Kevin Dutton. Gehirnflüsterer. Die Fähigkeit, andere zu beeinflussen.
dtv Verlag / Preis: 14,95 Euro
Der Besprechung liegt ein Rezensionsexemplar zugrunde, welches der Verlag zum Zwecke der Rezension verschickt hatte.
Der Titel der deutschen Ausgabe dieses Buches könnte zu der Annahme führen, dass der Autor Kevin Dutton seinen Leserinnen und Lesern beibringen möchte, wie sie andere Menschen beeinflussen können. Dies ist allerdings anscheinend weniger der Fall. Vielmehr berichtet er über Ausnahmetalente, denen die Beeinflussung anderer besonders gut gelingt. Die Frage, ob jede Person ein Gehirnflüsterer werden könne, beantwortet Kevin Dutton am Ende des Buches quasi als Fazit selber mit der Aussage, dass es Unterschiede in der Perfektion gebe.
Während das Buch also keine Anleitung zum Gehirnflüstern darstellt, versucht es Mechanismen aufzuzeigen, wie wir beeinflusst werden könnten. Somit ist es vielleicht eher eine Anleitung zum Widerstehen von Beeinflussungsversuchen.
Dutton erzählt viel. Er berichtet von Treffen mit einzelnen Personen, die auf ihre besondere Art sehr gut darin sind, andere Menschen zu beeinflussen. Die Anekdoten sind teilweise richtig lustig. Vor allem bei der Schilderung des Einbruchs und bei den letzten beiden scherzhaften Geschichten ganz am Ende des Buches habe ich herzhaft lachen können. (Ich möchte potentiellen Käuferinnen und Käufern des Buches hier nicht zu viel im Vornherein erzählen und beschreibe deshalb die entsprechenden Stories an dieser Stelle nicht ausführlicher.)
Leider hat Kevin Dutton im Vergleich zur detaillierten anekdotischen Recherche die wissenschaftliche Informationssuche unter Umständen ein wenig vernachlässigt. So ist zum Beispiel die Darstellung des Experimentes von Snyder, Tanke und Berscheid (1977) auf Seite 56 schlichtweg falsch! Die Dyaden bestanden aus tatsächlichen Versuchspersonen und der weibliche Part war nicht lediglich eine Vertraute des Versuchsleiters, wie Dutton es beschreibt. Gerade dadurch, dass es sich ja um eine tatsächlich in Bezug auf den Versuch naive weibliche Versuchsperson handelte, waren die Ergebnisse aus dem Bericht so unglaublich spannend.
Kleine Ungenauigkeiten, die durch das Lektorat durchgehüpft sind, stören ein wenig den Lesefluss, wenn es zum Beispiel auf Seite 106 „Text“ heißt, obwohl es „Test“ heißen müsste. Ebenso bezieht sich auf Seite 66 ein Hinweis auf eine „Abbildung unten“ auf Fotos, die sich bereits auf Seite 65 finden.
Zur Übersetzung: Ich könnte mir vorstellen, dass die Psychologie nicht unbedingt das ausgewiesene Spezialgebiet der beiden Übersetzer ist: Die Repräsentativitätsheuristik ist nicht die „repräsentative Heuristik“ und die Ankerheuristik ist im Deutschen nicht die „Anbindung“ (S. 139). Obendrein stört es mich immer wieder, wenn der Begriff „race“ mit „Rasse“ übersetzt wird.
Alles in allem bietet der „Gehirnflüsterer“ einen leicht zu lesenden Einblick in die Psychologie der Überzeugung und Beeinflussung und ist dabei gespickt mit heiteren Anekdoten. Wer sich weitergehende Einsicht in dieses Feld verschaffen möchte, findet im Literaturverzeichnis Hinweise auf weitere Lektüre. Dass dort aufgeführte Bücher teilweise auch in deutscher Übersetzung erschienen sind, hätte eventuell in einer Fußnote erwähnt werden können.