Bas Kast "Und plötzlich macht es Klick! Das Handwerk der Kreativität oder wie die guten Ideen in den Kopf kommen"

Fischer Verlag 2015 – gebundene Ausgabe 19,99 €; Taschenbuch 9,99 €

Hinweis: Dieser Besprechung liegt ein Rezensionsexemplar zugrunde, das mir der Autor geschickt hat. Die Seitenangaben beziehen sich auf die gebundene Ausgabe.

Das Buch „Und plötzlich macht es Klick!“ von Bas Kast beschäftigt sich mit menschlicher Kreativität und besteht aus insgesamt fünf Kapiteln, sehr ausführlichen Anmerkungen und Literaturangaben. Die Kapitel sind wie folgt überschrieben: (1) Das Ungewohnte beflügelt die Phantasie, (2) Mit der Entspannung kommen die Ideen, (3) Über die lebenslange Lust an der Neugier, (4) Von der Gruppe zum kreativen Team und (5) Wie Sie Ihre eigene kreative Nische entdecken.

Auf Seite 83 beschreibt der Autor, inwiefern die Aufgabenart entscheidend ist für den Zusammenhang von Aufmerksamkeit bzw. Konzentration und Lösungen. Im selben Kapitel (2) lernen wir, dass Entspannung besonders kreativitätsförderlich sein kann. Eine eigene Teilnahme Kasts an Untersuchungen in Leiden dient hier als Demonstration. Nicht allzu günstig finde ich das Lob des Alkohols zur Minderung von Konzentration, was so zu besseren Ergebnissen in einzelnen Tests führen kann (erwähnt wird diesbezüglich zum Beispiel der Remote Associates Test oder auch RAT).

Eine nette Geschichte über die Entstehung der Figur Harry Potter fehlt ebenfalls nicht und so erfahren die Leserinnen und Leser, dass Joanne K. Rowling einst im Zug den Geist hat schweifen lassen und sie plötzlich Ideen für eine ganze Reihe an Geschichten überkamen. Hier kann ich die Ausführungen unterstreichen, dass ein Ausblenden von Reizen der Umgebung beim Nachdenken hilfreich sein kann. Dies kann zum Beispiel dadurch gelingen, wenn man die Augen schließt oder sich die Ohren zuhält, gerade wenn um einen herum viel los ist. Die Beschreibungen der spielerischen Herangehensweise an Forschungsfragen von Richard Feynman und schöne Anekdoten über dessen Vater haben mich ebenfalls sehr amüsiert. Die Schlussfolgerung, dass wir unsere Kinder lieber anleiten sollten, als ihnen Antworten vorzugeben, wirkt ebenfalls intuitiv: Hierzu stellt Kast praktische Beispiele vor. So könne man Kinder zum Beispiel an unterschiedliche Positionen auf einer Wippe setzen, um ihnen die Hebelgesetze näherzubringen.

Die Formel für Kreativität, die in Kapitel 3 beschrieben wird, halte ich für einleuchtend: Kreativität = Originalität + Kenntnisse bzw. Erfahrungen. In diesem Zusammenhang bin ich allerdings auch auf eine von mehreren Stellen gestoßen, die ich wissenschaftlich schwierig finde. Explizit geht Bas Kast auf eine 10-Jahres- bzw. 10.000-Stunden-Regel ein, die er insbesondere in Kapitel 5 noch einmal aufgreift. So scheint der Autor diese 10.000-Stunden-Regel von Malcolm Gladwell, die mittlerweile als überholt, wenn nicht gar widerlegt gilt, nicht ausreichend kritisch zu beleuchten, obwohl die Einleitung noch einen besonderen Hinweis auf wissenschaftliche Rigidität enthält.

Auch die Ausführungen zu ADHS und Ritalin erschienen mir etwas oberflächlich; aber zumindest kann man Bas Kast zugutehalten, dass er hier eine Position einnimmt und eingesteht, dass diese Thematik ein diffiziles Feld ist. Den Begriff „Modekrankheit“ finde ich an dieser Stelle allerdings unpassend, aber zumindest schwierig.

Während Kast zu Beginn des vierten Kapitels die Arbeit und das Arbeitsumfeld von Gerd Gigerenzer beschreibt, identifiziert er hier Faktoren, die gute Ergebnisse von Gruppenarbeiten vorhersagen, und es findet sich eine gute Erklärung von Collective Intelligence. Beschrieben werden Gebäudefaktoren, die Kollaboration begünstigen oder verhindern können. Kast stellt hier Regeln „sozialkompetenter Gebäude“ vor. Geografisch gab es in der Menschheitsgeschichte einfach auch Orte höchster Kreativität, wie zum Beispiel das antike Athen oder Florenz im 15. Jahrhundert. Die Architektur moderner Talentschmiedegebäude stellt also einen Versuch dar, Erfolg zu bauen, indem sie Kreativität fördern soll. Auf Seite 171 lernen wir als LeserInnen zudem: „Ichbezogene Diven senkten die Intelligenz des Teams.“
Das abschließende, fünfte Kapitel soll uns helfen, unsere eigene kreative Nische zu entdecken und beinhaltet Anmerkungen zur praktischen Kreativitätsförderung. Kasts eigene Methode ist hier (Hans Zimmers) Instrumentalmusik. Ich nehme für mich mit, dass Persistenz und generell die Kombination zweier Bereiche hilfreich für Kreativität, aber auch für den Aufbau einer ganzen Karriere sein können. Um den letzten Punkt zu untermauern, zitiert Kast auf Seite 224 Steve Jobs: „Kreativität heißt bloß, Dinge zu verbinden.“

In insgesamt 181 Anmerkungen finden sich unter anderem Links zu verschiedenen Videos, ebenso ist in Kapitel 2 ein Link zum Video des berühmten unsichtbaren Gorillas, mit dessen Hilfe das Phänomen Change Blindness verdeutlicht werden soll, das wegen hoher Konzentration auftritt. Ganz allgemein finden sich in den Anmerkungen am Ende des Buches viele spannende Erklärungen, die teilweise weit über den Text der Kapitel hinausgehen. Auch beinhaltet das Buch kleinere Tests (z. B. das Kerzenproblem) mit Auflösung im Text bzw. nach dem Umblättern. Hierbei lässt sich zumindest die Frage stellen, ob denn jedes Problemlösen kreativ ist.

Insgesamt hatte ich Freude beim Lesen des Buches, fand die angesprochenen Stellen zur 10.000-Stunden-Regel und zu ADHS und Ritalin mitunter etwas kritisch und hatte auch so meine Schwierigkeiten mit dem Lob des Alkohols zur Kreativitätsförderung. Zudem hatte ich beim Lesen den Eindruck, dass Kast auf den Seiten 143 und 144 Konstanz meint, aber Konsistenz schreibt, was entweder eine Ungenauigkeit sein kann oder auch einfach ein Missverständnis.

Autor*innen

Buchbewertung

overall
4 of 5
novelty
4 of 5
readability
5 of 5