Norbert Groeben „Kreativität: Originalität diesseits des Genialen“

Das dieser Rezension zugrunde liegende Buch namens „Kreativität: Originalität diesseits des Genialen“ von Norbert Groeben behandelt „Kreativität als Lebensstil“, wie es bereits der Klappentext beschreibt. Als solches ist das Buch durchaus eine Neuheit.

Sehr genossen habe ich die Beschreibung von Kreativität als kompensatorisches Modell, wie es in der Literatur und der öffentlichen Rezeption allzu häufig implizit auftaucht: Wer als besonders kreativ wahrgenommen wird, gilt gleichzeitig als genial, büßt aufgrund dieser Genialität allerdings mit gleichzeitig (vermeintlich) auftretendem Wahnsinn.

Gegliedert ist das Buch in mehrere Abschnitte. Jedes Kapitel stellt einen – möglichen – Bestandteil bzw. eine mögliche Form von Kreativität vor. Dabei besteht jeder dieser Abschnitte wiederum aus drei Teilen: Groeben beschreibt hier jeweils (1) das literarische Modell des jeweiligen Aspektes von Kreativität, (2) die wissenschaftliche Modellierung und schließlich (3) die praktische Anwendung bzw. die Anwendbarkeit des zuvor in der Theorie Vorgestellten.

Diese Gliederung ist aus meiner Sicht per se ein innovativer Ansatz der Herangehensweise und der Beschreibung unterschiedlicher Phänomene rund um das Thema „Kreativität“. Solch strukturelle Vorgaben erfordern mitunter eine gewisse Disziplin insbesondere später auch derjenigen, die das Geschriebene lesen. Manchmal gehen solche Vorgaben auch einfach mit gewissen Grenzen einher, denen sich ein Autor unter Umständen in bestimmter Weise dann zu fügen hat.

Bei einer solchen Struktur bzw. Strukturierung, die durchaus als starr betrachtet werden könnte, bleibt beizeiten die Freude am Lesen ein wenig auf der Strecke. Denn der Lesefluss ist dadurch manchmal etwas gestört. Hierzu trägt insbesondere der wiederkehrende Bezug auf das literarische Vermächtnis von Annette von Droste-Hülshoff bei. Auch im Anhang wird sie ausführlich erwähnt: Dieser besteht nämlich aus Erläuterungen zu den Fußnoten, genaueren Literaturangaben und einem etwas sehr ausführlichen Lebenslauf von Annette von Droste-Hülshoff.

Meine Empfehlung zu diesem Buch: Auch wenn dies in heutigen Zeiten vielleicht als „uncool“ erscheinen mag, so denke ich, dass an „Kreativität“ von Norbert Groeben insbesondere Personen mit Interessen im Bereich klassisch-humanistischer Bildung ihre Freude haben werden. Eventuell ist das Buch nicht für Jedermann erquicklich. In Kreisen des gehobenen Bildungsbürgertums könnte es allerdings zu einiger Begeisterung zu führen vermögen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass es unaufgeregt beschreibt, anstatt effektheischend zu porträtieren. Es regt zudem in seiner entschleunigenden Weise eher zum Nachdenken und somit zum Genießen an denn zum Fast-Read-Konsumieren. Dazu passt vielleicht folgende Episode, die ich bei der Lektüre des Buches erlebte: Es gibt ein Phänomen, das ich bereits vor dem Lesen des Buches unter dem Namen „The Multiple“ kannte. Es handelt sich hierbei um Erfindungen oder andere Innovationen, die an verschiedenen Orten von unterschiedlichen Personen sehr zeitnah unabhängig voneinander gemacht werden bzw. auftreten. Noch näher will ich dies hier gar nicht ausbuchstabieren, allerdings möchte ich erwähnen, dass Norbert Groeben auch dieses Phänomen beschreibt, ohne ein solches Label nutzen zu müssen.

Mein Fazit lautet also: Wer bereit ist, sich in aller Ruhe die Zeit zu nehmen, um sich mit dem Thema „Kreativität als Lebensstil“ auseinanderzusetzen, wird in dem Buch von Norbert Groeben wundervolle Anregungen finden.

Hinweis: Der Rezension liegt ein Rezensionsexemplar zugrunde, das der Autor des Buches zum Zwecke der Besprechung zur Verfügung gestellt hatte.

Autor*innen

Buchbewertung

overall
3 of 5
novelty
4 of 5
readability
2 of 5