Kann wirtschaftliche Entwicklung Frieden fördern? Wie Praxis und Sozialpsychologie einander unterstützen können.
Weltweit bemühen sich politische und gesellschaftliche Akteure, die nach ethnischen Konflikten stattfindenden Friedensprozesse zu unterstützen. Welchen Beitrag kann die Sozialpsychologie hierbei leisten? In diesem Beitrag stellen wir zwei Projekte zur wirtschaftlichen Entwicklung aus Sri Lanka vor, in denen Praxis und Sozialpsychologie zusammengearbeitet haben.
Weltweit leiden Menschen unter den Folgen von ethnischen Konflikten und Bürgerkriegen. In verschiedenen Regionen der Welt bemühen sich daher politische und gesellschaftliche Akteure, Friedensprozesse nach ethnischen Konflikten und Bürgerkriegen zu unterstützen. Die vielfältigen hier zum Einsatz kommenden Programme reichen von sogenannten ‚Truth commissions‘ (zur Aufarbeitung der Vergangenheit), über Dialogprogramme (um verschiedene ethnische Gruppen zusammenzubringen), bis hin zu wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen (Cameron et al., 2015).
Konflikte und Bürgerkriege haben nicht nur traumatische psychologische Folgen, sie bedeuten für viele Menschen auch den Verlust ihrer Lebensgrundlage. Es fehlt ihnen beispielsweise ein regelmäßiges Einkommen, um ihr Leben bestreiten zu können. Um die Lebensqualität der Betroffenen verbessern zu können, zielen viele Programme zur Unterstützung von Friedensprozessen daher zunächst auf eine Verbesserung von deren wirtschaftlicher Lage ab. Hierbei ist es wichtig, die Förderprogramme nicht nur aus rein finanzieller Perspektive zu betrachten, sondern auch ihre Auswirkungen auf das alltägliche Leben zu untersuchen und soziale Strukturen der Betroffenen mit einzubeziehen.
Die Sozialpsychologie kann in diesem Kontext einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie die Wirkung von Interventionen evaluieren und theoriebasierte Ansätze zur Unterstützung des Friedensprozesses entwickeln kann. In diesem Beitrag stellen wir zwei Kooperationsprojekte von Praxis und Wissenschaft aus dem Norden Sri Lankas vor, der noch heute von einem 26 Jahre anhaltenden bewaffneten Konflikt gezeichnet ist.
Hintergrund und wirtschaftliche Entwicklung in Sri Lanka
In Sri Lanka leben verschiedene ethnische und religiöse Gruppen. Die zwei größten Bevölkerungsgruppen sind die vorwiegend buddhistischen Singhalesen und die zum größten Teil hinduistischen Tamilen. 26 Jahre beherrschte ein bewaffneter Konflikt das Leben in Sri Lanka. Tamilische Separatisten, vor allem die Liberation Tigers of Tamil Eelam, kämpften um ihre Autonomie. Dieser ethnische Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen mündete 1983 in einen Bürgerkrieg, der erst 2009 mit dem militärischen Sieg der sri-lankischen Regierungstruppen über die Rebellen endete. Der Hintergrund dieses Konfliktes ist komplexer als hier in Kürze dargestellt werden kann (siehe z. B. de Silva, 2000).
Inzwischen ist die Bevölkerung größtenteils wieder zu ihrem Alltag zurückkehrt, sie haben durch den Krieg jedoch häufig ihre Einkommensgrundlage verloren. Der schrittweise Aufbau der Infrastruktur begann zwar bereits wenige Monate nach Ende des Konfliktes, dauert aber weiterhin an. Wirtschaftliche Aufbauprogramme werden initiiert, um die wirtschaftliche Entwicklung in der Region zu fördern und somit den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern.
Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ, https://www.giz.de/de/html/index.html) engagiert sich seit mehr als 50 Jahren weltweit in über 120 Ländern für nachhaltige Entwicklung und internationale Bildungsarbeit in unterschiedlichsten Feldern, von der Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung über Energie- und Umweltthemen bis hin zur Förderung von Frieden und Sicherheit. Ihr Hauptauftraggeber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. In den letzten 10 Jahren fokussiert sich die GIZ auf Projekte, die den Friedensprozess fördern sollen, unter anderem durch die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung. Zwei solcher Vorhaben zur wirtschaftlichen Entwicklung wurden von der GIZ in enger Zusammenarbeit mit dem sri-lankischen Ministerium für Finanzen und Planung entwickelt: ein Mikrofinanzierungsprogramm und ein Entwicklungsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen.
