Gelingende Integration: Der Einfluss von Persönlichkeitsaspekten Geflüchteter

Die gesellschaftliche Debatte darüber, wie die Integration der vielen Geflüchteten, die in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen sind, gut gelingen kann, ist immer noch hoch aktuell und wird weiterhin intensiv geführt. Neben der Betonung grundlegender, struktureller Bedingungen von Seiten der aufnehmenden Gesellschaft, die eine gelingende Integration unterstützen können – beispielsweise die Bereitstellung von Arbeit, Wohnung und Spracherwerbsmöglichkeiten –  ist in Diskussionen über dieses Thema häufig die Rede von bestimmten wünschenswerten Charaktereigenschaften der Geflüchteten. Wie bestimmte Persönlichkeitseigenschaften Geflüchteter die Integration unterstützen können, hat nun ein Team um Elisabeth Hahn (Hahn, Richter, Schupp, & Back, 2019) systematisch untersucht.

hands with heartIm Rahmen von Bürgerkriegen oder anderen, oft bewaffneten Konflikten, wie zum Beispiel in Syrien oder auch Afghanistan, kam es zu massiven weltweiten Migrationsbewegungen. Auch nach Deutschland sind viele Menschen eingewandert. Obwohl die meisten Geflüchteten gerne wieder in ihr Herkunftsland zurückgehen würden, ist dies aufgrund andauernder Konflikte und vor allem durch deren Nachwirkungen in vielen Fällen nicht möglich. Die Folge davon ist, dass die meisten Geflüchteten über nicht absehbare Zeit in ihren Gastländern, darunter auch Deutschland, verbleiben werden. Als eine der anzustrebenden, dauerhaften Lösungen für den Umgang mit Geflüchteten nennen die Vereinten Nationen folgerichtig die Integration im Gastland - vor allem eben dann, wenn Repatriierung nicht möglich ist. Wie gut eine solche Integration im Gastland gelingt, ist von mehreren Faktoren abhängig. Kürzlich haben Hahn und Kollegen (2019) zum ersten Mal aufzeigen können, dass nicht nur soziodemografische Faktoren wie Geschlecht, Alter und Religion den Erfolg von Integration bedingen, sondern eben auch diverse Persönlichkeitsmerkmale dazu beitragen können.

Die meisten der mehr als 4500 in dieser Studie befragten nach Deutschland Geflüchteten stammen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, was auch die allgemeine Verteilung der Herkunftsländer der Geflüchteten, die sich aktuell in Deutschland aufhalten, sowie die öffentliche Wahrnehmung hinsichtlich der am häufigsten vorkommenden Nationalitäten Geflüchteter in Deutschland widerspiegelt.

Als ein Beispiel sei Risikobereitschaft (in der in englischer Sprache publizierten Studie sehr schön „risk appetite“ genannt) angeführt. Höhere Ausprägungen auf diesem Faktor gehen mit mehr Kontakten zu Deutschen einher. Auch finden Geflüchtete, die eine höhere Risikobereitschaft aufweisen, schneller eine Arbeit als Geflüchtete mit geringen Werten bei Risikobereitschaft.

Eine weitere Schlussfolgerung, die diese Studie impliziert, lautet, dass neben den Aspekten der Persönlichkeit soziodemografische Unterschiede zwischen den Geflüchteten hinsichtlich der Integration nicht vernachlässigt werden sollten: So arbeiteten zum Beispiel von den Befragten weibliche Geflüchtete seltener als männliche Geflüchtete. Etwas überraschend dürfte für bestimmte LeserInnen der Studie der Befund sein, dass die Religionszugehörigkeit in keiner Beziehung mit der Integration stand. Mit anderen Worten war es für die aktuelle Integration nicht von Belang, ob die Befragten muslimischen oder christlichen Glaubens waren.

Quelle:

Hahn, E., Richter, D., Schupp, J., & Back, M. D. (2019). Predictors of refugee adjustment: The importance of cognitive skills and personality. Collabra: Psychology, 5(1), 23. https://doi.org/10.1525/collabra.212

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