Malcolm Gladwell. Blink! Die Macht des Moments.
Piper Verlag / Preis: 9,95 Euro
Malcolm Gladwell ist Journalist. Er kann sehr gut schreiben. Ich habe das Buch im englischen Original und in der deutschen Übersetzung gelesen und ich möchte dem Übersetzer Jürgen Neubauer zu seinem Beitrag gratulieren. Denn auch im Deutschen liest sich „Blink! Die Macht des Moments“ einfach und locker und ist sprachlich leicht verdaulich. „Aber was genau bedeutet ‚Blink‘ eigentlich?“, mag man sich fragen und denkt vielleicht zunächst daran, dass gemeint sein könnte, einen Blinker zu setzen, abzubiegen und – auf das Denken bezogen – die Richtung des Denkens zu ändern. Gerade darum geht es in diesem Buch (Tusch!) aber nicht. Der Begriff „Blink“ steht im Englischen u.a. für ein „Augenblinzeln“, das im Deutschen mit dem Terminus Wimpernschlag einen metaphorischen Widerpart findet und einen sehr kurzen Augenblick (sic!) abbildet.
Sehr anekdotisch geht Malcolm Gladwell vor und vergisst dabei mitunter, die Quintessenz aus seinen Geschichten zu präsentieren. Der Begriff Intuition wird ein wenig sparsam verwendet, obwohl man doch eigentlich denken möchte, dass insbesondere das, was man für Intuition hält, wichtig wäre für die guten Entscheidungen, die unüberlegt erscheinen mögen. Prinzipiell stellt das Buch ein Plädoyer dafür dar, dass wir unseren ersten Intuitionen öfter und stärker vertrauen sollten, solange wir uns unserer Vorurteile bewusst sind, die ein schnell gefälltes Urteil eventuell vorbelasten. Das ist auch schon das Hauptproblem der Argumentation des Buches, denn auch die richtigen Entscheidungen, die auf der Basis des schnellen Denkens getroffen werden, werden durch Vorerfahrungen mit determiniert. Wie allerdings das Kapitel zu „Kennas Dilemma“ aufzeigt, bleibt ein hochgradig talentierter Musiker, hier als Beispiel genannt: Kenna, weitestgehend erfolglos, obwohl er von Ikonen der Fachwelt nach wenigen Eindrücken als ein nächster Superstar gehandelt wird. Eine Schlussfolgerung könnte nun sein, dass die ersten Eindrücke von Experten auf einem Gebiet zu sehr von ihrem Vorwissen geprägt sind und daher nicht verallgemeinerbar. Malcolm Gladwell geht allerdings nicht weiter der Frage nach, warum eine Diskrepanz hinsichtlich ersten Eindrücken und den Entscheidungen, die auf der Basis schnellen Denkens getroffen werden, zwischen Experten und Laien zu bestehen scheint. Auch der Abschluss des Buches, der als Fazit gedacht sein mochte, denn er steht unter dem Motto, was man aus „Blink!“ lernen könne, weiß meiner Einschätzung nach nicht wirklich konkrete Maßnahmen zu vermitteln oder auch nur sinnvolle Hinweise zu geben, mit denen wir unsere Wahrnehmung der Umwelt schärfen könnten.
Sehr positiv hervorzuheben ist der Anhang in Form von Anmerkungen zu jedem einzelnen Kapitel. Hier erhalten Leserinnen und Leser zusätzliche Literaturhinweise zu Originalstudien oder anderen Büchern, aus denen Malcolm Gladwell für die einzelnen Kapitel hatte schöpfen können.