Mein Passwort für ein Stück Schokolade

Unsere Passwörter sollten wir niemandem verraten - es sei denn, der andere gibt uns einen echt guten Grund, es doch zu tun. Wie zum Beispiel ein Stück Schokolade.

Bild 1: Passwort EingabeBild 1: Passwort EingabeVermutlich liegt es nicht nur an Facebook und der NSA, dass es mit unserer Internetsicherheit nicht weit her ist.  Bei einer Befragung von über tausend PassantInnen zu diesem Thema (Happ, Melzer & Steffgen, 2016) nannten 29,8 Prozent der Befragten ohne Weiteres ein Passwort, weitere 53,3 Prozent gaben immerhin Hinweise (z.B. Antworten auf die Fragen, ob es mit dem eigenen Namen, Geburtstag oder Telefonnummer zu tun habe).

Diese Zahlen lassen sich aber noch steigern: Ein Teil der Befragten erhielt vor der Befragung eine Schokolade, ein weiterer Teil erhielt die Schokolade unmittelbar vor der Frage nach dem Passwort. Dieses kleine Geschenk erhöhte die Auskunftsbereitschaft erheblich: Kam die Schokolade vor der Befragung, nannten 39,9 Prozent ihre Passwörter; kam die Schokolade gar direkt vor der entscheidenden Frage, stieg die Bereitschaft auf 47,9 Prozent.

Nun werden Sie mit Recht einwenden: „Wer ist denn bei einer solchen Frage schon ehrlich? Könnte man nicht einfach lügen und sein tatsächliches Passwort weiterhin geheim halten?“ Hiervon sind auch die AutorInnen der Studie ausgegangen und fragten daher die ProbandInnen abschließend, ob sie denn bei der Auskunft ehrlich gewesen seien. Dies bestätigten nur 62 Prozent (N = 724 Personen). Die oben genannten Zahlen beziehen sich nur auf diese mutmaßlich „ehrliche“ Teilstichprobe.

Ein anderer Befund relativiert die an sich erschütternde Leichtfertigkeit der Befragten ein klein wenig: Die Schokolade beeinflusst vor allem die Bereitschaft, das Passwort selbst preiszugeben, nicht so sehr die Bereitschaft, Hinweise zu geben. Anders gesagt: Wer ohne Geschenk nur einen Hinweis gegeben hätte, gibt mit Geschenk gleich das ganze Passwort.

Das Experiment zeigt zum einen, dass viele von uns ihre Datensicherheit nicht sehr wichtig nehmen. Zum anderen unterstreicht es die Wirkung von kleinen Geschenken, die ja den Druck der Reziprozitätsnorm, der Regel der Gegenseitigkeit, auslösen. Das Experiment von Happ et al. (2016) zeigt, dass Geschenke am stärksten wirken, wenn man sie unmittelbar vor der eigentlichen Bitte gibt. Und eine zweite Bedingung ist wichtig: Die Geschenke müssen „ungeschuldet“ sein. Für die Befragung bedeutet das: Man muss sie geben, noch bevor der andere an der Befragung teilgenommen und dadurch einen Anspruch auf das Geschenk hat. Wenn man das tut, kann man mit erheblich höherer Teilnahmebereitschaft rechnen (Berry & Kanouse, 1987; James & Bolstein, 1992). Man muss dieses Mittel ja nicht gleich einsetzen, um Passwörter zu ergaunern.

Literaturverzeichnis

Berry, S. H., & Kanouse, D. E. (1987). Physician response to a mailed survey. Public Opinion Quaterly, 51, 102-114.

Happ, C., Melzer, A., & Steffgen, G. (2016). Trick with treat – Reciprocity increases the willingness to communicate personal data. Computers in Human Behavior, 61, 372-377.

James, J. M., & Bolstein, R. (1992). Effects of monetary incentives and follow-up mailings on the response rate and response quality in mail surveys. Public Opinion Quarterly, 56, 442-453.

Bildquelle

Bild 1: Christoph Scholz via flickr , CC