Schlaf, Licht und unsere innere Uhr – Wie uns Licht helfen kann, besser zu schlafen

Wir verschlafen rund ein Drittel unseres Lebens, Kinder sogar noch mehr! Doch auch wenn es sich oft so anfühlt, dass in dieser Zeit „nichts“ passiert, trügt dieses Gefühl. Es passiert unglaublich viel in uns und der Schlaf ist extrem wichtig. Nicht nur dafür, dass wir uns morgens fit und ausgeruht fühlen, sondern er hilft uns zum Beispiel auch beim Lernen und dabei, gesund zu bleiben. Besonders Jugendliche schlafen an Schultagen allerdings oft nicht genug. Doch was kann man da tun? Klar, für viele wäre es gut, die Schule würde später beginnen – aber das ist wohl nicht so leicht zu ändern. Doch es gibt eine Möglichkeit, wie du auf ganz natürliche Art und Weise du deine Chancen auf mehr Schlaf erhöhen kannst: mit mehr Tageslicht und weniger Licht am Abend. In unserem Beitrag erklären wir dir, wie das funktioniert und geben dir Tipps, wie du deinen Alltag so gestalten kannst, dass dein Schlaf hoffentlich davon profitiert.

Die Bedeutung von Schlaf

Rund ein Drittel unseres Lebens schlafen wir. Wenn wir so viel schlafen, muss Schlaf ganz schön wichtig für uns sein, oder? Und tatsächlich ist er für alle Lebewesen überlebenswichtig – bisher schlief jedes Tier, das untersucht wurde! Auch wenn du dir dessen vielleicht gar nicht bewusst bist, es passiert enorm viel in deinem Körper und im Gehirn, während du schläfst. Schlaf ist zum Beispiel wichtig für das Immunsystem. Eine Studie hat dies untersucht, indem Menschen einen Erkältungsvirus in die Nase gesprüht bekamen. Es hat sich dabei gezeigt, dass diejenigen mit weniger als 7 Stunden Schlaf eine höhere Wahrscheinlichkeit hatten, tatsächlich eine Erkältung zu entwickeln, als diejenigen, die mindestens 8 Stunden schliefen (Cohen et al., 2009*).

Außerdem ist Schlaf wichtig für das Lernen. Er sorgt dafür, dass über den Tag gebildete Gedächtnisspuren gefestigt und in den Langzeitspeicher überführt werden, sodass der Kurzzeitspeicher dann am nächsten Tag wieder frei für neue Inhalte ist. Und auch tagsüber ist der Schlaf sehr relevant. Hast du schon einmal erlebt, dass du schlecht geschlafen hast und dich am nächsten Tag nicht gut konzentrieren konntest und gedanklich nicht so schnell warst wie gewohnt? Da bist du sicher nicht allein, denn die gedankliche Leistungsfähigkeit scheint besonders bei Jugendlichen sensibel auf zu wenig Schlaf zu reagieren. Darüber hinaus gibt es Ergebnisse, die zeigen, dass zu wenig Schlaf mit einer schlechteren Stimmung und verringerten Motivation einhergeht. Das sind nur ein paar Beispiele, die dir verdeutlichen sollen, dass Schlaf genauso zu unserem Leben gehört wie das Wachsein (z. B. Oswald et al., 2020).

Unsere innere Uhr und ihre Zeitgeber

Schlaf ist also sehr wichtig für unsere Gesundheit. Aber wie weiß der Körper denn überhaupt, wann es „Schlafenszeit“ ist? Immerhin schlafen die meisten von uns doch immer zu einer ähnlichen Zeit, nämlich in der Nacht, wenn es dunkel ist und nicht ganz durcheinander zu den unterschiedlichsten Zeiten.

Für das richtige Timing sorgt unsere innere biologische Uhr. Eigentlich müsste man eher sagen „Uhren“, denn jede Zelle unseres Körpers hat eine winzige Uhr in sich, nach deren Zeit sie funktioniert (Rémi, 2019). All diese Uhren funktionieren ein bisschen wie ein Orchester. Stell dir mal ein Orchester vor, bei dem jedes Instrument zu einer unterschiedlichen Zeit und nicht im Takt spielt – wie schrecklich schief das klingt! Erst wenn die Instrumente aufeinander abgestimmt einsetzen und zusammenspielen, dann ergibt sich tolle Musik – aber dafür braucht es eine Dirigentin oder einen Dirigenten. Und ein bisschen wie im Orchester ist es mit den Mini-Uhren in den Zellen auch. Sie brauchen einen zentralen Taktgeber, der ihnen immer wieder einen Rhythmus vorgibt.

