Teure Geschenke

Beim Schenken stellen wir uns oft besonders blöd an: Eigentlich wollen wir ja dem Beschenkten eine Freude machen. Aber um das zu erreichen, setzen wir hartnäckig immer wieder ein eigentlich ungeeignetes Mittel ein: Wir wählen teure Geschenke.

Bild von cohdra via morguefile.com (https://morguefile.com/p/155246), Lizenz: (https://morguefile.com/license)Weihnachten steht vor der Tür und da machen Sie sich vielleicht schon Gedanken was Sie von Ihren Liebsten bekommen werden. Vermutlich wird sich bei dieser Frage aber auch bei Ihnen das gleiche zeigen, wie bei den meisten Menschen: Ob Sie sich über ein Geschenk freuen oder nicht, hängt praktisch überhaupt nicht mit dem Preis zusammen. Die Geschenke, über die Sie sich freuen, können teuer oder billig sein und die, über die Sie sich nicht freuen, auch. Der Preis sagt hier gar nichts aus (Flynn & Adams, 2009).

Wie sieht es aber aus, wenn Sie selbst Geschenke machen? Sehen Sie dann vom Preis vollkommen ab? Die meisten Menschen tun das lieber nicht und wählen im Zweifelfalle lieber teurere Geschenke. Flynn und Adams (2009) ließen ihre Probanden über mehrere Runden die Rollen von Schenkenden und Beschenkten einnehmen. Die Teilnehmer machten dabei als Beschenkte unmittelbar die Erfahrung, daß der Preis des Geschenkes für ihr eigenes Empfinden irrelevant war. Trotzdem wählten sie, sobald sie wieder an der Reihe waren, lieber ein teures als ein billiges Geschenk.

Dieses Verhalten ist nicht nur ökonomisch widersinnig, sondern scheint auch psychologisch auf den ersten Blick unplausibel: Menschen müßten eigentlich nur das tun, was sie sonst auch immer machen, nämlich von sich auf andere schließen. Aber genau das tut man offenbar in diesem Fall nicht. Schuld daran ist vermutlich eine Fehlwahrnehmung, die auch in anderen ökonomischen Kontexten zu beobachten ist: Menschen halten tendenziell alle anderen für materialistischer als sich selbst (siehe auch Felser, 2003; Miller, 1999). Mit anderen Worten: „Mag sein, daß ich mich über ein Geschenk unabhängig von dessen Preis freue. Aber bei den anderen darf ich das nicht erwarten, die schauen halt mehr auf den Preis als ich. “

Diese Wahrnehmungsverzerrung führt nicht nur dazu, daß wir beim Geschenkekauf oft auf das falsche Pferd setzen. Sie festigt auch die Illusion, daß sich Menschen nach dem Modell des homo oeconomicus verhalten.
Aber wovon hängt denn dann die Freude über ein Geschenk tatsächlich ab? Ein zentraler Faktor ist das Gefühl, daß sich der Schenkende bei dem Geschenk „Gedanken gemacht“ hat und daß sein Geschenk ein Zeichen der Wertschätzung für den Beschenkten ist (Flynn & Adams, 2009). Das leistet in der Tat manchmal ein teures, häufig aber eben auch ein ganz preiswertes Geschenk.

Quellen
Felser, G. (2003). Wie schlechte Theorie gute Praxis verdirbt. In K. Rothermund (Hrsg.), Gute Gründe. Symposium zur Bedeutung der Vernunft für die Praxis (S. 17-28). Stuttgart: Kohlhammer.

Flynn, F. J. & Adams, G. S. (2009). Money can’t buy love: Asymmetric beliefs about gift price and feelings of appreciation. Journal of Experimental Social Psychology, 45, 404-409.

Miller, D. T. (1999). The norm of self-interest. American Psychologist, 54, 1053-1060.