Editorial zur Themenausgabe: „Emotionen erleben und begreifen – Emotionspsychologie im Alltag“
Emotionen sind in unserem Leben allgegenwärtig: Wir freuen uns darüber, dass morgens im Radio unser Lieblingslied läuft, ärgern uns über den morgendlichen Berufsverkehr und sind vor einem wichtigen Termin mit dem Chef aufgeregt. Emotionen bereichern unser Leben – sie machen es zweifelsohne interessanter und bunter. Emotionen haben aber auch einen großen Einfluss auf zahlreiche psychische Vorgänge wie Wahrnehmen, Denken, Handeln, und unsere Interaktionen mit anderen Menschen. In dieser Themenausgabe des In-Mind Magazins möchten wir Ihnen einen Eindruck davon vermitteln, wie und wo Emotionen unser Leben beeinflussen.
Wie bereits erwähnt – Emotionen sind in unserem Leben allgegenwärtig und auch häufig Inhalt von Gesprächen und Diskussionen. Aber was sind Emotionen überhaupt? Über die genaue Definition wird in der Wissenschaft noch immer debattiert. Auch wenn über Ursprung und Entstehen keine Einigkeit herrscht, so haben sich die meisten Forscher jedoch darauf geeinigt, dass eine Emotion aus mehreren Komponenten besteht (Rothermund & Eder, 2011): Sie beinhaltet ein bestimmtes Gefühl (subjektive Komponente), bestimmte Gedanken (kognitive Komponente), wird häufig von körperlichen Veränderungen (physiologische Komponente) und einem bestimmten Gesichtsausdruck begleitet (expressive Komponente) und bewegt uns dazu, bestimmte Situationen verstärkt aufzusuchen oder zu vermeiden (motivationale Komponente). Wenn wir zum Beispiel die Emotion Angst erleben, so empfinden wir ein stark negatives Gefühl, die Gedanken kreisen um die mögliche Gefahr, wir schwitzen und haben feuchte Hände, die Augen sind geweitet und wir würden am liebsten weglaufen.
Neben der Frage, was Emotionen sind, untersuchen viele Forscher auch, welche Konsequenzen das Erleben von Emotionen hat. Da der Einfluss von Emotionen unglaublich vielfältig ist, beschäftigen sich ganz unterschiedliche Bereiche der Psychologie mit der Untersuchung von Emotionen. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in der vorliegenden Themenausgabe des In-Mind Magazins wider: Unter dem Titel „Emotionen erleben und begreifen – Emotionspsychologie im Alltag“ möchten wir Ihnen sechs Artikel vorstellen, die von ForscherInnen oder Forscherteams aus den Bereichen der Allgemeinen Psychologie, Bildungswissenschaften, Instruktionspsychologie, Musikwissenschaften, Pädagogischen Psychologie und Sozialpsychologie verfasst wurden, um Ihnen aus unterschiedlichen Perspektiven einen Einblick in die wissenschaftliche Betrachtung von Emotionen zu gewähren.
Der erste Teil der Themenausgabe führt zunächst in den generellen Einfluss von Emotionen auf unser Denken und Handeln ein. Unter dem Titel „Vom Feeling her hab ich einen guten Gedanken! Zum Einfluss von Stimmung auf kognitive Leistungen“ eröffnen Christina Bermeitinger, Tim Loepthien und Cathleen Kappes diese Ausgabe, indem sie einen umfassenden Einblick in die Vielfältigkeit geben, mit der Stimmungen und Gefühle auf unterschiedliche kognitive Prozesse (wie z. B. Aufmerksamkeit, Wahrnehmung usw.) einwirken können. Anschließend beleuchtet Hannes Münchow in seinem Beitrag „Wie man sich fühlt, so lernt man – Der Einfluss von Emotionen auf Lernprozess und Lernerfolg“ wie differenziert sich Emotionen auf den Prozess des Lernens auswirken. So räumt er mit dem weit verbreiteten Vorurteil auf, dass positive Emotionen stets förderlich und negative Emotionen stets hinderlich für den Lernprozess seien.
Im zweiten Teil der Themenausgabe geht es um Kompetenzen im Umgang mit eigenen und fremden Emotionen und deren Entwicklung über die Lebensspanne hinweg. Hierzu befassen sich Elisabeth Blanke, Antje Rauers und Michaela Riediger in ihrem Artikel „Weißt du, was ich fühle? – Empathie im Lebensverlauf“ mit der Fähigkeit, sich adäquat in die Gefühlswelt einer anderen Person hineinzuversetzen. In ihrem Beitrag stellen sie dar, wie sich diese Fähigkeit von der Kindheit bis ins hohe Erwachsenenalter verändert. Unter dem Titel „Wenn Kinder die Wut packt: Wie Kinder lernen mit ihren Emotionen umzugehen“ von Nantje Otterpohl steht die Fähigkeit, eigene Emotionen angemessen zu regulieren im Zentrum. Dabei erläutert die Autorin, wie Kinder lernen, adäquat mit ihren Emotionen umzugehen und wie Eltern unterstützend einwirken können.
Im letzten Teil der Themenausgabe werden die Auswirkungen spezifischer negativer Gefühle unter die Lupe genommen, um dem Mythos, dass diese Gefühle zu vermeiden oder zu unterdrücken seien, etwas entgegenzuhalten. Julia Sasse, Russell Spears und Ernestine Gordijn fokussieren in ihrem Artikel „Gar nicht so negativ: Die funktionale Rolle von Ärger in sozialer Interaktion“ auf die negative Emotion Ärger. Sie stellen dar, wie sich diese Emotion nicht nur negativ, sondern durchaus auch positiv auf das soziale Miteinander auswirken kann. In ähnlicher Weise betrachten Johannes Seehusen, Kai Epstude, Tim Wildschut und Constantine Sedikides unter der Überschrift „Macht uns Retro glücklich? Über die Bedeutung von Nostalgie für das psychische Wohlbefinden“ Nostalgie als spezifische emotionale Erfahrung. Die Autoren präsentieren Belege dafür, dass auch dieses Gefühl entgegen aller historischen Annahmen positive Folgen für unser allgemeines Wohlbefinden haben kann.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen der einzelnen Artikel dieser Themenausgabe und hoffen, dass Sie die Beiträge genauso spannend und anregend finden, wie wir. In diesem Sinne bedanken wir uns natürlich recht herzlich bei allen AutorInnen für ihr Engagement bei der Zusammenstellung der Ausgabe, die nicht zuletzt auch dank der freundlichen und vor allem tatkräftigen Unterstützung aller GutachterInnen interessante Einblicke in die Welt der Emotionen gewährt.
Literatur
Rothermund, K. & Eder, A. B. (2011). Allgemeine Psychologie: Motivation und Emotion. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.