Die Hauptuhr, also quasi die Dirigentin des Uhren-Orchesters, liegt gut geschützt im Gehirn, im so genannten suprachiasmatischen Nucleus (kurz SCN). Das SCN reguliert komplexe Prozesse vieler verschiedener Zellen. So kann beispielsweise auch das Dunkelhormon Melatonin, das unseren Körper auf den Schlaf vorbereitet, genau dann gebildet werden, wenn es am Abend Zeit wird, Zähne zu putzen und schlafen zu gehen. Aber wie bekommt denn diese zentrale Uhr jetzt überhaupt Informationen über die Tageszeit? Da sitzt doch sicher keine Funkuhr im Gehirn, ... oder?! Um dich in einem stabilen Tag-Nacht-Rhythmus zu halten, verwendet die biologische Uhr Informationen von sogenannten Zeitgebern. Das sind Faktoren aus der Umwelt, die der inneren Uhr die Zeit außerhalb des Körpers signalisieren und ihm so die Möglichkeit geben, sich danach auszurichten und sich optimal an seine Umgebung anzupassen. So können Prozesse im Körper wie z. B. die Ausschüttung von Hormonen, Schlafen und Wachsein oder der Stoffwechsel optimal aufeinander abgestimmt werden. Dies unterstützt am Ende unsere Gesundheit, unsere Leistungsfähigkeit, und fördert unser Wohlbefinden (Rémi, 2019). Was passiert, wenn die Zeit von Umwelt und Körper nicht synchronisiert sind, hast du vielleicht schon einmal bei einem Jetlag gemerkt – unangenehm ist das!

Bild 2: Verschiedene Faktoren aus der Umwelt liefern Informationen an die zentrale Uhr im Gehirn. Diese gibt die Infos an all die Mini-Uhren in den Zellen weiter und regelt so deren Zusammenspiel.Bild 2: Verschiedene Faktoren aus der Umwelt liefern Informationen an die zentrale Uhr im Gehirn. Diese gibt die Infos an all die Mini-Uhren in den Zellen weiter und regelt so deren Zusammenspiel.

Fallen dir Zeitgeber ein, nach denen du dich richtest? Da gibt es zum Beispiel Essenszeiten, oder Zeiten, zu denen du Sport machst oder dich mit Freunden triffst. Aber was ist der wichtigste Faktor, nach dem du deine Aktivitäten organisierst? Vielleicht denkst du gar nicht daran, weil es so offensichtlich ist, aber Licht ist tatsächlich der wichtigste Zeitgeber. Immer wieder braucht unsere innere Uhr das auf die Netzhaut unserer Augen einfallende Licht, um mit dem Tag-Nacht-Rhythmus unserer Umgebung in Einklang zu bleiben. Spezielle Zellen in der Netzhaut der Augen sind darauf ausgelegt, aus dem einfallenden Licht wichtige Informationen über die Tageszeit zu gewinnen und diese Infos an die innere Uhr im Gehirn weiterzuleiten. Es ist also vor allem deine tägliche Dosis an Tageslicht, die deinen Körper in Einklang mit deiner Umwelt hält. So kann die Uhr die Prozesse so steuern, dass du am Abend müde wirst und am Tag, wenn es hell ist, bist du wach und aktiv (Rémi, 2019).

Die Wirkung von natürlichem Licht

Alles schön und gut wirst du sagen. Aber wie viel Tageslicht brauche ich denn nun, damit die innere Uhr optimal funktioniert? Wie viel Tageslicht genau ausreichend ist, das wissen die Forschenden auch noch nicht. Aber wir wissen, dass man es braucht und dass mehr auf jeden Fall besser ist als zu wenig. Um zu verstehen, was Tageslicht für einen Unterschied für dich machen kann, stell dir doch mal zwei Kinder vor.

Toni ist sehr gerne draußen, spielt gerne Fußball oder fährt mit dem Fahrrad. Heute, am Sonntag, ist Toni mit den Eltern in den Bergen beim Wandern. Toni liebt es, aktiv zu sein und die frische Luft zu genießen. Egal wie das Wetter gerade ist – im Grunde genommen gibt es doch gar kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung.

Bild 3: Toni geht gerne draußen wandern. Während Robin gerade in ein spannendes Buch vertieft ist.Bild 3: Toni geht gerne draußen wandern. Während Robin gerade in ein spannendes Buch vertieft ist.

