Die Vielfältigkeit und Relevanz von Altersstereotypen

Alte Menschen sind konservativ, unflexibel und langsam. Oder sind sie aktiv, engagiert und liebevoll? Oder beides? Jeder von uns hat Vorstellungen vom Altsein und von der Gruppe der alten Menschen. Diese Vorstellungen, auch Altersstereotype genannt, sind vielfältig und können sich auf unterschiedliche Eigenschaften und Lebensbereiche beziehen. Altersstereotype unterscheiden sich jedoch von Vorstellungen über andere soziale Gruppen, wie z.B. Menschen anderer Hautfarbe oder anderen Geschlechts, da wir selbst altern und somit irgendwann dieser Gruppe angehören. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit den verschiedenen Facetten von Altersstereotypen und deren Relevanz für unsere Entwicklung über die Lebensspanne.

Altersstereotype und ihre Folgen für Verhalten

Begegnen wir Menschen im täglichen Leben oder sehen wir Bilder von Personen im Fernsehen und in der Zeitung, so fällt ein Charakteristikum meistens ziemlich schnell ins Auge: das Alter. Wenn wir anhand grauer Haare, faltiger Haut oder des Kleidungsstils erkennen, dass jemand zur Gruppe der älteren Menschen gehört, kommen uns automatisch weitere Eigenschaften in den Sinn, die wir typischerweise mit älteren Menschen verbinden (z.B. konservativ, langsam, erfahren, gelassen). Diese individuellen und gesellschaftlichen Vorstellungen werden als Altersstereotype bezeichnet. Sie können sich auf alte Menschen oder auf den Zustand des Altseins beziehen (Eigenschaftszuschreibungen), sie können aber auch Veränderungen bezeichnen, die mit dem Prozess des Älterwerdens verbunden werden (sog. Alternsstereotype, z.B. Nachlassen des Hörvermögens; Wurm & Huxhold, 2010).

Stereotype über ältere Menschen entwickeln sich schon in der frühen Kindheit (durch die Darstellung alter Menschen in Märchen oder im Fernsehen, aber auch durch eigene Erfahrungen, zum Beispiel mit den Großeltern). Wie alle Stereotype haben auch Altersstereotype durchaus eine wichtige Funktion für unser Zusammenleben. So können wir unsere Erwartungen bzgl. des Umgangs mit alten Menschen zunächst an diesen allgemeinen Vorstellungen ausrichten und müssen nicht jeden einzelnen Menschen zuerst ganz genau kennen lernen, um zu wissen, mit welchen Eigenschaften, Chancen und Problemen wir zu rechnen haben.

Diese generellen Vorstellungen, die wir vom Älterwerden und alten Menschen haben, wirken sich auf unser Verhalten aus: Sehen wir im Bus eine ältere Person, machen wir ihr den Sitzplatz frei, denn ältere Menschen sind ja körperlich gebrechlich; wollen wir einen guten Ratschlag, gehen wir zu unserer Großmutter, denn im Alter hat man ja viel Lebenserfahrung und ist vielleicht sogar weise. Allerdings können sich solche Vorstellungen und die damit verbundenen Handlungen auch negativ auswirken. Ein Personalchef wird vielleicht den 55-jährigen Bewerber nicht einstellen, weil er glaubt, dass ältere Menschen nicht mehr schnell und produktiv arbeiten können (s. auch Bittner & Wippich, 2011). Selbst gut gemeinte Unterstützungsangebote, z.B. von Pflegekräften, können negative Folgen haben, wenn sie mangelnde Fähigkeit und Hilflosigkeit auf Seiten der alten Person unterstellen und als Bevormundung wahrgenommen werden (z.B. durch einen Sprachstil, der an Kindersprache erinnert oder durch stellvertretende Erledigung von Aufgaben und die Verstärkung von Unselbständigkeit; Baltes & Wahl, 1992). Eine solche „Bevormundung“ älterer Menschen lässt sich auch im Alltag immer wieder entdecken (s. Abbildung 1), z.B. wenn Warnschilder für Autofahrer aufgestellt werden, auf denen ältere Menschen wie ABC-Schützen dargestellt werden.

