COVID-19: Schlimmer als gedacht? Wie und warum sich das wahrgenommene Risiko von Infektionskrankheiten im Laufe der Zeit verändert

Wie wahrscheinlich werde ich aufgrund des Coronavirus erkranken? Wie schwerwiegend wäre das für meine Gesundheit? Wie besorgt bin ich deswegen? Unsere Antworten auf diese Fragen sehen heute anders aus als noch im Frühjahr 2020. Unsere Risikowahrnehmung verändert sich im Verlauf von Epidemien und Pandemien. Diese Veränderungen beeinflussen unsere Bereitschaft, uns und andere durch unser Verhalten vor einer Infektion zu schützen. Hier stellen wir Ergebnisse dazu vor, wie und warum sich unsere Risikowahrnehmung verändert, damit Infektionskrankheiten effektiver eingedämmt werden können.

Verhalten zum Schutz vor einer Infektion

Unser Verhalten spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die Verbreitung sowie die Eindämmung von Infektionskrankheiten wie des aktuell kursierenden Coronavirus SARS-CoV-2 und der damit einhergehenden Krankheit COVID-19 geht (Bish & Michie, 2010; Leppin & Aro, 2009; Renner & Reuter, 2012). Wir können dadurch, dass wir uns zum Beispiel gründlich die Hände waschen, Abstand zu anderen halten oder uns (falls möglich) impfen lassen, einen wichtigen Beitrag dazu leisten, uns selbst und andere vor einer Ansteckung zu schützen. Viele Maßnahmen, die gerade in der aktuellen Corona- Pandemie von Regierungen und Gesundheitsorganisationen getroffen werden, zielen daher darauf ab, unser Verhalten dahingehend zu verändern.

Bild 1: Gerade wenn es bei neuartigen Infektionskrankheiten noch keinen Impfstoff und kein wirksames Medikament gibt, ist es umso wichtiger, dass wir uns und andere durch Verhalten wie Abstandhalten oder das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes schützen.Bild 1: Gerade wenn es bei neuartigen Infektionskrankheiten noch keinen Impfstoff und kein wirksames Medikament gibt, ist es umso wichtiger, dass wir uns und andere durch Verhalten wie Abstandhalten oder das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes schützen.

Risikowahrnehmung motiviert zum Schutz vor einer Infektion

Ob wir Schutzmaßnahmen ergreifen, wird unter anderem durch unsere Risikowahrnehmung beeinflusst (Bish & Michie, 2010; Renner & Reuter, 2012). Klassische Studien zur Risikowahrnehmung fragen vor allem danach, wie wahrscheinlich ein negatives Ereignis eingeschätzt wird und wie schwerwiegend dieses Ereignis wäre. Die Antworten auf Fragen wie „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie aufgrund des Coronavirus erkranken?“ oder „Wie schwerwiegend wäre eine solche Erkrankung für Ihre Gesundheit?“ geben Aufschluss über unsere kognitive Risikowahrnehmung. Neuere Studien hingegen betonen unser gefühlsmäßiges Erleben eines Risikos ( affektive Risikowahrnehmung), das sich darin zeigt, dass wir besorgt sind oder uns sogar akut bedroht fühlen und Angst haben (Leppin & Aro, 2009; Renner & Reuter, 2012).

In der aktuellen Corona- Pandemie ist es zur Eindämmung des Coronavirus wichtig, dass wir unser Verhalten anpassen, die empfohlenen, schützenden Verhaltensweisen umsetzen und teilweise große Einschränkungen über einen längeren Zeitraum hinweg akzeptieren. Dafür müssen wir in unserem Alltag zur Wahrung des Abstands auf Umarmungen oder Händeschütteln verzichten und uns neue Verhaltensweisen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angewöhnen (Betsch, 2020; Leppin & Aro, 2009). Unsere Risikowahrnehmung beeinflusst, ob wir bereit sind, uns und andere dennoch und vor allem langfristig durch eine – manchmal mühselige – Anpassung unseres Verhaltens zu schützen und ob es uns gelingt, die Ausbreitung des Coronavirus erfolgreich einzudämmen.

