Wie Bewerberdiskriminierung der Boden entzogen wird

King und Ahmad zeigen in ihrer Studie von 2010, nach welchen Mechanismen Diskriminierung muslimischer Bewerberinnen funktioniert. Sie zeigen aber auch, wie sich diese Mechanismen beeinflussen lassen.

fell_blog1_bynirielviaflickr_small.jpgDieses niederländische Plakat fragt: „Müssen Sie sich selbst zu Hause lassen, wenn Sie rausgehen?“ Bild von Niriel via Flickr (https://www.flickr.com/photos/niriel/3679563650), CCO (https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/)Bewerber dürfen aufgrund ihrer Religion nicht benachteiligt werden. Subtile interpersonelle Diskriminierung (z. B. Unhöflichkeit) ist jedoch durch Gesetze kaum zu verhindern. King und Ahmad (2010, S. 882) nennen es eine „Paranoia“, die seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 gegenüber Muslimen herrsche; ein Wahn, der scheinbar auch in Deutschland grassiert (Ahmad, 2009; Bielefeldt, 2008).

Vorurteile gegenüber (muslimischen) Bewerbern werden zu diskriminierendem Verhalten, wenn diese Vorurteile mehr Rechtfertigung als Unterdrückung erfahren (King & Ahmad, 2010). Unterdrückt werden Vorurteile, wenn man zum Beispiel religiöse Diskriminierung grundsätzlich ablehnt. Aber hängt man beispielsweise dem Stereotyp an, Muslime seien gefühlskalt, so würden Vorurteile gerechtfertigt und Diskriminierung ermöglicht.

King und Ahmad (2010) zeigen, wie Rechtfertigung und dadurch Diskriminierung minimiert werden können. In ihrer Feldstudie stellt sich eine Frau als Bewerberin in Einzelhandelsgeschäften vor, die gerade Personal suchen. Entweder ist die Bewerberin dabei muslimisch gekleidet (schwarzes Gewand, Kopftuch) oder nicht (schwarze Schuhe, Hose und Bluse). Und entweder erwähnt die Bewerberin ihr soziale Engagement („Ich kann sofort anfangen, aber ich bräuchte für meine ehrenamtliche Arbeit einen freien Tag pro Woche. Ich hoffe, das ist ok.“), was dem Muslim- Stereotyp der Gefühlskälte entgegenläuft, oder nicht (King & Ahmad, 2010, S. 889). Eine solche Bitte wird in den USA keinesfalls als dreist, sondern als positiv wahrgenommen.

Tatsächlich erfährt die Bewerberin als Muslima gekleidet mehr interpersonelle Diskriminierung. Am meisten Diskriminierung erfährt sie, wenn sie zudem kein ehrenamtliches Engagement erwähnt. Beobachter, die ebenfalls im Laden waren, bestätigen den Kleidungseffekt. Sie geben außerdem an, dass die muslimische Bewerberin, wenn sie kein ehrenamtliches Engagement erwähnt, mehr Diskriminierung erfährt als jede nichtmuslimische Bewerberin. 

King und Ahmad (2010) zeigen in ihrer Feldstudie, wie und warum muslimische Bewerberinnen interpersonell diskriminiert werden. Die Studie will keinesfalls Muslime (oder andere Betroffenengruppen) für ihre Diskriminierung verantwortlich machen! Diskriminierung ist zum Wohle aller der Garaus zu machen. Aber bis es soweit ist, hilft’s vielleicht, ein paar Tricks auf Lager zu haben.

Quellen:

Ahmad, H. M. M. (2009). Vorurteile gegen den Islam: Eine Aufklärung. Vortrag gehalten auf der Jahresversammlung der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland, Mannheim. 

Bielefeldt, H. (2008). Das Islambild in Deutschland: Zum öffentlichen Umgang mit der Angst vor dem Islam. Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte.

King, E. B. & Ahmad, A. S. (2010). An experimental field study of interpersonal discrimination toward muslim job applicants. Personnel Psychology, 63, 881–906.