Leistungsrückmeldungen in der Schule: Unsere Lehrerin sagt, ich bin immer noch besser als du!

Ob Lehrkräfte bei ihren Leistungsrückmeldungen auf soziale Vergleiche zurückgreifen oder die individuelle Lernentwicklung beschreiben, macht einen großen Unterschied. Insbesondere für die Lernmotivation leistungsschwacher Schüler*innen ist der soziale Vergleich toxisch.

Ein Lehrer vor einer TafelAlexas_Fotos via pixabay (https://pixabay.com/photo-2052868/, CC: https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de)Leistungsrückmeldungen sind für Schüler*innen sowohl in Form von Noten als auch in Form von Lob und Tadel ein wesentlicher Bestandteil des Alltags. Dabei ist es für Lehrkräfte jedoch nicht immer einfach, klare Kriterien für die Leistungsrückmeldung zu finden.

Eine Möglichkeit, die Leistung von Schüler*innen einzuordnen, stellt der soziale Vergleich mit der Klasse dar (soziale Bezugsnorm). Ein Beispiel ist der altbekannte Notenspiegel, in welchem Schülerinnen und Schüler ablesen können, wie die aktuelle Klausur „ausgefallen“ ist und wo sie persönlich im Klassenvergleich stehen. Darüber hinaus ist es auch möglich, die aktuelle Leistung mit der vergangenen Leistung der Schülerin oder des Schülers zu vergleichen (individuelle Bezugsnorm). Ein Beispiel hierfür wäre es, wenn Lehrkräfte den individuellen Lernfortschritt loben.

Vergangene Forschung zeigt, dass sich Lehrkräfte dahingehend unterscheiden, ob sie die soziale oder die individuelle Bezugsnorm präferieren. Leider hat jedoch gerade eine Betonung der sozialen Bezugsnorm eine Reihe kritischer Nebenwirkungen (Rheinberg & Fries, 2010). Selbst wenn eine Schülerin kontinuierlich Lernfortschritte macht, kann es sein, dass sie nicht das Gefühl hat besser zu werden, wenn sie sich mit ihren Klassenkamerad*innen vergleicht. Dies liegt daran, dass ihre Klassenkamerad*innen sich ebenfalls verbessern und der Rangplatz der Schülerin in der Klasse somit stabil bleibt.

So zeigt eine aktuelle Studie, dass insbesondere leistungsschwache Schüler*innen über die Zeit ein negatives fachbezogenes Selbstkonzept entwickeln, wenn die Lehrkraft den sozialen Vergleich stark betont. Verwenden die Lehrkräfte hingegen eine individuelle Bezugsnorm und Lernbotschaften, lässt sich das fachbezogene Selbstkonzept stabilisieren. Die Schüler*innen glauben dann auch eher, dass es ihnen möglich ist, durch eigene Anstrengung ihre Fähigkeiten zu verbessern (Dickhäuser, Janke, Praetorius & Dresel, 2017).

Positive Effekte der sozialen Bezugsnorm auf die Motivation leistungsstarker Schülerinnen und Schüler ließen sich bisher übrigens nicht nachweisen. Diese entwickeln auch ohne den sozialen Vergleich auf Basis ihrer guten Noten und des erhaltenen Lobs ein positives fachbezogenes Selbstkonzept. Lehrkräfte sollten also individuelle Lernbotschaften dem sozialen Vergleich vorziehen, wenn ihnen die Motivation ihrer Schülerinnen und Schüler am Herzen liegt. 

Quellen:

Dickhäuser, O., Janke, S., Praetorius, A.-K. & Dresel, M. (2017). Effects of teachers' reference normorientations on students' implicit theories and academic self-concepts. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 31, 205-219.

Rheinberg, F. & Fries, S. (2010). Bezugsnormorientierung. In D. H. Rost (Hrsg.), Handwörterbuch Pädagogische Psychologie (S. 449-958). Weinheim: BELTZ PVU.