Solche Handlungen, die unter bestimmten Bedingungen (z.B. wenig Zeit zum reflektierten Nachdenken; geringe Motivation, nicht durch das Stereotyp geleitet zu handeln) durch Stereotype ausgelöst bzw. verstärkt werden, können Ältere benachteiligen und sogar zu Altersdiskriminierung führen (Rothermund & Mayer, 2009). Hierbei spielt vor allem eine Rolle, dass Altersstereotype in vielen Fällen eher negative Eigenschaften und Vorstellungen beinhalten (Kite, Stockdale, Whitley & Johnson, 2005). Das Wissen um solche „Bilder vom Alter(n)“ ist demnach für die psychologische Forschung in vielerlei Hinsicht interessant.

Die Vielfältigkeit von Altersstereotypen

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Auch wenn Vorstellungen von alten Menschen eher negativ ausgeprägt sind, so hängt es dennoch von der spezifischen Situation ab, welche Facette des Altersstereotyps jeweils aktiviert wird. Steht z.B. eine junge hinter einer älteren Person am Fahrkartenautomat, denkt die junge Person vielleicht, dass Ältere von Technik eher weniger verstehen und wird möglicherweise mit Ungeduld reagieren. Unterhält sich eine junge Person dagegen mit älteren Personen über die Nachkriegszeit, so wird sie ihnen wahrscheinlich Expertise aufgrund von Erfahrung zuschreiben und interessiert zuhören. Vorstellungen von alten Menschen sind also vielfältig und variabel.

In experimentellen Studien kann man zeigen, dass nicht alle Inhalte des Altersstereotyps gleichzeitig aktiviert werden, also verfügbar sind und bei Bedarf schnell abgerufen werden können. Statt dessen werden jeweils nur die Elemente des Stereotyps aktiviert, die inhaltlich zur jeweiligen Situation passen (Casper, Rothermund & Wentura, 2011). Zeigt man Versuchsteilnehmern z.B. Bilder, auf denen eine alte Person abgebildet ist und gibt ihnen anschließend die Aufgabe, zu entscheiden, ob es sich bei einer dargebotenen Buchstabenabfolge um ein Wort oder ein sinnloses Nicht-Wort handelt, wird das Wort „langsam“ bei der Entscheidung „Wort oder Nichtwort?“ schneller als Wort identifiziert als wenn vorher das Bild einer jungen Person präsentiert wurde. Die Verknüpfung von „alter Person“ und „langsam“ führt also dazu, dass das Wort „langsam“ voraktiviert ist und schneller erkannt wird. Interessanterweise tritt diese Aktivierung des Stereotyps jedoch nur dann auf, wenn ein dazu passender Kontext gezeigt wird (z.B. „Alte Person“ und „überquert die Straße“). Zeigt man das Bild der alten Person dagegen zusammen mit dem Satz „gießt die Blumen“, so wird „langsam“ nicht schneller erkannt. Man kann also davon ausgehen, dass der Zusammenhang zwischen „Alte Person“ und „langsam“ im Gegensatz zum ersten Beispiel hier nicht aktiviert wurde.

Dass Altersstereotype vielfältig und mehrdimensional sind, hat auch unmittelbare praktische Relevanz. So werden etwa ältere Bewerber(innen) nur dann bei der Einstellung benachteiligt, wenn das Unternehmen als „dynamisch“ beschrieben wird, nicht jedoch, wenn sich die Ausschreibung auf ein „stabiles, traditionelles“ Unternehmen bezieht (Diekman & Hiernisey, 2007). Offenbar werden je nach Situation andere Merkmale des Altersstereotyps aktiviert (im Beispiel: unflexibel vs. zuverlässig), die dann jeweils spezifische Verhaltensweisen nach sich ziehen.

