Einstellungen gegenüber dem Islam und Fernsehkonsum

Was beeinflusst unsere Einstellungen gegenüber Minderheiten? Häufig wird zur Beantwortung dieser Frage auf die Medien verwiesen bzw. auf das Fernsehen.

Auf einem Tisch liegen zwei Fernbedienungentookapic via pixabay (https://pixabay.com/photo-932273/, CC: https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de)Etwas differenzierter wirkt dann schon die Annahme, dass insbesondere private Sender die Einstellungen ihrer Zuschauerinnen und Zuschauer zu formen scheinen und häufig für negative Einstellungen gegenüber Minderheiten sorgen können. Auf der anderen Seite könnte natürlich auch bereits eine negative Einstellung vorhanden sein, die dann ihrerseits eine stärkere Präferenz für Privatfernsehsender bedingen könnte. Eine dritte Erklärung eines solchen Zusammenhangs könnte darin bestehen, dass sich beide Prozesse gegenseitig verstärken und somit wie eine Spirale ablaufen: Eine besonders ausgeprägte Vorliebe für Privatfernsehsender könnte negative Einstellungen gegenüber einer Minderheit vorhersagen und die negative Einstellung gegenüber dieser Minderheit könnte wiederum erklären, wie sehr man einzelne Sender des Privatfernsehens mag. Genau diese letzte Erklärung haben Jana Eyssel, Daniel Gerschke und Wolfgang Frindte in einer Studie zu Einstellungen gegenüber der konkreten Minderheit der Musliminnen und Muslime in Deutschland untersucht: Dazu wurden 97 (mehr oder minder) junge Deutsche (ohne muslimischen Hintergrund) im Alter von 14 bis 33 Jahren zu zwei Zeitpunkten telefonisch unter anderem zu dem Ausmaß ihres Fernsehkonsums, dazu, wie sehr sie das Programm der Sender ARD/ZDF und RTL/Sat.1 mögen und zu ihren Einstellungen gegenüber Musliminnen und Muslimen in Deutschland befragt.

[Ein kleiner Exkurs: Aus solchen sogenannten längsschnittlich angelegten Studien, also aus Untersuchungen, in denen es mehr als einen Befragungszeitpunkt gibt, werden häufig Schlussfolgerungen gezogen, welcher Untersuchungsgegenstand einen anderen bedingt: Wenn also negative Einstellungen gegenüber Musliminnen und Muslimen zum ersten Befragungszeitpunkt mit der Vorliebe für Privatfernsehsender zum zweiten Befragungszeitpunkt einhergehen, ziehen Forscherinnen und Forscher oft die Schlussfolgerung, dass das erste der Grund für das zweite Konstrukt ist.]

Annahmen der Autorinnen und Autoren, dass die Dauer des Fernsehkonsums per se mit einer stärkeren Ablehnung von Musliminnen und Muslimen in Deutschland einhergeht, konnten nicht bestätigt werden.

Wie sehr die Befragten das Programm von ARD und ZDF mochten, hatte ihre Einstellungen gegenüber Musliminnen und Muslimen nicht beeinflusst. Jedoch hingen stärkere Vorlieben für das Programm von RTL und Sat.1 mit einem höheren Ausmaß an Ablehnung gegenüber Musliminnen und Muslimen zusammen. Zudem fanden die Autorin und ihre Ko-Autoren auch Bestätigung für das umgekehrte Muster: Je stärker die Ablehnung gegenüber Musliminnen und Muslimen zum ersten Befragungszeitpunkt war, desto höher waren auch die Vorlieben für das Programm von RTL und Sat.1 zum zweiten Befragungszeitpunkt. Beide Prozesse haben sich also gegenseitig über die Zeit verstärkt und es deutet sich an, dass Vorlieben für Privatfernsehsender und eine ablehnende Haltung gegenüber Musliminnen und Muslimen ein reziprokes Verhältnis aufweisen.

Eine mögliche Schlussfolgerung besteht nun in der verstärkten Reflexion des eigenen Medienkonsums und darin, dass wir nicht lediglich die Programme konsumieren, in denen Positionen vertreten werden, die ohnehin unseren Einstellungen entsprechen.

Quelle:

Eyssel, J., Geschke, D., & Frindte, W. (2015). Is seeing believing? The relationship between TV consumption and Islamophobia in German majority society. Journal of Media Psychology, 27, 190-202.