Robin ist da ein bisschen anders. Robin liest viel lieber ein spannendes Buch. Manchmal, wenn die Sonne schön scheint, setzt sich Robin dafür raus auf die Terrasse. Aber das muss auch nicht immer sein. Lesen lässt es sich auch prima im Zimmer. Am besten in dem bequemen Sessel, den Robin letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt bekommen hat. So richtig aktiv sein ist eher nicht Robins Ding. Daher verbringt Robin den Sonntag mit einem Lieblingsbuch, einer Decke und warmen Kakao im Sessel sitzend.

Kannst du dir Toni und Robin vorstellen? Eigentlich sind doch bestimmt beide ganz zufrieden. Nun stell dir die beiden aber noch in folgender Situation vor: Es ist Montag, 7:30 Uhr. Und was steht da an? Genau! Jetzt aber schnell in die Schule, sonst kommt noch jemand zu spät. Also alles zusammenpacken und nichts wie los.

Toni springt direkt auf das Fahrrad und düst los. In nur ein paar Minuten ist Toni auch schon da und rauscht noch vor dem Gong ins Klassenzimmer. Toni fühlt sich super, wach und voller Energie. Heute wird ein Tag zum Bäume ausreißen!

Robin stürmt, nachdem er erst kurz vor knapp aufgestanden ist (er konnte am Vorabend mal wieder nicht gut einschlafen), aus der Haustür und erwischt gerade noch den Bus. Puh – das war knapp! Aber im Bus kann Robin sich dann auch erst mal wieder entspannen. Der Bus hält nämlich pünktlich vor der Schule. Richtig fit ist er aber noch nicht – in seinem Kopf hängt der Schlaf noch richtig fest, wie so ein bisschen Nebel. Daher verstreichen noch ein paar Minuten, bis Robin auch mit dem Kopf im Unterricht angekommen ist und sich darauf konzentrieren kann.

Was denkst du, warum ist Robin vielleicht müder als Toni? Sie mussten doch beide gleich früh aufstehen, um in die Schule zu kommen. Natürlich kann nicht jeder Mensch ein Morgenmensch sein. Aber selbst wenn Toni genauso wenig ein Morgenmensch ist wie Robin, hat Toni vermutlich in der Nacht vorher mehr und besser geschlafen. Und warum? Weil am Tag davor beim Wandern richtig viel Tageslicht in Tonis Augen gefallen ist. Auch Robin hat natürlich die Augen offen gehabt, doch die Dosis Tageslicht, die man in Gebäuden abbekommt, ist viel kleiner, als wenn man draußen unter freiem Himmel ist – sogar, wenn es bewölkt ist und man es als gar nicht so hell empfindet! Die Beleuchtung im Zimmer von Robin ist daher in keiner Weise mit dem natürlichen Licht vergleichbar, das Toni draußen beim Wandern abbekommen hat. Was macht diese unterschiedliche Dosis denn nun mit Toni und Robin? Hat Toni davon Vorteile?

Naja… erstmal ist Tonis innere Uhr so besser auf seine Umwelt abgestimmt, dafür sorgt das viele Tageslicht. Das ist wichtig, damit alle Körperprozesse auch zur richtigen Zeit ablaufen können. Dazu kommt, dass natürliches Tageslicht auch eine positive Wirkung auf die Schlafdauer und - qualität hat. Zum Beispiel führt viel Tageslicht dazu, dass man abends früher müde wird. Das ist natürlich besonders dann wichtig, wenn die Schule früh beginnt. Denn wenn man früher müde wird und ins Bett geht, bekommt man auch bei den frühen Schulzeiten mehr Schlaf. Außerdem konnten Forschende zeigen, dass man abends müder ist, schneller einschläft und insgesamt besser schläft.

Der positive Effekt von natürlichem Tageslicht auf den Schlaf (z. B. Oswald et al., 2020) wird in unserem Szenario zusätzlich noch unterstützt durch die Bewegung, die Toni am Sonntag erlebt hat. Denn Bewegung hat ganz ähnliche Effekte auf den Schlaf: sie kann dabei helfen, dass man länger und besser schläft (Kredlow et al., 2015). Während Toni beim Wandern war und sich so den ganzen Tag lang bewegt hat, saß Robin fast die ganze Zeit in dem bequemen Sessel und hat den Tag mit Lesen verbracht. Das könnte die Effekte des fehlenden Tageslichts auf den Schlaf noch verstärkt haben.

