Musik in der Werbung – Was hat Rihanna mit der Entscheidung für eine Handyhülle zu tun?

Werbung ohne Musik? Das kann man sich kaum vorstellen. Und auch Supermärkte und Einkaufsläden überlassen die Hintergrundmusik heute nicht mehr dem Zufall. Kennen Sie den PENNY-Radiosender? Man war sich lange sicher, dass Musik unsere Produktenscheidungen beeinflussen kann. Ein Forscherteam in Amsterdam nimmt das noch einmal ganz genau unter die Lupe.

People with Shopping BagsSchon im Jahr 1982 kam Gerald Gorn auf die Idee, systematisch zu untersuchen, wie sich Musik auf Produktentscheidungen auswirkt. 244 Studierende schauten sich ein Werbefoto für einen Kugelschreiber an und sollten die Musik bewerten, die hierzu abgespielt wurde. Als Gegenleistung für die Studienteilnahme durften sich die Studierenden zwischen einem hellblauen und einem beigen Kugelschreiber entscheiden. 79% der Studierenden entschieden sich für den Kugelschreiber, der mit der beliebteren Musik beworben worden war. Den Kugelschreiber, der mit der unbeliebteren Musik beworben worden war, wollten nur 30% geschenkt bekommen. Nur 5 Personen gaben an, dass ihre Entscheidung durch die Musik beeinflusst worden sei.

Laut Google Scholar, einer Suchmaschine für wissenschaftliche Artikel, wurde Gerald Gorn bis heute 1198 Mal mit dieser Studie zitiert. Gorns Studie gilt als Beleg dafür, dass das Verhalten von KonsumentInnen durch Verknüpfungen — beispielsweise zwischen Musik und einem Produkt — beeinflusst werden kann. Und noch besser: Dieser Effekt wird von den KonsumentInnen selbst gar nicht bemerkt. Trotz der hohen Bedeutsamkeit dieser Studie wird sie immer häufiger kritisiert. In einer sogenannten Replikationsstudie wurde versucht, die Ergebnisse von Gorn (1982) nachzustellen.

Forscher der Universität in Amsterdam (Vermeulen & Beukeboom; 2015) führten also eine ähnliche Studie durch. Diesmal schauten sich 182 Personen ein kurzes Werbevideo an, in dem eine Handyhülle in unterschiedlichen Farben beworben wurde. Als musikalische Untermalung wurde der beliebte Song „We Found Love“ von Rihanna abgespielt, während als unbeliebter Song ein Cover einer unbekannten Sängerin abgespielt wurde. Es fanden sich ähnliche Effekte, wenn auch nicht so hoch wie bei Gorn (1982): 58% entschieden sich für die Handyhülle, die mit Rihanna besungen wurde, 42% wollten die Handyhülle geschenkt bekommen, die von einer unbekannten Sängerin beworben wurde. Genau dasselbe Studiendesign führten Sie noch einmal mit einem Werbevideo für ein Fahrrad durch: dieselbe Songauswahl führte bei dieser Produktentscheidung zu keinem Effekt.

Kann die Hintergrundmusik nun die Produktentscheidung von KonsumentInnen beeinflussen, wie Gorn (1982) ursprünglich zeigte? Laut dieser Studie: Ja, ein wenig, aber es ist kompliziert. Die geringen Effekte aus der ersten Studie (Handyhülle) lassen sich in der zweiten Studie (Fahrrad) nicht mehr nachweisen. Der Einfluss scheint sich nicht ohne Weiteres auf teure Produkte, die eine genauere Abwägung erfordern, übertragen zu lassen. Gut für uns. Wenn es um viel Geld geht, lassen wir uns also nicht so leicht beeinflussen. Doch auch wenn die Effekte geringer ausfallen als in der Originalstudie, so sind sie von praktischer Bedeutung. In einer Zeit, in der die Werbung vermehrt an individuelle Vorlieben angepasst wird und Spotify und iTunes wissen, welche Musik uns am besten gefällt, kann das aktuelle Lieblingslied unsere Produktentscheidungen womöglich doch deutlich beeinflussen. Ob wir das merken?

Quellen:

Gorn, G. J. (1982). The effects of music in advertising on choice behavior: A classical conditioning approach. The Journal of Marketing, 94-101.

Vermeulen, I., & Beukeboom, C. J. (2016). Effects of Music in Advertising: Three Experiments Replicating Single-Exposure Musical Conditioning of Consumer Choice (Gorn 1982) in an Individual Setting. Journal of Advertising, 45, 53-61.

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