Zeitliche Veränderung unserer Risikowahrnehmung

Wie gefährlich wir eine Infektionskrankheit einschätzen, ändert sich im Laufe der Zeit bzw. im Verlauf einer Pandemie. Da die Risikowahrnehmung eng mit unserem Schutzverhalten in Verbindung steht (Bish & Michie, 2010; Renner & Reuter, 2012), ist es wichtig, unsere Risikowahrnehmung im zeitlichen Verlauf von Pandemien zu beobachten.

Um besser zu verstehen, wie sich unsere Risikowahrnehmung im Laufe der Corona- Pandemie verändert, führt ein wissenschaftliches Team an der Universität Konstanz das Projekt EUCLID (https://euclid.dbvis.de) durch. Daten des Projekts zeigen, dass Personen in Deutschland im Frühling 2020 ein immer höheres Risiko empfanden, aufgrund des Coronavirus zu erkranken. Ab April 2020 nahm die Risikowahrnehmung dann zunächst kontinuierlich ab (Renner et al., 2020). In der zweiten Hälfte des Bild 2: Unsere Risikowahrnehmung verändert sich im Verlauf von Pandemien. Daten aus dem EUCLID-Projekt der Universität Konstanz (https://euclid.dbvis.de) zeigen die Veränderung während der Corona-Pandemie von Februar 2020 bis April 2021 in Deutschland.Bild 2: Unsere Risikowahrnehmung verändert sich im Verlauf von Pandemien. Daten aus dem EUCLID-Projekt der Universität Konstanz (https://euclid.dbvis.de) zeigen die Veränderung während der Corona-Pandemie von Februar 2020 bis April 2021 in Deutschland.Jahres 2020 wurde das mit dem Coronavirus verbundene Erkrankungsrisiko in der deutschen Bevölkerung jedoch wieder höher wahrgenommen und die Befragten waren zunehmend besorgter.Diese zeitliche Veränderung der Risikowahrnehmung ähnelt in ihrem Verlauf der Risikowahrnehmung während früherer Epidemien und Pandemien. So stieg die Risikowahrnehmung zu Beginn der Vogelgrippe- Epidemie (H7N9) 2014-15 in Hong-Kong zunächst an und sank anschließend wieder ab (Liao et al., 2019). Das Ausmaß der Corona- Pandemie unterscheidet sich jedoch deutlich von vorangegangenen Infektionsausbrüchen. Dies zeigt sich auch in besonders ausgeprägten Veränderungen der Risikowahrnehmung über die Zeit hinweg. Das EUCLID Projekt konnte außerdem zeigen, dass die Bereitschaft, Schutzmaßnahmen zu ergreifen im Frühjahr 2020 in Deutschland mit zunehmender Bedrohungslage anstieg (Lages et al., 2021b). Regelmäßige Updates zu verschiedenen psychologischen Aspekten der Corona- Pandemie sind auf https://euclid.dbvis.de verfügbar.

Einflussfaktoren auf unsere Risikowahrnehmung während einer Pandemie

Es gibt viele Faktoren, die dazu führen können, dass sich unsere Risikowahrnehmung im Verlauf einer Pandemie verändert. Im Folgenden möchten wir auf einige wichtige Faktoren genauer eingehen: 1) die Neuartigkeit einer Infektionskrankheit, 2) die objektive Gefahrenlage bzw. Infektionslage und 3) die mediale Berichterstattung. Neben diesen drei relativ häufig untersuchten Einflussfaktoren gibt es noch weitere relevante Einflussfaktoren, z. B. 4) unser soziales Umfeld, das immer mehr in den Fokus der psychologischen Risikoforschung rückt.

