Prokrastination: Morgen, morgen, nur nicht heute! Sagen alle faulen Leute.

Aufschiebeverhalten im Studium, Beruf und Alltag ist weit verbreitet. Viele von uns haben es schon einmal selbst erlebt. Anstatt endlich für eine wichtige Prüfung zu lernen, die unliebsame Steuerklärung zu bearbeiten oder wichtige Entscheidungen zu treffen, schieben wir diese Dinge vor uns her und widmen uns lieber angenehmeren Beschäftigungen. Geht aufschiebendes Verhalten mit negativen Gefühlen und Gedanken einher und drohen schwerwiegende Folgen, spricht die Psychologie von Prokrastination. Dabei handelt es sich weder um Faulheit noch um reine Willensschwäche, sondern um eine ernstzunehmende Arbeitsstörung für deren Behandlung es inzwischen erfolgreiche Interventionen gibt.

 
Akademische und alltägliche Prokrastination

Mit seinen drei Romanen, die in rascher Folge 1951, 1953 und 1954 erschienen, machte der 1906 in Greifswald geborene Schriftsteller Wolfgang Koeppen Furore. Denn sowohl „Tauben im Gras“ wie auch „Das Treibhaus“ und „Der Tod in Rom“ brachten „einen neuen Ton in die deutsche Gegenwartsliteratur“ (Weidermann, 2006, S. 56). Voller Erwartungen sahen deshalb sein Verleger, seine Leser, aber auch Literaturkritiker, darunter Marcel Reich-Ranicki, seinem nächsten Roman entgegen, hatte der Schriftsteller doch einen solchen selbst angekündigt. Jahr für Jahr verging, aber es tat sich nichts! Der Roman erschien nicht, obwohl Koeppen für diesen von Siegfried Unseld einen beträchtlichen Vorschuss erhalten hatte. Nein, Koeppen war nicht, wie man meinen könnte, untätig in all diesen Jahren. Er schrieb Erzählungen und Essays und kündigte sogar andere Romane an. Als der Schriftsteller 1996 kurz vor seinem 90. Geburtstag starb, fand man einen umfangreichen Nachlass, aber nicht jenen großen Roman, den Koeppen vor nahezu vier Jahrzehnten angekündigt hatte „Ich will es mal schreiben, warum, verdammt noch mal, schreibe ich es nicht?“ (Döring, 2003, S. 9), hat Wolfgang Koeppen einmal geäußert.

Und diese Frage bewegt die Literaturkritik bis heute. Die Antworten, die darauf gegeben wurden, sind sehr unterschiedlich, und vielleicht wird man nie den wahren Grund ermitteln können, obwohl doch Aufschieben als solches jeder von uns kennt und ein Sprichwort den Grund für ein solches Verhalten zu kennen vorgibt: „Morgen, morgen, nur nicht heute! Sagen alle faulen Leute.“

Das Phänomen Prokrastination wird seit den 1990er Jahren hinsichtlich der Ursachen, der Ausprägung, der Folgen und der Wirksamkeit potenzieller Interventionsverfahren im angloamerikanischen Sprachraum systematisch empirisch untersucht. Insbesondere der Zusammenhang von Prokrastination mit Leistungsverhalten war immer wieder Gegenstand empirischer Untersuchungen. Obwohl akademische Prokrastination im engen Zusammenhang mit wichtigen motivations- und leistungsrelevanten Variablen wie Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit, Studieninteresse, Prüfungsangst etc. (Rustemeyer & Rausch, 2007; Steel, 2007, 2011) steht, konnte ein direkter Zusammenhang zwischen Prokrastination und Leistung keineswegs durchgängig belegt werden.

Die Auswirkung von Prokrastination im Beruf ist ebenfalls untersucht worden. So scheinen bestimmte Arbeitsplatzmerkmale das Aufschieben zu fördern und sich damit negativ auf die individuelle und die betriebliche Produktivität auszuwirken. In der Studie von Lonergan und Maher (2000) wurden Beschäftigte im Gesundheitswesen befragt. Wenn sie angaben, dass sie nur bedingte Möglichkeiten hätten, selbstständig zu arbeiten, wenig Rückmeldung von ihren Vorgesetzten bekämen und eine fehlende Kontrolle über Arbeitsabläufe hätten, zeigten sich signifikante Zusammenhänge zum Aufschieben von Entscheidungen.