Die Kontextabhängigkeit von Altersstereotypen beeinflusst auch die Wahrnehmung und Bewertung alter Menschen in unterschiedlichen Lebensbereichen. Für den beruflichen Bereich werden zum Beispiel andere Eigenschaften mit älteren Menschen in Verbindung gebracht als im gesundheitlichen Bereich oder bei der Freizeitgestaltung. Diese Eigenschaften ziehen zudem im jeweiligen Kontext positive oder negative Bewertungen nach sich. So denkt man vielleicht bei älteren Menschen im Hinblick auf den Bereich Arbeit daran, dass sie mit der Leistung Jüngerer nicht mehr mithalten können, während diese Eigenschaft z.B. im Bereich Freizeitgestaltung keine Rolle spielt. Hier könnte eher von Bedeutung sein, dass man denkt, dass ältere Menschen viel Zeit haben und man daher in diesem Lebensbereich zu einer anderen Einschätzung Älterer kommt. Dies untersuchten wir mithilfe eines eigens entwickelten Fragebogens zu Altersstereotypen in verschiedenen Lebensbereichen (Kornadt & Rothermund, 2011). „Alte Menschen“ sollten in verschiedenen Lebensbereichen jeweils zwischen positiven und negativen Aussagen, die verschiedene Stereotype beschrieben, eingeordnet werden (z.B. für den Bereich Familie und Partnerschaft: „Alte Menschen sind einsam und allein. – Alte Menschen sind geborgen und eingebunden.“). Es zeigte sich, dass z.B. in den Bereichen Familie und Religion die Einordnungen eher in Richtung der positiven Statements gingen, alte Menschen werden also familienbezogen und religiös eingeschätzt. Eher negativ fielen die Bewertungen dagegen in den Bereichen Gesundheit und Freizeit aus, sie werden als eher körperlich unfit und wenig engagiert eingeschätzt.

Bilder von alten Menschen und dem Alter(n) - und von uns selbst?!

„Bilder vom Alter(n)“ weisen eine Besonderheit auf, die sie von anderen Stereotypen unterscheidet: Sie bilden sich in jüngeren Jahren heraus und sind zunächst auf eine Personengruppe gerichtet, der wir selbst nicht angehören. Der Unterschied zu anderen Stereotypen – etwa von Männern und Frauen oder dunkel- und hellhäutigen Menschen – ist jedoch, dass man im Laufe seines Lebens selbst zu einem Mitglied der Gruppe der Alten wird: Wir alle werden älter und sind auch irgendwann „alt“ (s. Abbildung 2: „Die Alternden sind nicht nur die Alten, die Alternden sind wir alle“). Was bedeutet dieser Wechsel nun für eine ältere Person? Sie könnte sich einerseits von den Inhalten des Altersstereotyps abgrenzen und diese sogar zu einer Aufwertung der eigenen Person im Vergleich zu den negativ bewerteten Altersgenossen(innen), einem sogenannten Abwärtsvergleich, nutzen. Hat man zum Beispiel das Stereotyp, dass alte Menschen sehr vergesslich sind und vergleicht seine eigene Gedächtnisleistung damit, so kann man zu dem Schluss kommen, dass man sich selbst für sein Alter noch sehr gut Sachen merken kann. Solche Abwärtsvergleiche können tatsächlich dazu führen, dass man sich selbst im Alter positiver bewertet. In einer Studie von Pinquart (2002) wurden ältere Personen mit negativen Stereotypen konfrontiert und mussten danach sich selbst und die Gruppe der „Älteren“ bewerten. Die Konfrontation mit den negativen Stereotypen führte dazu, dass die Bewertung der Gruppe der Älteren negativer wurde, sich selbst schätzten die Teilnehmer jedoch positiver ein. Allerdings ist diese Selbstaufwertung möglicherweise auf bestimmte Situationen beschränkt, nämlich wenn man direkt zum Vergleich mit dem Stereotyp aufgefordert wird und man sich gleichzeitig aber selbst noch nicht unbedingt zur Gruppe der „Alten“ zugehörig fühlt (Rothermund, 2005).

