Entscheiden heißt verzichten – Online-Dating-Portale und ihr Potenzial
Immer mehr Menschen nutzen Dating- und Beziehungsportale im Internet, um ihre große Liebe kennenzulernen. Doch welche Auswirkungen hat das „Überangebot“ an einsamen Singles und kontaktfreudigen Beziehungssuchenden auf die Einstellung zu Partnerschaften und das Beziehungsverständnis der Nutzer/innen?
Stellen Sie sich vor, Sie gehen in einen Laden, um Marmelade zu kaufen. Der Laden bietet Ihnen 30 verschiedene Sorten, die Ihnen Mühe bereiten, sich zu entscheiden. Nach einigem Hin und Her treffen Sie eine Wahl, mit der Sie jedoch nicht gänzlich zufrieden sind. Sie fragen sich, ob es wohl die richtige Entscheidung war und beschließen, beim nächsten Mal eine andere auszuprobieren.
Schätzungen zufolge legen inzwischen 40% der Singles die Hoffnung auf eine/n geeignete/n Partner/in in das Internet und seine vielschichtigen Dating- und Beziehungswebseiten (Ahlers, 2010). Vor allem jüngere und höher gebildete Individuen gehören zu den Nutzer/innen der Onlinedienste (Smith & Duggan, 2013). Die Möglichkeiten, schnell viele neue Menschen kennenzulernen, um den oder die „Richtige“ zu finden, wachsen und die Anzahl potenzieller Kandidat/innen steigt ins nahezu Unermessliche. Heute muss niemand mehr lang alleine bleiben, was für den Menschen als soziales Wesen mit dem Bedürfnis nach Nähe und Bindung zunächst sehr positiv zu sein scheint.
Doch gibt es eine Kehrseite der Medaille, die leicht in Vergessenheit gerät? Wie wirkt sich dieses Überangebot potenzieller Partner/innen auf die Beziehungsqualität und -dauer aus? Einer Studie zufolge denken 32% der Befragten, dass Online-Dating Menschen davon abhält, sich zu binden, da es zu viele Optionen gibt, andere Menschen zu treffen (Smith & Duggan, 2013). Die Möglichkeit, immer mehr Menschen kennenzulernen, kann zugleich das Gefühl der Unzufriedenheit steigern – denn: Entscheiden heißt verzichten! Da tut sich schnell die Marmeladen-Frage auf: Gibt es da draußen nicht jemanden, der oder die noch besser zu mir passt? Und wozu überhaupt eine langfristige Bindung eingehen, wenn man so leicht und unkompliziert Verschiedenes ausprobieren kann? Da besteht die Gefahr, dass das beliebte Online-Dating einer glücklichen Beziehung eher im Wege steht: Ansprüche steigen und bereits kleine Unstimmigkeiten regen das Grübeln an.
Trotz potenziellem Überangebot sollte man sich doch besser auf die positiven Aspekte seiner Beziehung konzentrieren, anstatt einem Ideal nachzujagen, das die Medien nur zu gerne suggerieren. Es liegt also an uns, dafür zu sorgen, Partnerwahl und Beziehungsverständnis nicht auf Marmeladen-Ebene anzusiedeln.
Quellen:
Ahlers, C. J. (2010). Porno, Dating, Beziehungswünsche: Sexualität und Partnerschaft im Internet. Sexuologie, 17, 114-118.
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