Der vermutete volkswirtschaftliche Verlust, der einer Gesellschaft durch das Aufschieben der Arbeitnehmer entsteht, hat u. a. Steel (2011) dazu angeregt, diesen zu berechnen. Als Berechnungsbasis legt er Daten einer Befragung der Unternehmen AOL und Salary.com zugrunde, bei der eine große Anzahl von Personen nach ihren Gewohnheiten am Arbeitsplatz befragt wurde. Die Arbeitnehmer gaben an, rund zwei Stunden pro Tag, ohne Einrechnung von Mittagspause und Zigarettenpausen zu vertrödeln, und zwar bevorzugt am PC. Rechnet man die Kosten für die verlorene Arbeitszeit hoch, kommt Steel pro Jahr auf mehr als eine Billiarde Dollar Verlust (Steel, 2011, S. 142).

Wie (wenig) aussagekräftig solche Berechnungen auch immer sein mögen, gilt es doch zu bedenken, dass durch die leichte und umfassende Möglichkeit der Internetnutzung, den Zugang zu Computerspielen, sozialen Netzwerken etc. an vielen Arbeitsplätzen eine hohe Verführbarkeit und Ablenkungsgefahr gegeben ist, die dazu führt, sich angenehmeren Dingen zu widmen als den anstehenden Aufgaben. Steel (2011, S. 94) zieht daraus den Schluss, dass „wir immer mehr und immer öfter aufschieben“, ja, er ist sogar der Meinung, dass wir in „einer aufschiebenden Gesellschaft“ leben.

Welche Arten von Prokrastination gibt es?

Obwohl jeder zu wissen glaubt, was unter Prokrastination zu verstehen ist, überrascht die Vielfalt des aufschiebenden Verhaltens. Dies zeigt sich in den Definitionen, die je nach Standpunkt unterschiedliche Aspekte hervorheben. Zusammengefasst ergeben sich folgende Bestimmungsmerkmale, die aber nicht immer zusammen auftreten müssen:

  • Der Moment eines tatsächlichen Lern- oder Aufgabenbeginns oder einer Entscheidung wird hinauszögert.
  • Es ist eine Diskrepanz zwischen der eigenen (Lern-)Absicht und dem tatsächlichen Verhalten feststellbar (intention-action gap).
  • Die aufgeschobene Tätigkeit wird als aversiv empfunden.
  • Die Person geht lieber anderen, schneller zu beendenden und weniger angstbesetzten Tätigkeiten nach.

Eine weitergehende Eingrenzung und Bestimmung des Phänomens Prokrastination liefert die nachfolgende Taxonomie der verschiedenen Prokrastinationsarten, die wir anhand der in der Literatur vorliegenden theoretischen und empirischen Arbeiten erstellt haben.

Taxonomie der verschiedenen Prokrastinationsarten (vgl. Rustemeyer & Callies, 2013)

Taxonomie der verschiedenen Prokrastinationarten
Die erste Unterscheidung ist die zwischen alltäglicher und akademischer Prokrastination. Alltagsprokrastination meint das Aufschieben alltäglicher Aufgaben und Entscheidungen. Damit kann die Bearbeitung der jährlichen Steuerklärung gemeint sein, die bis zum letztmöglichen Termin hinausgezögert wird, oder das Aufschieben von wichtigen Arztterminen bis hin zu folgenreichen Lebensentscheidungen, die trotz hoher Dringlichkeit immer wieder verschoben werden. Akademische Prokrastination wird in Lern- und Leistungskontexten relevant; sie richtet sich folglich auf die Bereiche Schule, Universität, Ausbildung, aber auch berufliche Tätigkeit.