Irgendwann im Laufe des Lebens sind die Zeichen des Alters allerdings zu deutlich und es wird immer schwieriger, sich aus der Gruppe der „Alten“ auszuschließen. In dieser Situation kommt es zu einer Anwendung von Stereotypen auf die eigene Person, was als Selbststereotypisierung bezeichnet wird. Diese Vorstellungen vom eigenen Alter und Altern können dann als Alters- Selbststereotype bezeichnet werden. Die Folgen von Selbststereotypisierung können gravierend sein. Beispielsweise kann die Darbietung von Altersstereotypen und ihre Anwendung auf die eigene Person zu einer schlechteren Gedächtnisleistung führen (Levy, 1996). In Längsschnittstudien zeigte sich zudem, dass ältere Personen, die zum ersten Befragungszeitpunkt negative Altersstereotype berichteten, einige Jahre später ein deutlich schlechteres, dem Altersstereotyp ähnlicheres Selbstbild hatten; das Altersstereotyp wurde also im Verlauf der Zeit internalisiert (Rothermund & Brandstädter, 2003).

Dies hat nicht nur Konsequenzen für das Selbstbild, sondern auch für das Wohlbefinden Älterer. So führen negative Altersstereotype z.B. zu mehr Depressivität im Alter (Rothermund, 2005). Aber auch das Verhalten älterer Menschen wird durch diese Vorstellungen geprägt. Ältere Menschen mit positiveren Alters-Selbststereotypen zeigen beispielsweise eine gesündere Lebensweise (mehr körperliche Betätigung; Wurm, Tomasik & Tesch-Römer, 2010). Vor diesem Hintergrund kann man auch die vielbeachteten Befunde aus der Arbeitsgruppe um Becca Levy einordnen, die zeigen, dass Menschen mit positiven Alters-Selbststereotypen länger leben (Levy, Slade, Kunkel & Kasl, 2002) und weniger gesundheitliche Beschwerden haben (Levy, Hausdorff, Hencke & Wei, 2000) als solche mit negativen. Dieser Einfluss lässt sich zudem nicht erklären durch generellen Optimismus oder die Überzeugung, dass man die erwarteten Veränderungen kontrollieren kann (Wurm, Tesch-Römer & Tomasik, 2007). Insgesamt lässt sich also gut bestätigen, dass Bilder des Alterns, die wir in jungen Jahren aufbauen, sich auf die eigene Entwicklung im Alter auswirken können.

Kann man Altersstereotype ändern? Oder ändern sie sich von selbst?

elderly pedestrians crossing von zappowbang via flickr (https://www.flickr.com/photos/zappowbang/1445330332/in/photolist-3cHGmu-Ktht6-5kgoGn-Ktcus), cc (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)

Betrachtet man die Verbreitung von Altersstereotypen und ihren Einfluss, den sie auf unser Verhalten gegenüber älteren Menschen und uns selbst haben, stellt sich die Frage, wie man als Person und als Gesellschaft reagieren soll. Kann und sollte man negative Vorstellungen vom Alter ändern? Auf den ersten Blick erscheint es vielleicht wünschenswert, dass wir alle möglichst positive Altersstereotype haben, die sich dann positiv auf unser Verhalten gegenüber anderen und uns selbst auswirken. Allerdings können auch übermäßig positive Vorstellungen zu negativen Reaktionen gegenüber Älteren führen - gerade wenn diese einem solchen Altersstereotyp nicht entsprechen. Auch für die Älteren selbst kann es schwierig sein, mit den gesellschaftlichen Erwartungen an ein gesundes, selbstbestimmtes, aktives Alter mitzuhalten, so dass auch hier wieder negative Effekte für den Selbstwert entstehen können. Von daher wäre es auch falsch, die negativen Seiten des Alter(n)s völlig auszublenden. Vor diesem Hintergrund plädieren wir für eine differenzierte Sicht alter Menschen, die sowohl positive als auch negative Aspekte des Alterns enthält und somit ein realistisches Bild vom Alterungsprozess zeichnet (Rothermund & Mayer, 2009). Vor allem aber ist auf die Erfahrungsunterschiede hinzuweisen, die für das Leben älterer Menschen in verschiedenen Lebensbereichen charakteristisch sind sowie auf die Unterschiedlichkeit, die auch innerhalb dieser Lebensbereiche zwischen verschiedenen älteren Menschen besteht. Diese Sichtweise öffnet den Blick sowohl für die Chancen einer positiven Entwicklung im Alter als auch dafür, welche Probleme im Alter auftauchen können. Zudem können so Diskriminierung in unterschiedlichen Bereichen sowie mögliche soziale Ungleichheiten in der altersbedingten Entwicklung (z.B. Unterschiede zwischen ärmeren und reicheren Menschen, oder Männern und Frauen bezüglich altersbedingter Veränderungen) identifiziert werden.