1) Die Neuartigkeit einer Infektionskrankheit

Infektionskrankheiten haben Eigenschaften, die generell dazu beitragen, dass wir das Risiko durch sie relativ hoch wahrnehmen. Zum Beispiel können wir eine Ansteckung nicht direkt beobachten. Außerdem können sich viele Menschen gleichzeitig infizieren, teils sogar mit tödlichem Ausgang. Wir nehmen aber auch neuartige Risiken bedrohlicher wahr als bereits vertraute Risiken, wie das gesundheitliche Risiko durch Rauchen oder durch mangelnde Bewegung im Alltag. Deswegen ist die Risikowahrnehmung bezüglich einer neuartiger Infektionskrankheit womöglich zu Beginn einer Pandemie besonders hoch. Das liegt daran, dass wir am Anfang meist erst wenig über eine neuartige Infektionskrankheit wissen. Dadurch erscheint das mit einer neuartigen Infektionskrankheit verbundene Risiko besonders zu Beginn eines Ausbruchs schwer kontrollierbar und wenig durch unser Verhalten veränderbar. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt möglicherweise noch gar nicht, dass wir ein Infektionsrisiko eingehen, wenn wir uns zum Beispiel mit anderen Menschen treffen und müssen erst lernen, wie wir uns und andere durch unser Verhalten schützen können. Hinzu kommt, dass es zunächst meist noch kein wirksames Medikament und keinen schützenden Impfstoff gibt. Im Verlauf einer Pandemie vergrößert sich unser Wissen über und damit möglicherweise auch die Vertrautheit mit einer neuartigen Infektionskrankheit (Leppin & Aro, 2009). Es wäre also zumindest denkbar, dass wir uns nach einer gewissen Zeit an die zunächst neue Bedrohung durch eine neuartige Infektionskrankheit gewöhnt haben, auch wenn das noch genauer untersucht werden muss (z. B. Renner & Reuter, 2012).

2) Die objektive Gefahrenlage

Die Anzahl der infizierten Personen und Todesfälle sind Indikatoren, die das objektive Risiko durch eine Infektionskrankheit zum jeweiligen Zeitpunkt widerspiegeln. Obwohl oft unklar ist, wie präzise offizielle Zahlen mit der Anzahl tatsächlicher Infektionen übereinstimmen (z. B. aufgrund einer Dunkelziffer) oder wie viele Menschen die veröffentlichten Zahlen überhaupt kennen, zeigen sich in Studien Zusammenhänge zwischen offiziell berichteten Zahlen und der Risikowahrnehmung der Bild 3: Ein Einflussfaktor darauf, wie hoch wir unser Infektionsrisiko zu einem bestimmten Zeitpunkt einschätzen, ist die objektive Gefahrenlage. Bild 3: Ein Einflussfaktor darauf, wie hoch wir unser Infektionsrisiko zu einem bestimmten Zeitpunkt einschätzen, ist die objektive Gefahrenlage. Bevölkerung (Loewenstein & Mather, 1990). Beispielsweise wurde die Risikowahrnehmung in einer Studie zur Schweinegrippe (H1N1) durch die Anzahl der Infektionsfälle im US-Bundesstaat der Teilnehmenden beeinflusst (Ibuka et al., 2010). Und auch in einer Studie in Hong Kong während der SARS- Pandemie 2003 folgte der Verlauf des wahrgenommenen Infektionsrisikos an verschiedenen Orten wie etwa in Restaurants oder an belebten Plätzen ebenfalls der Anzahl an täglich gemeldeten Infektionen (Lau et al., 2003). Ebenso konnte eine Studie mit vier Befragungen in unterschiedlichen Jahren in Deutschland zeigen, dass die Wahrnehmung des Risikos sich mit der saisonalen Grippe oder einer normalen Erkältung anzustecken akkurat widerspiegelte, ob gerade Grippe- und Erkältungssaison war und entsprechend tatsächlich ein höheres Risiko bestand. Bei der Vogelgrippe jedoch blieb die Risikowahrnehmung relativ niedrig und zeitlich stabil, was durch niedrige menschliche Infektionsraten in Deutschland und die geografische Distanz zu den aufgetretenen Fällen in China erklärt werden kann (Lages et al., 2021a). Unsere Risikowahrnehmung spiegelt also zu einem gewissen Grad das Infektionsgeschehen zum jeweiligen Zeitpunkt wider, ist dabei aber auch von Faktoren wie unserer räumlichen Nähe zu den Infektionsfällen abhängig.

