Die Bedeutung von Replikationen in der Wissenschaft

Replikationen sind in der Wissenschaft unerlässlich. Doch wie sieht es eigentlich in der Psychologie aus? Und wie ist eine (nicht-)erfolgreiche Replikation zu interpretieren?

In einer Folge der Serie Big Bang Theory berichtet Leonard seiner Mutter Beverly von seiner aktuellen Forschung. Begeistert erzählt er ihr, dass er gerade versucht, die angeblich bahnbrechende Arbeit einer anderen Forschergruppe zu replizieren, das bedeutet, zu wiederholen und zu schauen, ob er dasselbe Ergebnis bekommt. Leider ist seine Mutter gänzlich unbeeindruckt und antwortet sinngemäß: „Also keine eigene Forschung? Warum sollte ich sie mir ansehen? Ich könnte einfach den Originalartikel lesen!“ Unnötig zu sagen, dass der arme Leonard ziemlich geknickt ist.

Leider war die Einstellung von Leonards Mutter auch in der Psychologie lange Zeit weit verbreitet. Es gibt viele Original-Studien, aber zu wenige Replikationen von diesen. Dieser Umstand beginnt sich nur langsam zu ändern (Open Science Collaboration, 2012). Dabei sind Replikationen für eine Wissenschaft äußerst wichtig: Das Ergebnis jeder einzelnen Studie kann mit eine gewissen Wahrscheinlichkeit falsch sein. Deshalb ist es wesentlich, eine Studie zu wiederholen und die Ergebnisse dieser Wiederholung mit den Original-Ergebnissen zu vergleichen. Grundsätzlich kann man sagen: Je spektakulärer ein Befund ist, desto skeptischer sollte man sein, ob er sich replizieren lässt (Wagenmakers, Wetzels, Borsboom & van der Maas, 2011). Um die echten von den falschen Befunden zu trennen, sind also Replikationen unerlässlich, und sie sind genauso wichtig wie Original-Studien.

Das Ganze wäre jedoch keine Wissenschaft, wenn es einfach wäre: Genau wie ein Original-Befund falsch sein kann, kann auch eine Replikation falsch sein (z. B. Stanley & Spence, 2014). Das bedeutet, wenn es nicht gelingt, einen Befund zu replizieren, dann bedeutet das eben auch nicht, dass es diesen Befund nicht gibt. Weitere Forschung muss dann klären, wodurch die nicht-erfolgreiche Replikation zustande gekommen ist.

WissenschaftlerInnen müssen also vorsichtig bei der Interpretation von Befunden sein: Man sollte neuen Befunden mit einer gehörigen Skepsis begegnen und ihnen erst vertrauen, wenn sie einige Replikationsversuche überstanden haben. Man sollte aber auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und eine Idee völlig verwerfen, nur weil sie sich nicht auf Anhieb replizieren lässt. Die gleiche Haltung empfiehlt sich auch für LeserInnen des In-Mind Blogs, denn: Einerseits wollen wir Ihnen neue und spannende Befunde präsentieren – andererseits wird vermutlich nicht jeder davon eine sorgfältige Replikation überstehen.

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass eine nicht-erfolgreiche Replikation nichtbedeutet, dass den AutorInnen der Originalstudie etwas vorzuwerfen ist. Wissenschaftlicher Fortschritt besteht aus einem ewigen Kreislauf spannender neuer Ideen und dem kritischen Hinterfragen dieser Ideen. Wissenschaftlicher Stillstand entsteht, wenn wir eine dieser Seiten zugunsten der anderen vernachlässigen.

Leonard macht also alles richtig. Und seine Mutter versteht vielleicht nicht ganz so viel von Wissenschaft, wie sie denkt...

Quellen:

Open Science Collaboration. (2012). An open, large-scale, collaborative effort to estimate the reproducibility of psychological science. Perspectives on Psychological Science, 7, 657-660.

Stanley, D. J. & Spence, J. R. (2014). Expectations for replications: Are yours realistic? Perspectives on Psychological Science, 9, 305-318.

Wagenmakers, E.-J., Wetzels, R., Borsboom, D. & van der Maas, H. L. J. (2011). Why psychologists must change the way they analyze their data: The case of psi: Comment on Bem (2011). Journal of Personality and Social Psychology, 100, 426-432.