Wodurch aber verändern sich Vorstellungen vom Alter(n) bzw. wie lassen sie sich verändern? Ein wesentlicher Faktor für die Veränderung von Altersstereotypen sind die persönlichen Erfahrungen, die im Laufe des Lebens zum Thema Alter gesammelt werden. Dies können sowohl eigene Erfahrungen mit dem Älterwerden sein, als auch Erfahrungen, die man bei nahestehenden Personen beobachtet, die alt sind oder werden. Zudem zeigen Forschungsarbeiten, dass die Vorstellungen, die man von sich selbst als altem Menschen hat, auch auf das generelle Altersstereotyp abfärben (Rothermund & Brandtstädter, 2003). Erlebe ich also mein eigenes Altern als etwas positives, kann man auch davon ausgehen, dass ich alte Menschen positiver bewerte. Es wirken also beide Mechanismen, sowohl Selbststereotypisierung als auch eine Übernahme von Erfahrungen in mein Stereotyp von alten Menschen.

Mit Sicherheit ist davon auszugehen, dass auch die Darstellung älterer Menschen in den Medien einen wichtigen Einfluss auf unsere Altersstereotype nimmt (zum Überblick s. etwa Mayer, Lukas & Rothermund, 2005). Insbesondere Schilderungen von Einzelschicksalen wirken sich besonders nachhaltig auf unsere Sicht von Mitgliedern sozialer Gruppen, also z.B. „den Alten“ aus. Allerdings werden Personen, die dem bisherigen Stereotyp widersprechen, eher als Ausnahme betrachtet, während Einzelfälle, die das Stereotyp in extremer Weise erfüllen, zu einer Bestätigung des Stereotyps beitragen (Dolderer, Mummendey & Rothermund, 2009). So lässt sich erklären, dass Altersstereotype trotz vielfältiger Gegenbeispiele sehr hartnäckig in unserem Denken verankert bleiben. Dennoch kommt der Darstellung alter Menschen in den Medien eine Schlüsselstellung bei der Veränderung gesellschaftlicher Altersstereotype zu. Eine erhöhte Präsenz von Informationen über alte Menschen, ihre Lebenssituationen, Wünsche und Fähigkeiten in der Öffentlichkeit kann erheblich dazu beitragen, ein differenzierteres und realistischeres Bild älterer Menschen in unseren Köpfen zu verankern.

Zusammenfassung und Fazit

Vorstellungen die man vom Alter(n) und alten Menschen hat, wirken sich auf unsere Wahrnehmung von – sowie unser Verhalten gegenüber alten Menschen aus. Sie haben zudem einen Einfluss darauf, wie wir selbst alt werden, da sie im Laufe der Lebensspanne internalisiert werden. Allerdings sind Altersstereotype nicht eindimensional negativ, sondern können sich je nach Kontext und Lebensbereich unterscheiden. Eine Differenzierung von Altersstereotypen, die dem tatsächlichen Facettenreichtum des Alter(n)s gerecht wird, stellt dabei ein erstrebenswertes Ziel dar. Die Erforschung von Altersstereotypen, von ihrer Veränderbarkeit und ihren Auswirkungen auf die Entwicklung im höheren Lebensalter, ist gerade vor dem Hintergrund der demographischen Altersentwicklung und der daraus entstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen ein spannendes Thema (nicht nur) für die psychologische Forschung.

Literaturverzeichnis

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