Wie Wiederholung selbst bei Unsinn das Gefühl von Wahrheit erzeugt

Ein Monsun entsteht durch ein Erdbeben. Glauben Sie nicht? Lesen Sie noch mal! Psychologische Forschung zeigt, dass es ausreicht, Aussagen wiederholt zu hören, um ihnen mehr Glauben zu schenken. Doch funktioniert das auch bei eigentlich völlig unplausiblen Aussagen, wie sie oft in Fake News vorkommen?

schreibmaschineWir erleben in unserem Alltag nicht selten das Gefühl, dass wir eine Aussage schon einmal gehört oder gelesen hätten. Durch dieses Gefühl verstärkt sich unser Eindruck, diese Aussage sei wahr. So erzählte mir ein Freund zu Beginn der Coronakrise im März 2020, er habe gehört, dass die Supermärkte für eine Weile schließen würden. „Das habe ich auch schon gehört“, dachte ich währenddessen. Obwohl ich zu keinem Zeitpunkt tatsächlich davon überzeugt war, dass die Supermärkte wirklich schließen würden, wirkte die Nachricht schlüssig, ohne dass ich dafür plausible Gründe gekannt hätte. Letztlich stellte sie sich als frei erfunden heraus. Doch warum hatte ich das Gefühl, dass es vielleicht stimmen könnte?

Der Grund liegt darin, wie wir Informationen aus unserem Gedächtnis abrufen und bewerten.  Als Anhaltspunkt für den Wahrheitsgehalt einer Aussage dient uns auch, wie leicht wir die Aussage aus dem Gedächtnis abrufen können (Unkelbach, 2007). Wenn wir eine Aussage wiederholt lesen oder hören, ist sie für uns leichter abrufbar - das ist so, als würden wir Vokabeln einer fremden Sprache üben. Fällt der Abruf aus dem Gedächtnis leicht, wirkt die Aussage wahrer. Dieser Effekt wird in der Forschung Truth-by-Repetition-Effekt oder auch einfach Truth-Effekt genannt. Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass sich Mythen Jahrhunderte lang halten. So hat wahrscheinlich jeder von uns schon einmal gehört, dass Mücken vom Licht angelockt würden. Diese Aussage ist jedoch falsch. Dass Mücken vom Licht angelockt werden, erscheint jedoch in gewissem Maße plausibel. Deshalb stellt sich die Frage, ob diese Folge der Wiederholung auch bei völlig unplausiblen Nachrichten entsteht, wie sie zum Beispiel oft in Fake News vorkommen. 

In der psychologischen Forschung wurde dieser Zusammenhang bereits untersucht. In einer Studie von Fazio und KollegInnen (2019) lasen Versuchsteilnehmende eine Vielzahl von Aussagen, manche davon wiederholt. Die WissenschaftlerInnen wählten dabei Aussagen aus, die sich in vorherigen Studien als unterschiedlich plausibel herausgestellt hatten. Beispielsweise wurden Aussagen wie „Ein Monsun entsteht durch ein Erdbeben“ von weniger als 20% und „George Washington wurde in Peking geboren“ von weniger weniger als 10% der Teilnehmenden als wahr beurteilt. Es stellte sich aber heraus, dass selbst bei solch unplausiblen Aussagen der Anteil der Personen, die die Aussage als wahr bewerteten, bei Wiederholung zunahm. Demnach steigert sich der Wahrheitsgehalt einer Aussage, wenn sie wiederholt dargestellt wird - und das unabhängig davon, wie plausibel die Aussage ist. Trump, Bolsonaro  und Co. gefällt das.

Müssen Menschen Unwahrheiten nun also einfach nur ganz oft aussprechen, damit andere Menschen diese glauben? Ganz so einfach ist es selbstverständlich nicht. Insgesamt wurden in der Studie die unplausiblen Aussagen von den meisten Menschen auch nach Wiederholung weiter als völliger Unsinn erkannt. Dennoch sollten wir die Gefahr von wiederholtem Unsinn nicht unterschätzten. Auch als Marketing-Gag sollte von der Verbreitung von Unwahrheiten abgesehen werden. Denn ansonsten laufen wir Gefahr, Fake News, die unter anderem auch von berühmten PolitikerInnen immer und immer wieder vorgetragen werden, auf den Leim zu gehen. Zum Beispiel sollten wir versuchen, Falschnachrichten nicht erneut wiederzugeben, um Wiederholungen zu vermeiden. Wir könnten stattdessen korrekte Aussagen im Kontext der Fake News wiederholen, um die Macht der Wiederholung zu nutzen. 

 

Quellen:

Fazio, L. K., Rand, D. G., & Pennycook, G. (2019). Repetition increases perceived truth equally for plausible and implausible statements. Psychonomic Bulletin & Review, 26, 1705–1710. doi: 10.3758/s13423-019-01651-4 

Unkelbach, C. (2007). Reversing the truth effect: Learning the interpretation of processing fluency in judgments of truth. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, & Cognition, 33(1), 219–230. doi: 10.1037/0278-7393.33.1.219

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