Vor über 30 Jahren wurde das Konzept des Mikrokredits durch den Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus in Bangladesch eingeführt. Sein Ziel war es, die Armut der Landbevölkerung durch die Bereitstellung von Kleinkrediten zu verringern. Schon kleine Beträge können zum Beispiel Kleinbäuerinnen und -bauern helfen, Saatgut oder Fischernetze zu kaufen, um damit Einkommen zu generieren. Ein Mikrokredit hat es zum Beispiel einer Bäuerin im Norden Sri Lankas ermöglicht, ein Fahrrad zu kaufen, um so ihre Milch auf einem nahegelegenen Markt zum Verkauf zu bringen. Seit Einführung dieser Idee haben Mikrokredite zahlreichen Menschen geholfen, sich eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Zusätzlich zu einem Kleinkredit können Menschen heute auch andere Finanzdienstleistungen wie Sparprogramme oder Fortbildungen in Anspruch nehmen (Armendáriz & Morduch, 2010). Die Bäuerin hat so an einer Fortbildung zur Geschäftsentwicklung teilnehmen können, in der sie erarbeitet hat, wie sie mit ihrer Milchproduktion mehr Gewinn erwirtschaften kann. Ziel dieser Programme ist es, arme Bevölkerungsschichten finanziell und sozial zu unterstützen, um ihre einkommensgenerierenden Ideen weiterzuentwickeln und so den Kreislauf der Armut zu durchbrechen.
Während Mikrofinanzierung vor allem für arme Menschen, die selbstständig arbeiten, entwickelt worden ist, unterstützten Entwicklungsprogramme für kleine und mittlere Betriebe Selbständige von Betrieben mit bis zu 250 Mitarbeitenden in wirtschaftlich bisher schwachen Regionen. Im Rahmen eines Milchprojektes im Norden Sri Lankas, haben sich kleinbäuerliche Unternehmende zusammengeschlossen, um gemeinsam durch den Ausbau ihrer Kühlkette mit ausländischen Betrieben und die Teilnahme an Fortbildungen mehr Milch produzieren und verkaufen zu können. Um den Lebensstandard der Bevölkerung verbessern zu können, muss ein solcher unternehmerischer Zusammenschluss wachsen und mehr Arbeitsplätze anbieten. Dazu fehlt es jedoch häufig an den geeigneten institutionellen Rahmenbedingungen. Kein direkter Zugang zu einem Verkaufsmarkt außerhalb der Region oder fehlende Fortbildungen hindern beispielsweise Selbständige daran, ihr Unternehmen weiterzuentwickeln. Ziel von Regierungen und Entwicklungsorganisationen ist es daher, diese institutionellen Hindernisse zu beseitigen und Unternehmen ein effizienteres Arbeiten zu ermöglichen (Beck, Demirguc-Kunt & Levine, 2005).
Wie kann wirtschaftliche Entwicklung zur Friedensförderung beitragen?
Die für diesen Beitrag ausgewählten Vorhaben Mikrofinanzierung (endete 2012) und ein Entwicklungsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen (noch laufend) haben beide jeweils zwei Hauptziele. Das erste Ziel ist es, den Teilnehmenden eine wirtschaftliche Lebensgrundlage zu bieten, um somit die Region langsam wiederaufbauen zu können. Beide Vorhaben verfolgen den Ansatz, Menschen zu unterstützen, ihr Leben selbstständig in die Hand zu nehmen und den Konflikt um Ressourcen zu vermeiden (s. Sherif, 1956). In der Sozialpsychologie nennt man diesen Ansatz autonomieorientierte Hilfe. Diese soll Menschen unterstützen, ein Problem anhand von bereitgestellten Hilfsmitteln selbstständig zu lösen (z. B. Nadler & Halabi, 2006), somit ihr Leben selbst wieder in die Hand zu nehmen, und ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Das zweite Ziel war, dass alle ethnischen Gruppen an dieser wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben sollten, was zu einer nachhaltigen Entwicklung zur Erhaltung von Frieden und Stabilität führen sollte. Jahrelange Forschung zur sogenannten Kontakthypothese (Allport, 1954) zeigt, dass Kontakt zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen Vorurteile vermindern und somit die Beziehungen zwischen den Gruppen verbessern kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Kontakt zwischen den jeweiligen Gruppen und unter bestimmten Bedingungen stattfindet: Die teilnehmenden Gruppen sollten den gleichen Status haben, zusammen an einem gemeinsamen Ziel arbeiten und von Autoritäten in diesem gemeinsamen Prozess unterstützt werden (Pettigrew & Tropp, 2006). Diese sozialpsychologische Forschung legt nahe, dass allein Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes nicht genug ist, um Frieden nachhaltig zu fördern. Um Vorurteile zu verringern und Frieden zu fördern, scheint es entscheidend zu sein, dass Kontakt und Freundschaften zwischen den vormals verfeindeten Parteien entwickelt werden. In beiden Vorhaben wurde Kontakt zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen gefördert.
