dar. Die oberen neun Felder beinhalten das eigentliche Problem. Die Symbole in den Feldern folgen bestimmten Regeln. In diesem Fall werden die Pfeile über die Zeilen hinweg jeweils um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht und die Kreise in den ersten beiden Zellen einer Zeile addieren sich in der dritten Zelle der Zeile. Das letzte Feld der Zeile ist leergelassen. Die Testperson muss entscheiden, welche der Antwortoptionen (A-E) sinnvoll ergänzt, das heißt entsprechend der Regeln, die in der Matrix gelten. In diesem Fall wäre dies die Antwortoption A. Gemäß Dörner (1989) stellt diese Aufgabe kein komplexes Problem dar. Bei der Lösung der Aufgabe gibt es lediglich ein einziges Ziel, nämlich die korrekte Antwortoption zu finden. Das Ziel wird von vorneherein transparent dargestellt. Die Aufgabe verändert sich während der Bearbeitung nicht, das heißt sie ist statisch und besitzt keine Eigendynamik. Ebenfalls ist die Aufgabe nicht mit anderen Aufgaben vernetzt, da jede Aufgabe einzeln bearbeitet wird und das Ergebnis der Lösung einer Aufgabe irrelevant für die anderen Aufgaben des Tests ist. Diese Betrachtung gilt nicht nur für figurale Matrizenaufgaben, sondern kann auf alle Aufgabentypen, die in klassischen Intelligenztests enthalten sind, in gleicher Form angewendet werden. Komplexes Problemlösen ist daher ein Aspekt, der in klassischen Intelligenztests nicht erfasst werden kann. Trotzdem zeigt sich, dass die Ergebnisse klassischer Intelligenztests für entscheidende Lebensbereiche (z. B. Gesundheit, Bildung, Berufserfolg) von hoher Bedeutung sind. Die Fähigkeiten, die in klassischen Intelligenztests erfasst werden, sind damit wichtig für den Erfolg im alltäglichen Leben, obwohl sich die Aufgaben, die darin gestellt werden, von den Anforderungen, die sich im alltäglichen Leben stellen, unterscheiden. Es stellt sich nun die Frage, welche Zusammenhänge zwischen komplexem Problemlösen und Intelligenz bestehen, das heißt ob komplexes Problemlöseszenarien das gleiche oder etwas anderes erfassen als Intelligenztests.

Welche Zusammenhänge bestehen zwischen komplexem Problemlösen und Intelligenz?

Problemlösen ist Teil beinahe jeder Definition von Intelligenz (Sternberg, 1995) und so kann es nicht überraschen, dass der Zusammenhang zwischen Intelligenz und komplexem Problemlösen intensiv diskutiert und beforscht worden ist. Zwischen den eigentlichen Aufgabentypen besteht dem Prinzip nach ein deutlicher Unterschied. Dennoch wurden in der Regel mittlere bis starke Zusammenhänge zwischen dem Lösen komplexer Probleme und den Leistungen in Intelligenztests gefunden (Greiff et al., 2013; Wüstenberg, Greiff & Funke, 2012). Allgemeine Intelligenz scheint also, wie zu erwarten, eine bedeutende Rolle bei der Lösung komplexer Probleme zu spielen. Jedoch ist ein wichtiger Aspekt komplexen Problemlösens in klassischen Intelligenztests nicht enthalten, da dynamische Wechselwirkungen und der Erwerb zu Beginn nicht vorhandener Informationen nicht relevant sind (Raven, 2000). In der Forschung zu geistigen Fähigkeiten wird daher weiterhin zwischen Intelligenztests und komplexen Problemlöseaufgaben unterschieden. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob komplexes Problemlösen einen Mehrwert gegenüber Intelligenz bei der Erklärung von Erfolg im alltäglichen Leben besitzt.

Besitzt komplexes Problemlösen einen Mehrwert gegenüber Intelligenz?

Der Mehrwert einer Erfassung komplexen Problemlösens zusätzlich zur Intelligenz wurde in verschiedenen Studien untersucht. Geprüft wurde dabei, ob Erfolg in verschiedenen Bereichen des alltäglichen Lebens besser erklärt bzw. vorhergesagt werden kann, wenn komplexes Problemlösen zusätzlich zur Intelligenz betrachtet wird. Obwohl Intelligenz bereits eine relativ gute Vorhersage erlaubt, konnte beispielsweise in Bezug auf Schulleistungen in mehreren Fächern (z. B. Wüstenberg et al., 2012), Indikatoren des Berufserfolgs wie Vorgesetztenurteilen (Danner et al., 2011) oder dem Abschneiden in einem berufsrelevanten Planspiel (Wagener, 2001), eine zusätzliche Bedeutung von komplexem Problemlösen nachgewiesen werden. Komplexes Problemlösen blieb auch bei gleichzeitiger Betrachtung von Intelligenz ein relevanter Prädiktor dieser unterschiedlichen Erfolgskriterien. Dieser inkrementelle Wert komplexen Problemlösens über Intelligenz hinaus variierte dabei je nach Studie und Erfolgskriterium, lag aber in der Regel zwischen 2 % und 10 %. In diesen Ergebnissen zeigt sich der theoretische und praktische Nutzen komplexer Problemlöseszenarien. Sie messen Aspekte geistiger Leistungen, die in den Ergebnissen klassischer Intelligenztests nicht enthalten sind. Beispielsweise lässt sich so auf theoretischer Ebene besser verstehen, welche kognitiven Voraussetzungen gute Leistungen in der Schule bedingen, was in der Folge auch gezielteren und individuelleren Unterricht ermöglicht.

