Lasst den Kopf nicht hängen!

Kaum ein WM-Spiel vergeht ohne Kommentare über die Körpersprache der Spieler. Doch welche Rolle spielt diese tatsächlich?

Penalty by Daniele Zanni via Flickr (https://www.flickr.com/photos/syymza/8368323233/in/album-72157647478095576/) Cc (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/)Ich geb’s ja zu: Ich hab seit Beginn der WM mehr Fußball geschaut als ich vermutlich sollte, und die Bemerkungen der Kollegen, dass ich Augenringe von den Nachtspielen hab, find ich schon lange nicht mehr lustig.
Mir fällt aber immer öfter auf, dass die Kommentatoren Bemerkungen über die Körpersprache der beteiligten Spieler machen. Sprüche wie „Die Körpersprache der Spieler spricht Bände“; „von der Körpersprache her hat die Mannschaft sich aufgegeben“ bis hin zu „dass die Jungs das verlieren würden, hab ich schon an der Körpersprache gesehen, als sie nach der Halbzeit wieder auf den Platz kamen“ sind an der Tagesordnung. Aber ist da tatsächlich was dran? Sagt die Körpersprache etwas darüber aus, wie es um eine Mannschaft steht?

Es gibt in der Sportpsychologie recht viel Forschung zum Thema Körpersprache bzw. nonverbales Verhalten. Und tatsächlich scheint es so zu sein, dass sich die Körpersprache in Abhängigkeit vom Spielstand verändert. In einer Reihe von Studien konnten Menschen erkennen, ob eine Mannschaft gerade in Führung lag oder im Rückstand war, wenn ihnen nur kurze Videos einzelner Mannschaftsmitglieder gezeigt wurden (Furley & Schweizer, 2014a). Dieser Befund gilt in verschiedenen Mannschafts- und Individualsportarten. Gleichzeitig nehmen Athleten die Körpersprache ihrer Konkurrenten wahr und ziehen daraus Rückschlüsse auf ihre eigene Erfolgswahrscheinlichkeit (Furley & Schweizer, 2014b). Das heißt, je mehr die Spieler einer Mannschaft den Kopf hängen lassen, desto selbstsicherer werden ihre Gegner.

Besondere Bedeutung hat die Körpersprache bei Elfmetern: Hier konnte gezeigt werden, dass Schützen, deren Körpersprache typischem Flucht- oder Vermeidungsverhalten ähnelt, schlechtere Elfmeter schießen als dominanter auftretenden Schützen (Jordet & Hartman, 2008). Typisch für schlechtere Elfmeterschützen ist, dass sie anscheinend der unangenehmen Situation entkommen möchten: Sie führen den Schuss schneller aus, drehen dem Torhüter eher den Rücken zu und vermeiden Blickkontakt. Erfolgreichere Schützen lassen sich Zeit und schauen dem Torhüter in die Augen. Wer sich bei der Beschreibung solcher Machtspiele an Gorillas erinnert fühlt, der hat Recht: Unser nonverbales Verhalten ist vermutlich evolutionär tief verwurzelt und ähnelt dem unserer nächsten Verwandten sehr.

Wenn also demnächst wieder Elfmeterschießen ist, dann beeindrucken Sie Ihre Freunde: Analysieren Sie die Körpersprache der Schützen und sagen Sie vorher, welcher Schuss rein geht und welcher nicht. Im Zweifel sollten Sie aber immer auf Tor tippen: Insgesamt werden nämlich ungefähr drei Viertel aller Elfmeter verwandelt.

Quellen

Furley, P. & Schweizer, G. (2014a). “I’m pretty sure that we will win!” The influence of score-related nonverbal behavioral changes on the confidence in winning a basketball game. Journal of Sport and Exercise Psychology, 35, 316-320.

Furley, P. & Schweizer, G. (2014b). The expression of victory and loss: Estimating who's leading or trailing from nonverbal cues in sports. Journal of Nonverbal Behavior, 38, 13-29.

Jordet, G. & Hartman, E. (2008). Avoidance motivation and choking under pressure in soccer penalty shootouts. Journal of Sports and Exercise Psychology, 30, 450-457.