Die Wirkung von künstlichem Licht

Leider lässt sich die biologische Uhr allerdings auch leicht verwirren, denn sie weiß ja nicht, woher das Licht kommt. Und abendliches Licht durch Glühbirnen, Lampen oder Geräte, also künstliches Licht, kann der inneren Uhr so zum Beispiel signalisieren „Hey, es ist Tag und noch nicht Zeit zu schlafen“ – auch wenn es eigentlich längst Zeit wäre, ins Bett zu gehen. Häufig hört man in diesem Zusammenhang vom sogenannten „blauen Licht“.

Das ist manchmal ein bisschen verwirrend, denn es muss nicht unbedingt richtig blau aussehen. Daher ist es umso wichtiger zu wissen, was Quellen dieses blauen Lichts sein können: zum Beispiel Bildschirme in Handys, Tablets, oder auch in manchen E-Readern. Wer sich kurz vor dem Schlafengehen noch solchem Licht aussetzt, erfährt oft negative Auswirkungen auf den Schlaf: man wird später müde wird und schläft später ein – und dadurch letztlich auch oft insgesamt kürzer. In manchen Studien haben sich die ProbandInnen am Morgen danach auch weniger ausgeruht gefühlt. Daher solltest du versuchen, am Abend ab ungefähr einer Stunde vor dem Schlafengehen keine Bildschirme mehr zu benutzen und wenn, nur mit eingeschaltetem Nachtmodus. Aber es gibt ja auch viele schöne Alternativen: du kannst das Buch lesen, was du schon lange lesen wolltest, etwas malen oder in deinem Tagebuch schreiben. Oder du entspannst dich bei einer warmen Dusche und nimmst dir einfach Zeit für etwas anderes, was dir guttut. Übrigens: eine gute Dosis Tageslicht ist so ein starkes Tag-Signal, dass die innere Uhr sich dann auch weniger leicht durch künstliches Licht am Abend verwirren lässt (Hébert et al., 2002).

Bild 4: Handys, Tablets & Co gehören eigentlich nicht mit ins Bett.

Puh… jetzt hast du ganz schön viel zum Thema Schlaf und Licht gelernt, oder? Weißt du was, wenn es nicht zu spät ist, dann schnell nochmal raus mit dir! Und wenn du dann später zurückkommst und dich fragst, wie du Tageslicht und Bewegung für deinen Schlaf nutzen kannst, dann lies doch unten noch die Box durch. Da haben wir ein paar Tipps gesammelt.

Bild 5: Tipps zur Verbesserung deines Schlafs mit Licht, Dunkelheit und der richtigen Zeit.Bild 5: Tipps zur Verbesserung deines Schlafs mit Licht, Dunkelheit und der richtigen Zeit.

 

*In Klammern werden die AutorInnennamen angegeben, die zu diesem Thema schon geforscht haben, z. B. so: Cohen et al., 2009. Das bedeutet, dass jemand namens Cohen im Jahr 2009 mit Anderen dazu geforscht hat. Diese Vorarbeiten findet ihr ganz unten, am Ende des Artikels, ausgelistet.

Literaturverzeichnis

Cohen, S., Doyle, W. J., Alper, C. M., Janicki-Deverts, D., & Turner, R. B. (2009). Sleep habits and susceptibility to the common cold. Arch Intern Med, 169(1), 62-67. https://doi.org/10.1001/archinternmed.2008.505

Hébert, M., Martin, S. K., Lee, C., & Eastman, C. I. (2002). The effects of prior light history on the suppression of melatonin by light in humans. J Pineal Res, 33(4), 198-203. https://doi.org/10.1034/j.1600-079x.2002.01885.x

Kredlow, M. A., Capozzoli, M. C., Hearon, B. A., Calkins, A. W., & Otto, M. W. (2015). The effects of physical activity on sleep: a meta-analytic review. J Behav Med, 38(3), 427-449. https://doi.org/10.1007/s10865-015-9617-6

Oswald, T. K., Rumbold, A. R., Kedzior, S. G. E., & Moore, V. M. (2020). Psychological impacts of “screen time” and “green time” for children and adolescents: A systematic scoping review. PloS one, 15(9), e0237725. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0237725

Rémi, J. (2019). Chronobiologie. Somnologie, 23(4), 299-312. https://doi.org/10.1007/s11818-019-00232-w

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