3) Die mediale Berichterstattung

In einer repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung im April 2020 gaben etwa zwei Drittel der Befragten an, klassische Medien wie das Fernsehen oder Zeitschriften häufig oder sehr häufig zu nutzen, um sich über die Corona- Pandemie zu informieren. Ebenso waren soziale Medien wie Facebook und Twitter für ca. 40 % der Befragten und insbesondere für jüngere Personen wichtige Informationsquellen (Wissenschaft im Dialog, 2020). Medien können unsere Risikowahrnehmung durch die dargestellten Inhalte, die Menge an Berichterstattung in einem bestimmten Zeitraum und durch Emotionalisierung beeinflussen (Klemm et al., 2016; Reintjes et al., 2016). Bild 4: Unsere Risikowahrnehmung im Verlauf einer Pandemie wird auch von den Medien und der Berichterstattung beeinflusst.Bild 4: Unsere Risikowahrnehmung im Verlauf einer Pandemie wird auch von den Medien und der Berichterstattung beeinflusst.

Inhaltlich berichteten Medien während der Schweinegrippe- Pandemie (H1N1) beispielsweise am häufigsten über die aktuelle Gefahrenlage, gefolgt von Informationen zu Schutzmaßnahmen. Risikoinformationen können unsere Risikowahrnehmung zum Beispiel beeinflussen, indem sie Angst hervorrufen (Klemm et al., 2016). Durch mediale Aufmerksamkeit, d.h. die Menge an Berichterstattung in einem Zeitraum, können Medien die öffentliche Aufmerksamkeit außerdem auf bestimmte Themen lenken, wie zum Beispiel die aktuelle Lage der Corona- Pandemie. Die mediale Aufmerksamkeit passt jedoch nicht immer zur Gefahrenlage. Sie ist vor allem zu Beginn einer Pandemie oft hoch und nimmt anschließend ab, teilweise aber schon bevor die Infektionszahlen zurückgehen. Das liegt auch daran, dass mediale Aufmerksamkeit eher durch zentrale Einzelereignisse und weniger durch die allgemeine Gefahrenlage bestimmt wird. Der erste Todesfall hat einen höheren Nachrichtenwert als nachfolgende Todesfälle, genauso wie Infektions- und Krankheitsfälle vor Ort einen höheren Nachrichtenwert haben als weit entfernte Fälle. Entsprechend konnte in Bezug auf die Schweinegrippe- Pandemie (H1N1) gezeigt werden, dass die mediale Aufmerksamkeit und auch die Risikowahrnehmung in der Bevölkerung bereits sanken, bevor der Höhepunkt der Pandemie erreicht war (Reintjes et al., 2016).

Neben der medialen Aufmerksamkeit verändert sich auch die Emotionalisierung in der medialen Berichterstattung mit der jeweiligen Gefahrenlage im Verlauf einer Pandemie. Wenn die Lage sich zuspitzt, berichten Medien eher in einem alarmierenden Ton, zum Beispiel durch die Verwendung von Wörtern wie “tödlich”. Entspannt sich die Lage, wird eher beruhigend berichtet und beispielsweise betont, dass baldige medizinische Fortschritte die Gefahr mindern werden (Liao et al., 2019). Insgesamt berichten Medien jedoch überwiegend faktenbasiert und in neutralem Ton. Die Studienlage zur Emotionalisierung ist allerdings weniger eindeutig als die Erkenntnisse zum Einfluss der medialen Aufmerksamkeit. Dies könnte an Unterschieden zwischen den dazu untersuchten Ländern liegen, zum Beispiel an unterschiedlich hohen Fallzahlen oder auch verschiedenen Mediensystemen und lokalen Nachrichtenkulturen (Klemm et al., 2016).

Vermutlich beeinflussen sich die Risikowahrnehmung der Öffentlichkeit und die mediale Berichterstattung zu einem gewissen Grad gegenseitig (Loewenstein & Mather, 1990). Das gilt möglicherweise umso mehr, seit soziale Medien es uns ermöglichen, uns stärker am öffentlichen Diskurs zu beteiligen. Durch die Nutzung sozialer Medien können wir selbst Inhalte (z. B. Posts, Tweets) erstellen oder Inhalte anderer aktiv weiterverbreiten und so die öffentliche Aufmerksamkeit für bestimmte Inhalte vergrößern (Debbeler et al., 2020).