Die zweite Unterscheidung modelliert Prokrastination entweder als eine situationsunspezifische Persönlichkeitseigenschaft (trait), die relativ stabil und unveränderbar ist, oder als ein situationsabhängiges Verhalten ( state) der Person, das nur in gewissen situativen Kontexten auftritt. Damit kann das Vermeiden und Verzögern bestimmter Aufgaben gemeint sein, die z.B. langweilig, zu schwer oder einfach unangenehm sind. Es kann aber auch das Aufschieben in bestimmten Situationen gemeint sein, etwa eine Prüfungssituation, für die zu spät, zu wenig oder gar nicht gelernt wird. Der Fall „Koeppen“ aus unserem Einführungsbeispiel ist am ehesten der bereichsspezifischen Prokrastination zuzuordnen, da der Autor es nicht geschafft hat, seinen lang angekündigten Roman zu schreiben.

Die dritte Unterscheidung geht von unterschiedlichen Motiven der Person aus. Die Arbeitsgruppe um Ferrari überprüfte in einer Reihe empirischer Studien sowohl die Korrelationen zwischen verschiedenen Prokrastinationsfragebögen als auch die Faktorenstruktur einzelner Messinstrumente. Insbesondere, wenn Fragebögen nicht oder kaum miteinander korrelieren, nimmt man an, dass unterschiedliche Prokrastinationsarten erfasst wurden. Als Konsequenz wurde das sogenannte Ferrari-Modell (vgl. Steel, 2010) entwickelt, das zwischen Vermeidungs-, Erregungs- und Entscheidungsprokrastination unterscheidet. Danach kommt es zu vermeidendem Aufschiebeverhalten, wenn die Person Furcht vor Misserfolg hat und / oder das eigene Selbstwertgefühl schützen möchte. Ganz anders die Erregungsprokrastination. Hier werden wichtige Tätigkeiten aufgeschoben, weil die Person einen Erregungskick erleben möchte. Indem sie die Erledigung von Aufgaben bis zum letzten Augenblick hinauszögert, glaubt sie, besser, effektiver und mit größerer Motivation auch langweilige oder unangenehme Tätigkeiten erledigen zu können.

Die erst später hinzugefügte Entscheidungsprokrastination konzentriert sich nicht auf ein bestimmtes Motiv der Person, sondern bezieht sich auf die (wenig ausgeprägte) Entscheidungsfähigkeit der Person.

Andere Autoren unterscheiden zwischen Verhaltensprokrastination (die Erregungs- und Vermeidungsprokrastination einschließt) und Entscheidungsprokrastination (vgl. Steel, 2010). Darüber hinaus kann Prokrastination auch als die messbare Diskrepanz zwischen der Intention der Person und ihrem tatsächlichen Verhalten bestimmt werden (Blunt & Pychyl, 1998). Den oben genannten Prokrastinationsarten können entsprechende Messinstrumente, mit denen Personen in der Regel ihr eigenes Verhalten einschätzen, zugeordnet werden. Ein bekanntes Messinstrument, mit dem Prokrastination als Persönlichkeitseigenschaft gemessen wird, wurde von Aitken im Jahr 1982 entwickelt (zitiert nach Ferrari, Johnson & McCown, 1995). Das Aitken Procrastination Inventory (API) erfasst die allgemeine Tendenz einer Person, in typischer Art und Weise auf unterschiedliche Situationen im akademischen Kontext zu reagieren. Bei Sichtung der empirischen Studien wird schnell deutlich, dass sich der größte Teil der Forschung auf die akademische Prokrastination (trait) im Sinne eines Persönlichkeitsmerkmals konzentriert, und hier vor allem die Vermeidungsprokrastination in den Blick nimmt. Für diesen Bereich sind auch die meisten Messinstrumente entwickelt worden.

Bedeutsame Personen- und Aufgabenmerkmale, die eng mit Prokrastination zusammenhängen

In vielen Studien konnten enge Zusammenhänge zwischen Prokrastination und verschiedenen Personen- und Aufgabenmerkmalen belegt werden. Eine umfassende Übersicht liefern die beiden Metaanalysen von van Eerde (2003) und Steel (2007). Insgesamt betrachtet ist die Anzahl der Personenmerkmale deutlich höher als die Anzahl der relevanten Aufgabenmerkmale. So tritt akademische Prokrastination häufig gemeinsam mit eher gering ausgeprägten Merkmalen wie Gewissenhaftigkeit, Selbstwirksamkeit, Selbstwertgefühl und selbstreguliertem Lernen auf und mit hoch ausgeprägter Prüfungsangst und Impulsivität. Neben den genannten Personenmerkmalen korrelieren aber auch langweilige, schwere und aversiv erlebte Aufgaben mit dem Aufschiebeverhalten der Person (vgl. Rustemeyer & Rausch, 2007; Steel, 2007; Wolters, 2003). Ob die einzelnen Merkmale Ursachen, Folge- bzw. Begleiterscheinungen des Aufschiebeverhaltens sind, lässt sich jedoch oftmals nicht eindeutig entscheiden, da es sich überwiegend um korrelative Zusammenhänge handelt, die keine Schlussfolgerungen über einen Ursache-Wirkungszusammenhang zulassen. 