Wie können Wissenschaft und Praxis zusammenarbeiten?
Die Sozialpsychologie kann in dem Bereich von Projektevaluierung sowohl methodologisch (Wie untersucht man die Wirkung einer Intervention?) als auch theoretisch (Wie kann man Verhalten von Menschen positiv beeinflussen?) einen wertvollen Beitrag leisten. Projektevaluierungen oder Wirkungsanalysen untersuchen, inwieweit verschiedene Aktivitäten (z. B. Training, Kleinkredit) einer Intervention zur Erreichung der angestrebten Ziele beitragen (für einen Überblick s. Hansen, 2017). In dem vorliegenden Beispiel wollte die GIZ unter anderem wissen, ob und inwieweit jene Teilnehmende, die einen Kleinkredit erhalten haben, gestärkt an dem gesellschaftlichen Leben teilnahmen: Ob sie beispielsweise ein stärkeres Selbstwertgefühl entwickelten, in sozialen Gruppen wie beispielsweise Gewerkschaften teilnahmen oder eine positivere Einstellung zum vereinten Sri Lanka entwickelten. Diese Art von Wirkungsanalysen ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden und wird von Geldgebenden gefordert um zu sehen, wie ihr Geld ausgegeben wird, bzw. ob ein Projekt tatsächlich die erwarteten Ziele erreicht. Systematische Evaluierungen bieten außerdem wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Planung.
Eine Projektevaluierung: Können Mikrofinanzierungsdienstleistungen die Position von marginalisierten Gruppen stärken?
Im Rahmen des ProMis (Promotion of the Microfinance Sector) Vorhabens unterstützte die GIZ die Entwicklung eines Sektors für Mikrofinanzierung für arme Bevölkerungsschichten Sri Lankas (Projektüberblick https://www.youtube.com/watch?v=ii05554S3To). Zu diesem Zeitpunkt erhielten marginalisierte Menschen keinen Kleinkredit bei einer kommerziellen Bank. Diese Menschen lebten unterhalb der Armutsgrenze, waren häufig stark vom Konflikt betroffen und umgesiedelt worden und waren größtenteils arbeitslose Jugendliche, Witwen und Menschen mit Behinderungen. Ziel dieses Programmes war es, in einer ersten Phase den Sektor für Mikrofinanzierung zu stärken und institutionelle Infrastruktur mitaufzubauen (d. h. Fortbildungen zur Professionalisierung für Mikrofinanzierungsinstitutionen, Regulierung) und in einer zweiten Phase diese Institutionen zu unterstützten, ebenfalls Fortbildungen und Kleinkredite für die marginalisierte Zielgruppe anbieten zu können.
Zwischen 2009 und 2012 nahmen mehr als 20.000 Menschen an diesem Projekt teil, welches aus drei verschiedenen Aktivitäten bestand. Zunächst konnten Teilnehmende sich für verschiedene Fortbildungen anmelden, um ihre Soft Skills (z. B. Führung), Geschäftsführung (z. B. Buchhaltung) und Fachwissen (z. B. für Lebensmittelherstellung) zu verbessern. Zweitens wurde bei dem Programm ein gruppenbasiertes Modell angewandt, bei dem die Teilnehmenden in kleinen Gruppen für ihre Kleinkredite sparten (s. Analyse zu den Effekten, Karlan, 2007). Letztendlich erhielten nur jene Teilnehmenden, die ihre finanzielle Situation verbessert hatten, einen Mikrokredit. Ziel dieses Vorhabens war es, diesen marginalisierten Menschen zu helfen, „kreditwürdig“ zu werden (durch Fortbildungen und Einbindung in eine Gruppe) und dadurch ihre wirtschaftliche und soziale Teilhabe in der Gesellschaft zu stärken.
