Sabine Trepte, Steffen Burkhardt und Wiebke Weidner "Wissenschaft in den Medien präsentieren: Ein Ratgeber für die Scientific Community"

Frankfurt: campus concret Verlag, € 16.90

Dieser Ratgeber möchte laut Vorwort Mitglieder der Scientific Community aus allen Disziplinen beim Umgang mit den Medien adressieren. Die Kommunikation mit Vertreterinnen und Vertreter der Medien wird für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer wichtiger. Ein Großteil der Wissenschaft wird über Drittmittel aus Steuergeldern finanziert, was einen gewissen „Legitimationsdruck“ der Erläuterung eigener Forschung über die Kommunikation für die interessierte Öffentlichkeit mit sich bringt. Hier sehen auch die Autorinnen und der Autor eine wichtige Motivation für ein Training hinsichtlich des Umgangs mit den Medien (siehe zum Beispiel Seite 14 im Buch). Eine Aufgabe des Buches sollte also sein, die Leserinnen und Leser davon zu überzeugen, dass das Aufbereiten der eigenen Forschungsergebnisse für interessierte Laiinnen und Laien über klassische und neuere Medien eben nicht vergleichbar gut über „learning by doing“ oder gesunden Menschenverstand und ein Gefühl für den Umgang mit disziplinfernen Personen funktioniert. Folglich werden Regeln aufgestellt, die mit Referenzen untermauert werden. Teilweise stammen diese Referenzen von 1990 und früher, was nicht weiter schlimm wäre, würde sich die Medienlandschaft und die Medienkultur nicht grundlegend in immer kürzer werdenden Intervallen ändern.

Weil mein persönliches Interesse durch theoretische Abschnitte bedient wird, gefallen mir die ersten Kapitel in großen Teilen sehr gut. So werden Risiken wegen unterschiedlicher Ziele bei Journalistinnen und Journalisten auf der einen Seite (Verifikation von Umständen) und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf der anderen Seite (Falsifikation von Umständen) hervorgehoben. Ebenfalls gelungen ist meiner Meinung nach die Darstellung von 18 Nachrichtenfaktoren auf sechs Dimensionen, in der unter anderem erörtert wird, was sich als Nachricht eignet und was nicht (siehe Seiten 22 ff. im Buch). Auch die Auflistung und Beschreibung unterschiedlicher Darstellungsformen (informierend, erzählend, kommentierend) ab Seite 36 finde ich insbesondere aufgrund ihres theoretischen Gehalts spannend. Hier wäre es vielleicht angebracht, noch stärker Handlungsvorschläge (oder gegebenenfalls sogar Handlungsanweisungen) herauszuarbeiten und potenziellen Leserinnen und Lesern an die Hand zu geben.

Etwas verloren fühlte ich mich an einigen Stellen des Buches, wenn ich als Leser im Unklaren gelassen wurde, was eine sinnvolle Konsequenz aus abgeleiteten Gedankengängen im Umgang mit Medien wäre. Exemplarisch möchte ich hier das Unterkapitel zu Fallbeispielen nennen, das auf Seite 50 im Buch beginnt. Hier wird folgende Aussage getroffen: „Die Schlüsse vom Fallbeispiel auf die Gesamtheit sind zwar meistens falsch, werden aber dennoch gezogen, denn die mentale Verarbeitung beispielhafter Information ist einfacher“ (S. 51). Nach dieser Beschreibung wäre zu erwarten, dass im Buch stark von der Nutzung von Fallbeispielen abgeraten wird. Dies ist mitnichten der Fall, wenn unter anderem Judit Pekker, Redakteurin BILD, Leben & Wissen wie folgt zitiert wird: „[...] Hilfreich sind immer Vergleiche aus dem Alltagsleben“ (ebenfalls S. 51). Hier frage ich mich als Leser, welche Schlussfolgerung ich ziehen soll. Sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Fallbeispiele nutzen oder nicht, wenn sie zugleich möchten, dass die Darstellung ihrer Forschungsergebnisse eben nicht zu falschen Schlüssen führen soll?

Die Abbildungen im Buch unterstützen zumeist die Ausführungen im Fließtext, allerdings fand ich beim Lesen nicht alle einleuchtend. Als Beispiel möchte ich Abbildung 5 auf Seite 54 anführen. Hier verwunderte mich, dass Ordinate und Abszisse über die Darstellung mit Pfeilen aus einem natürlichen Nullpunkt als jeweils einseitiges Kontinuum dargestellt werden. Wenn dies für die Abszisse zuträfe, wäre Langeweile endlich und Stress unendlich. Das halte ich zumindest für fraglich.

Zum Aufbau und Halten von Kontakten zu Medien werden im dritten Kapitel nützliche Tipps gegeben. So fand ich die Hinweise auf Plattformen wie openpr.de, auf denen eigene Pressemitteilungen veröffentlicht werden können, überaus hilfreich. Weil mir der folgende Satz aus diesem Kapitel besonders gut gefallen hat, möchte ich ihn hier zitieren: „[...] nicht der Leser, sondern der Autor muss sich anstrengen“ (S. 71).

Mit den Kapiteln 4 und 5 werden zwei Abschnitte vorgestellt, die als Coaching gedacht sind. Hier unterfüttern unter anderem (wieder) Checklisten für die Vorbereitung und Nachbereitung eines Interviews (Kapitel 4) bzw. für Stimme, Sprache und Haltung (Kapitel 5) Vorschläge für eine Herangehensweise der Selbstreflexion. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nach einem Interview unter anderem unbedingt auszählen und reflektieren muss, wie viele Fremdwörter, positiv besetzte Wörter etc. (siehe Checkliste 5, S. 121) ich verwendet habe.

Die abschließenden Kapitel beziehen sich auf das digitale Zeitalter (Kapitel 6) und Recht und Ethik beim Umgang mit Medien und einer interessierten Öffentlichkeit (Kapitel 7). Hier können im Zweifel Hinweise zu Rechten und Pflichten hinsichtlich ethischer Kodizes, die durch Berufsverbände vorgegeben sein können, gute Anhaltspunkte sein.

Als Fazit möchte ich ziehen, dass ich das Buch „Wissenschaft in den Medien präsentieren: Ein Ratgeber für die Scientific Community“ streckenweise durchaus sehr interessant und spannend fand. Dies bezieht sich vor allem auf theoretische Hintergründe und Erörterungen aus der Disziplin der Medienpsychologie. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die praktischen Hinweise für alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Zugewinn sind, oder ob man sich nicht Vieles über ein wenig Intuition auch selber aneignen könnte, ohne auf relativ starre Strukturen im Umgang mit den Medien angewiesen zu sein.

Der Besprechung liegt ein Rezensionsexemplar zugrunde.

Autor*innen

Buchbewertung

overall
3 of 5
novelty
4 of 5
readability
5 of 5