Theoretische Überlegungen und Erklärungsansätze zum Aufschiebeverhalten

Eine Sichtung der theoretischen Ansätze zur Prokrastination zeigt, dass sich mit zunehmender Forschungsaktivität das Spektrum der Erklärungen kontinuierlich erweitert hat. Wird aufschiebendes Verhalten als Ergebnis von Persönlichkeitseigenschaften gesehen, liegt es nahe, auf ein etabliertes Persönlichkeitsmodell zurückzugreifen, wie das Big-Five-Modell. Hier wird Prokrastination in einen engen Zusammenhang mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen gebracht wie z.B. geringe Gewissenhaftigkeit, hohe Impulsivität, geringe Selbstkontrolle (vgl. Steel, 2007). Jedoch ist die Absicht, ein typisches Persönlichkeitsprofil eines Aufschiebers zu erstellen, anhand dessen Verhaltensprognosen für das einzelne Individuum gemacht werden können, grundsätzlich problematisch. Nicht zuletzt auch deshalb, weil es den typischen Aufschieber nicht gibt, sondern verschiedene Prokrastinationstypen denkbar sind und in der Realität auftreten. Auch können die eigentlichen Ursachen des Aufschiebens (warum hat jemand z. B. eine gering ausgeprägte Gewissenhaftigkeit und wie beeinflusst sie das individuelle Verhalten) damit nicht ermittelt werden. Dazu bedarf es anderer Erklärungsansätze, z.B. aus dem Bereich der Motivations- und Volitionspsychologie.

Zu den motivationspsychologischen Modellen zählt das „Erwartung-mal-Wert-Modell“. Eccles (vgl. Eccles & Wigfield, 2002) konzipierte 1983 ihr Modell ursprünglich zur Vorhersage von Leistungshandeln, es kann aber gut auf Prokrastination angewendet werden (siehe auch das Modell der Nützlichkeitserwägung von Steel, 2007). Diese Modelle gehen davon aus, dass akademisches Aufschiebeverhalten in engem Zusammenhang mit leistungsmotiviertem Handeln steht. Je niedriger die Erwartungs- und Wertvariable einer Person ausgeprägt sind, desto stärker sollte sie zögern und aufschieben. In dem Modell von Eccles und Wigfield zählen zu den Erwartungsvariablen das Fähigkeitsselbstkonzept und die Erfolgserwartung. Die Fähigkeit, Prüfungen, Klausuren etc. nach einem strukturierten Zeitplan vorbereiten zu können, hängt eng mit der Erfolgserwartung der Person zusammen. Kurz gesagt, eine gute Organisation und ein strukturiertes Zeitmanagement sollten mit einer hohen Erwartung und folglich einer geringen Ausprägung der Prokrastination einhergehen (Rustemeyer & Rausch, 2007; Rustemeyer & Callies, 2013). Neben der Erwartung spielt der Wert (Freude, Spaß, Nützlichkeit), der einer Aufgabe oder Tätigkeit zugeschrieben wird, eine wichtige Rolle. Je weniger Wert eine Aufgabe in den Augen der Person hat, wenn also die Aufgabe langweilig, uninteressant, zu schwer oder angsterzeugend ist, desto schwieriger wird es, damit überhaupt zu beginnen und sie erfolgreich zu beenden. Untersuchungen zeigen (Callies, 2012; Rustemeyer & Rausch, 2007; Steel, 2007, 2011), dass Erwartungs- und Wertvariablen im signifikanten Zusammenhang mit Prokrastination stehen.