Da zum Zeitpunkt der Studie alle Aktivitäten des Projektes bereits stattgefunden hatten, konnten wir nur noch ein sogenanntes Quasi-Experiment durchführen. Wir verglichen 244 zufällig ausgewählte Teilnehmende des Vorhabens mit einer Vergleichsgruppe von 244 Menschen, die bis dahin noch keinen Zugang zu Mikrofinanzierungsdienstleistungen gehabt hatten (aber Interesse bekundeten: z. B. Hansen, 2015a, Hansen & Postmes, 2013). Die Mehrheit der Teilnehmenden hatte tatsächlich an den Aktivitäten des Vorhabens teilgenommen: 84 % nahmen an Fortbildungen teil, 79 % sparten Geld in Gruppen und 65 % erhielten am Ende einen Mikrokredit. Die Studie lieferte erste Hinweise darauf, dass die Teilnehmenden in ihrer persönlichen und sozialen Position gestärkt wurden (sogenanntes Empowerment). Zum Beispiel gaben die Teilnehmenden an, eine stärkere sogenannte Kontrollüberzeugung zu haben als Teilnehmende der Vergleichsgruppe – d. h., sie waren stärker davon überzeugt, Ziele in ihrem Leben erreichen zu können, hatten größere soziale Netzwerke und somit mehr potentielle Hilfe in schwierigen Situationen und hatten eine positivere Einstellung zur Entwicklung Sri Lankas als vereinte Nation. Interessanterweise war es nicht nur die Aufnahme eines Kleinkredites, sondern vor allem die Teilnahme an Fortbildungen, die diese psychologischen und sozialen Auswirkungen zu stimulieren schienen. Bildung ist folglich von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung von Empowerment, und leistet damit einen positiven Beitrag zur Armutsüberwindung.
Im Rahmen von Veranstaltungen und Fortbildungen trafen sowohl Mitglieder von beteiligten Institutionen (des Mikrofinanzierungsektors) als auch Teilnehmende verschiedener ethnischer Bevölkerungsgruppen regelmäßig aufeinander. Diese Form von Netzwerkbildung sollte den Kontakt zwischen den unterschiedlichen ethnischen Gruppen fördern. Ziel war es, Statusunterschiede zwischen ethnischen Gruppen während der Veranstaltungen zu vermeiden, an einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten (der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung Sri Lankas und der individuellen Teilhabe) und die Unterstützung durch lokale und nationale Autoritäten sicherzustellen. Durch diese Bedingungen sollte der Kontakt optimal gefördert werden.
Nicht nur der Erhalt eines Mikrokredits, sondern vor allem auch Fortbildungen scheinen entscheidend für den Erfolg eines solchen Vorhaben zu sein. Außerdem trug die Teilnahme am Programm dazu bei, die Zukunft Sri Lankas als eine vereinte Nation positiver zu sehen, was ein erstes vielsprechendes Zeichen auf dem langen Weg der Friedensförderung sein könnte.
Eine Studie zur Unterstützung der Projektentwicklung: Wie kann sozialpsychologische Forschung die Entwicklung von neuen Praxisvorhaben unterstützen?
Ziel des zweiten Vorhabens war es, Unternehmende von kleinen und mittleren Betrieben bei ihrer Geschäftsentwicklung durch u. a. Fortbildungen zu unterstützten. Im Rahmen einer Studie untersuchten wir beabsichtigte und unerwartete Effekte von sozialem Wandel in der allgemeinen Bevölkerung. Die GIZ interessierte sich hauptsächlich dafür, wie Menschen am wirtschaftlichen Wandel teilnahmen und ob dies mit einer positiven Wahrnehmung der Zukunft Sri Lankas zusammenhing. Ich als Wissenschaftlerin interessierte mich für die psychologischen und sozialen Veränderungen, die bei wirtschaftlicher Entwicklung entstehen könnten.