4) Das soziale Umfeld

Der Einfluss unseres sozialen Umfeldes auf die Risikowahrnehmung wurde bisher wenig untersucht. Weil Infektionskrankheiten sich aber von Person zu Person ausbreiten, ist die Berücksichtigung der sozialen Komponente einer solchen “kollektiven Bedrohung” besonders wichtig. Wir sind nicht nur selbst dem Risiko einer Infektion ausgesetzt, sondern können auch andere Menschen anstecken (Leppin & Aro, 2009). Außerdem kann unser soziales Umfeld unsere Risikowahrnehmung beeinflussen. Beobachten wir, dass viele Personen in unserem sozialen Umfeld sich und andere vor einer Infektion schützen (z. B. einen Mund-Nasen-Schutz tragen), kann das dazu führen, dass wir selbst besorgter werden und ebenfalls mit einer größeren Wahrscheinlichkeit ein entsprechendes Schutzverhalten zeigen. Wir nehmen das Verhalten der anderen als Hinweis auf die gesellschaftliche Erwartung bzw. die soziale Norm wahr, die weitere Ausbreitung einer Infektionskrankheit einzuschränken. Daran passen wir unsere Wahrnehmung und unser Verhalten an (Liao et al., 2019). Soziale Normen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes müssen sich jedoch erst entwickeln und etablieren. Daher kann es eine gewisse Zeit dauern, bis sie ihren Einfluss während einer Pandemie entfalten. Dann jedoch können sie dafür sorgen, dass sogar Personen, die ihr eigenes Risiko gering wahrnehmen, Schutzverhalten zeigen, um sich entsprechend der sozialen Normen zu verhalten (Leppin & Aro, 2009).

Risikowahrnehmung im Blick behalten

Unsere Risikowahrnehmung verändert sich im Verlauf einer Pandemie. Es gibt viele Einflussfaktoren, die dazu führen, dass wir unser Risiko zu bestimmten Zeiten unterschiedlich hoch wahrnehmen. Gerade zu Beginn trägt die Neuartigkeit einer Infektionskrankheit, der Mangel an Erkenntnissen und die hiermit verbundene Unsicherheit zu einer hohen Risikowahrnehmung bei. Darüber hinaus können die mediale Berichterstattung und die objektive Gefahrenlage, aber auch sich erst entwickelnde soziale Normen beeinflussen, wie sich unsere Risikowahrnehmung im Verlauf einer Pandemie verändert. Unser Verständnis dieser Veränderungen ist wichtig, weil unsere Risikowahrnehmung entscheidend dafür ist, ob wir unser Verhalten zum Schutz vor einer Infektion ändern, und ob wir dieses Schutzverhalten langfristig aufrechterhalten.

Gerade in der Anfangsphase einer Pandemie ist Schutzverhalten besonders wichtig, weil es noch keinen Impfstoff und kein wirksames Medikament gegen die neuartige Infektionskrankheit gibt. Ist die Risikowahrnehmung in der Öffentlichkeit niedrig, obwohl das Ansteckungsrisiko hoch ist, ist es umso wichtiger, die aktuelle Gefahrenlage durch klare Botschaften und mediale Kampagnen zu kommunizieren. Ob wir eine hohe Risikowahrnehmung und unser Schutzverhalten über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten können, ist für die Eindämmung der aktuellen Corona- Pandemie entscheidend.

Bildquellen

Bild 1: cromaconceptovisual via pixabay (https://pixabay.com/illustrations/covid-19-coronavirus-virus-5224065/, license: https://pixabay.com/service/terms/#license).

Bild 2: EUCLID Projekt der Universität Konstanz (https://euclid.dbvis.de/)

Bild 3: JHU CSSE COVID-19 Data via https://github.com/CSSEGISandData/COVID-19 (Dong E, Du H, Gardner L. An interactive web-based dashboard to track COVID-19 in real time. Lancet Inf Dis. 20(5):533-534. doi 10.1016/S1473-3099(20)30120-1).

Bild 4: mohamed_hassan via pixabay (https://pixabay.com/illustrations/coronavirus-covid-2019-news-5029602/, license:https://pixabay.com/service/terms/#license).

Literaturverzeichnis

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