Weiter sehen viele Forscherinnen und Forscher die Ursache für aufschiebendes Verhalten in einem Defizit der Handlungs- bzw. Selbstregulation (u.a. Blunt & Pychyl, 2005; Ferrari, 2001; Schulz, 2007; Wolters, 2003). Beim Handlungsphasenmodell von Heinz Heckhausen, auf das sich viele Studien beziehen, wird davon ausgegangen, dass prinzipiell in jeder der insgesamt vier Handlungsphasen (Abwägen, Planen, Handeln und Bewerten) Aufschiebeverhalten zum Ausdruck kommen kann, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Es überwiegt die Ansicht, dass vorrangig Defizite in den beiden volitionalen Phasen, also der bewussten Planungs- und Handlungsphase für das Aufschieben verantwortlich sind. Selbst wenn die Handlungsinitiierung noch gelingt (z.B. Prüfungsvorbereitungen planen), kommt es oftmals nicht oder nur verzögert zur geplanten Handlungsausführung. So bietet das Konzept der Handlungs- und Lageorientierung von Kuhl einen Schlüssel zum Verständnis von Aufschiebern. Aufschieber sind häufig lageorientiert (Blunt & Pychyl, 2005). oto: B. RustemeyerIhnen fehlen im Gegensatz zu handlungsorientierten Personen weitgehend Kontrollstrategien, mit denen sie ihre gefassten Handlungsintentionen gegen konkurrierende, aktuell attraktivere Motivationstendenzen abschirmen können. Sie lassen sich leicht ablenken, können schlecht Misserfolg verarbeiten und haben Schwierigkeiten, sich auf neue Aufgaben einzustellen.

Interventionsansätze

Die Interventionen zur Überwindung von Prokrastination konzentrieren sich überwiegend auf die Änderung des problematischen Verhaltens und die Veränderung unangemessener Kognitionen. Sie arbeiten überwiegend mit Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie, die davon ausgeht, dass problematisches Verhalten und irrationale Kognitionen ursprünglich erlernt wurden und somit auch wieder verlernt werden können. Die meisten Interventionen setzen unmittelbar am Problem des inadäquaten Zeitmanagements an. Es werden Verhaltensweisen vermittelt und eingeübt wie: Selbstbeobachtung und Protokollierung der tatsächlich benötigten Arbeitszeit, Prioritäten setzen, realistische Zielplanung und auch die Überprüfung und Änderung motivationshemmender Kognitionen wie z. B.: „Meine Arbeit muss immer perfekt sein“. Ein aktueller Ansatz arbeitet beispielsweise mit „Arbeitszeitrestriktion“ (Höcker, Engberding, Haferkamp & Rist, 2012), also der gezielten Begrenzung der täglichen Arbeitszeit. Dadurch wird die Motivation erhöht, in der verfügbaren, knappen Arbeitszeit tatsächlich nur zu arbeiten und keine Ablenkung zu suchen.
Unter den häufig gegebenen zeitlichen Beschränkungen sind diese Interventionen die beste Möglichkeit, schnelle, wenn auch manchmal nur kurzfristige Erfolge zu erzielen, die bei der Verminderung unerwünschten Verhaltens helfen können.

Schlussbemerkung

Aufschieben und Verzögern ist ein weitverbreitetes Phänomen, das inzwischen empirisch intensiv untersucht und theoretisch immer besser verstanden wird. Obwohl Prokrastination sowohl im alltäglichen Leben als auch bei typisch akademischen Aufgaben auftreten kann, konzentriert sich die Forschung primär auf das vermeidende Aufschieben im akademischen Bereich. In Schule, Studium und Beruf ist Prokrastination besonders behindernd, da Leistungsverhalten und somit auch die resultierenden Leistungen nicht in dem Maße eingesetzt und erbracht werden, wie es möglich und wünschbar wäre. Das Aufschieben im Alltag kann ebenso hinderlich bis schädlich sein, in diesem Feld ist aber noch weitere Forschung erforderlich, um etwa Zusammenhänge mit dem Gesundheitsverhalten der Person (notwendige Arzt- oder Vorsorgetermine verschieben) bis hin zu den Auswirkungen weitreichender verschleppter (Lebens-)Entscheidungen aufzuzeigen.

Literaturverzeichnis

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