Wir führten eine Langzeitstudie durch und befragten im Sommer 2013, 2015 und 2016 jeweils dieselben 300 Menschen in drei verschiedenen Regionen im Norden Sri Lankas (Hansen, 2015b). Die Ergebnisse zeigten eine interessante Entwicklung auf. Zum einen wurden die Befragten zufriedener mit ihrem Leben und entwickelten ein stärkeres Selbstwertgefühl sowie eine positivere Wahrnehmung von Sri Lankas wirtschaftlicher Entwicklung und Zukunft (i. S. von Friedensförderung). Ihrer Meinung nach wurde es leichter, einen bezahlten Job zu finden. Ein erstes mögliches Anzeichen dafür, dass kleine und mittlere Unternehmen sich entwickelten und Arbeitskräfte suchten. Jedoch zeigte sich auch ein weniger positiver Effekt. Einige Menschen berichteten, dass sie zunehmend von dem Prozess der wirtschaftlichen Entwicklung ausgeschlossen waren (die so genannte wirtschaftliche Teilhabe wurden mit einem Index von verschiedenen Aspekten wie z. B. Besitz eines Bankkontos, Marktverkauf von eigenen Produkten erhoben), berichteten von steigenden Lebenshaltungskosten und waren weniger stark in ihre traditionellen und beruflichen Netzwerke eingebunden.
Diese Studie ermöglicht es den beteiligten Akteuren, eine systematische Problemanalyse in den verschiedenen Regionen durchzuführen. In einer Region scheint es beispielsweise einfacher geworden zu sein, einen bezahlten Arbeitsplatz zu finden. Solche Unterschiede spiegeln die Komplexität der aktuellen Situation in Sri Lanka wieder. Unterschiedliche Ansätze sind nötig, um nachhaltige Entwicklung und Frieden in Sri Lanka zu fördern.
Zusammenfassend zeigt dieses Beispiel, dass eine Langzeitstudie zu sozialem Wandel dazu beitragen kann, Veränderungen der Bevölkerung zu verfolgen und mögliche unerwartete Nebeneffekte wie zum Beispiel den Bedeutungsverlust von traditionellen Gruppen zu erkennen. Solche Informationen können involvierten Parteien in der Praxis dabei helfen, ein zukünftiges Programmvorhaben anzupassen, Nebeneffekte zu umgehen und damit eine erfolgreiche nachhaltige Programmausrichtung zu gestalten. Für die Wissenschaft ermöglicht eine solche Studie interessante Einblicke in die Art und Weise, wie sozialer Wandel in der Gesellschaft stattfindet.
Fazit: Win-Win Situation für Praxis und Wissenschaft
Dieser Beitrag gibt exemplarisch einen Einblick, wie Sozialpsychologie und Praxis im Bereich von Friedensförderung mit wirtschaftlichen Vorhaben zusammenarbeiten können. Eine systematische Projektevaluierung kann wichtige Einblicke in die Auswirkungen von Projekten liefern: wer profitiert von den implementierten Aktivitäten oder was sind mögliche Gründe dafür, dass ein Projekt seine Ziele erreicht bzw. nicht erreicht? Sogenanntes Monitoren und Evaluieren von Projekten ist nicht nur für eine Organisation wichtig, um mehr über ihr Projekt zu erfahren, sondern positive Ergebnisse können auch Geldgebende motivieren, in Projekte zu investieren. Langzeitstudien zu sozialem Wandel geben wichtige Einblicke in gesellschaftliche Veränderungen, die bei der Ausrichtung zukünftiger Vorhaben entscheidend sein können. Diese Art von Forschung bietet WissenschaftlerInnen die Möglichkeit, Theorien zur Friedensförderung in verschiedenen Kulturen zu untersuchen und weiterzuentwickeln. Beide Parteien können so gemeinsam einen nachhaltigen Beitrag zur Friedensförderung leisten. Wie sozialpsychologische Forschung bereits vor rund 70 Jahren zeigte (z. B. Harth, 2013), reicht die gerechte Verteilung von Ressourcen nicht aus, um Versöhnung zu fördern. Bildung, Kontakt zwischen Gruppen und allgemeiner sozialer Wandel spielen dabei ebenfalls eine wichtige Rolle.
Danksagung
Die Forschung zu diesem Artikel ist in Zusammenarbeit mit German Müller (derzeitiger Leiter des SME teams der GIZ in Sri Lanka) und seinem Team entstanden. Mein Dank gilt allen, die diese Zusammenarbeit ermöglicht und vorallem unermüdlich unterstützt haben sowie den Teilnehmenden der Projekte, die sich Zeit für die Interviews genommen haben!
Literaturverzeichnis
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Bildquellen
Bild 1: Mit Erlaubnis der GIZ Sri Lanka
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