Bei der Untersuchung und Vorhersage von Erfolg im alltäglichen Leben besitzt komplexes Problemlösen damit einen Mehrwert über Intelligenz hinaus. Allerdings ist die Forschung an komplexem Problemlösen noch weit davon entfernt, ein annähernd großes Spektrum an gesicherten Befunden vorweisen zu können, wie es sie für die Intelligenz gibt. Gerade was weniger akademische Aspekte des Lebens wie Beziehungs- oder Gesundheitsverhalten angeht, scheint es plausibel einen Mehrwert komplexen Problemlösens anzunehmen, entsprechende Studien stehen aber noch aus.

Fazit

Komplexes Problemlösen und Intelligenz sind Verwandte ersten oder zweiten Grades, aber keine eineiigen Zwillinge. Beide beziehen sich auf geistige Leistungen, jedoch wird in komplexen Problemlöseszenarien der Umgang mit Problemen erfasst, die sich durch Polytelie (d. h. dem Vorhandensein mehrerer, möglicherweise konfligierender Ziele), Vernetztheit, Intransparenz und Eigendynamik auszeichnen. In Intelligenztests werden weniger komplexe Probleme vorgegeben, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, dennoch aber sehr schwer sein können. Aufgrund der inhaltlichen Ähnlichkeit von komplexem Problemlösen und Intelligenz weisen komplexe Problemlöseszenarien und Intelligenztests mittlere bis starke Zusammenhänge auf. Dennoch hat komplexes Problemlösen einen Mehrwert gegenüber dem bereits hohen Erklärungswert, den Intelligenz in Bezug auf den Erfolg im alltäglichen Leben liefert. Hierin besteht der praktische Nutzen von komplexem Problemlösen. Durch komplexe Problemlöseszenarien können geistige Leistungen erfasst werden, die über reine Testintelligenz hinausgehen (Wüstenberg, Stadler, Hautamäki & Greiff, 2014). Weiterhin haben komplexe Problemlöseszenarien einen klareren Bezug zu Problemen, die einem auch im alltäglichen Leben begegnen. Testsituationen können damit alltagsnäher gestaltet werden, was die Motivation der Testpersonen bei der Bearbeitung steigern kann. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass komplexes Problemlösen eine wichtige Ergänzung zur Intelligenz darstellt, die bei der Messung geistiger Leistungen berücksichtigt werden sollte.

 

Literaturverzeichnis

Brehmer, B. & Dörner, D. (1993). Experiments with computer-simulated microworlds: Escaping both the narrow straits of the laboratory and the deep blue sea of the field study. Computers in Human Behavior, 9, 171-184.

Danner, D., Hagemann, D., Holt, D. V., Hager, M., Schankin, A., Wüstenberg, S. & Funke, J. (2011). Measuring performance in a complex problem solving task: Reliability and validity of the Tailorshop simulation. Journal of Individual Differences, 32, 225-233.

Dörner, D. (1989). Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. Hamburg: Rowohlt.

Greiff, S., Fischer, A., Wüstenberg, S., Sonnleitner, P., Brunner, M. & Martin, R. (2013). A multitrait–multimethod study of assessment instruments for complex problem solving. Intelligence, 41, 579-596.

Greiff, S., Wüstenberg, S. & Funke, J. (2012). Dynamic problem solving: A new assessment perspective. Applied Psychological Measurement, 36, 189-213.

Raven, J. (2000). Psychometrics, cognitive ability, and occupational performance. Review of Psychology, 7, 51-74.

Sternberg, R. J. (1995). Expertise in complex problem solving: A comparison of alternative concepts. In P. A. Frensch & J. Funke (Eds.), Complex problem solving. The European perspective (pp. 295-321). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum.

Wagener, D. (2001). Psychologische Diagnostik mit komplexen Szenarios. Lengerich: Pabst.

Wüstenberg, S., Greiff, S. & Funke, J. (2012). Complex problem solving—More than reasoning? Intelligence, 40, 1-14.

Wüstenberg, S., Stadler, M., Hautamäki, J. & Greiff, S. (2014). The role of strategy knowledge for the application of strategies in complex problem solving tasks. Technology, Knowledge and Learning, 19, 127-146. 

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