Mehr als reine Ideologie: Der Einfluss von Stereotypen in politischen Verhandlungen

Stellen Sie sich Angela Merkel in einer Verhandlung mit Nordeuropäischen Führungspersönlichkeiten vor, alle sind Männer. Jetzt stellen Sie sich vor wie sie mit Südeuropäischen Repräsentanten über finanzielle Abhilfe diskutiert. In der ersten Situation ist es wahrscheinlicher, dass sie als Frau wahrgenommen wird; in der zweiten eher als Nordeuropäische Politikerin. Dieser Artikel untersucht wie der Kontext die Wahrnehmung und das Verhalten von Verhandlungen beeinflusst.

Wenn Politiker verhandeln, könnten sie versucht sein anzunehmen, dass ihre politische Haltung (z.B. konservativ, sozial, liberal) die einzige Grundlage für ihr Verhalten darstellt. Es ist natürlich richtig, dass das Wissen über die politische Orientierung einer Person auch Informationen liefert, welche Position diese Person höchstwahrscheinlich in einer Verhandlung vertreten würde: Ob sie prinzipiell für oder gegen Abtreibung ist oder ob sie ein nationales Gesundheitssystem präferiert, etc. Auf internationaler Ebene, wie zum Beispiel im Europäischen Rat, ist neben der politischen Orientierung auch die Nationalität von zentraler Bedeutung. Hier vertreten Verhandlungsparteien ihre Meinung nicht nur auf der Grundlage ihrer politischen Gesinnung, sondern auch auf der Grundlage ihrer Nationalität. Offensichtlich bestimmen also ideologische und geostrategische Aspekte die Interessen am Verhandlungstisch. Es ist daher wenig überraschend, dass deutsche, griechische, oder zypriotische Staats- und Regierungschefs sehr unterschiedliche Auffassungen darüber haben, wie der europäische Haushalt verteilt werden soll, wenn man die unterschiedlichen ökonomischen Umstände bedenkt. Abgesehen von diesen offensichtlichen Einflussfaktoren, wird jedoch das Verhalten von Verhandlungsparteien auch auf subtilere Art und Weise determiniert: Im Folgenden soll erläutert werden, welchen Einfluss Stereotype auf das Verhalten und Erleben von Verhandlungsparteien haben.

Bild 1: Bei genauerer Betrachtung kann eine Person einer Vielzahl an unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werdenBild 1: Bei genauerer Betrachtung kann eine Person einer Vielzahl an unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden

Bei genauerer Betrachtung kann eine Person einer Vielzahl an unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden. Zum Beispiel lässt sich eine 63 Jahre alte, deutsche, konservative Politikerin auf vier verschiedene Arten betrachten: Anhand ihres Alters, ihrer Nationalität, ihres Geschlechts und ihrer politische Haltung. Jede dieser Gruppenmitgliedschaften ist mit unterschiedlichen Eigenschaften assoziiert. Deutsche werden von anderen Europäern allgemein als rationale, intelligente, pünktliche, gleichzeitig aber auch als eher kalte und eher unfreundliche Personen wahrgenommen (Cuddy, Fiske, Kwan, Glick, Demoulin, Leyens, et al., 2009). Frauen hingegen werden üblicherweise als warmherzig, freundlich und tendenziell als weniger kompetent und rational als Männer angesehen (Glick & Fiske, 1999). Derartige Merkmalszuschreibungen, die Menschen gegenüber Mitgliedern bestimmter Gruppen vornehmen, werden als Stereotype bezeichnet. Sie stellen alle Merkmale, Eigenschaften und Charakteristika dar, von denen angenommen wird, dass Mitglieder einer Gruppe sie miteinander teilen. Im genannten Beispiel der deutschen Politikerin sind die Eigenschaften, die Menschen dieser Person zuschreiben, abhängig davon, aus welcher Perspektive die Person betrachtet wird (z.B. als Frau oder als Deutsche). Die Art und Weise, mit der wir eine Person betrachten (stereotypisieren), ist bedingt durch die jeweilige Gruppe oder Kategorie, die in diesem Moment aktiviert (geistig gegenwärtig) wird. Interessanterweise gestehen sich Menschen nur widerwillig ein, wie stark Stereotype ihre Urteile und Handlungen beeinträchtigen (obwohl dieser Einfluss unumstritten ist). Tatsächlich wirken Stereotype auch meist sehr subtil, häufig ohne dass Menschen dieser Einfluss richtig bewusst wird.

Einige Stereotype können sehr spezifisch sein. So werden beispielsweise Frauen in Verhandlungssituationen oft als nachgiebiger eingeschätzt als Männer (Kray et al., 2001). Oder Konservative werden üblicherweise als Bild 2: Einige Stereotype können sehr spezifisch sein. So werden beispielsweise Frauen in Verhandlungssituationen oft als nachgiebiger eingeschätzt als MännerBild 2: Einige Stereotype können sehr spezifisch sein. So werden beispielsweise Frauen in Verhandlungssituationen oft als nachgiebiger eingeschätzt als Männerdominanter eingeschätzt als Liberale (Roberts, Griffin, McOwan, & Johnston, 2011). Es gibt jedoch auch Stereotype die sehr allgemein und umfassend sind. Wenn Menschen andere Personen beurteilen, dann tun sie dies auf zwei sehr grundlegenden Dimensionen. Zum einen versuchen sie die allgemeine Kompetenz der Person zu bewerten; zum anderen versuchen sie ihre soziale Zugänglichkeit (Soziabilität) einzuschätzen. Diese Einschätzungen werden sowohl für Gruppen als auch für Individuen vorgenommen. Das Stereotype Content Model von Susan Fiske und Kollegen (2002) dient der Vorhersage von Stereotypen und wurde dazu entwickelt, den Zusammenhang zwischen den Dimensionen „Kompetenz“ und „Soziabilität“ einerseits, und der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen andererseits, zu erfassen. Zunächst gibt es einige Gruppen, die einen hohen gesellschaftlichen Status genießen, während andere Gruppen eher dominiert und benachteiligt werden. Gerade der Status einer Gruppe bestimmt, inwiefern Kompetenz- Stereotype dieser Gruppe zugeschrieben werden. Insbesondere Gruppen, die einen hohen gesellschaftlichen Status genießen, werden als sehr kompetent wahrgenommen, Gruppen mit einem niedrigen Status hingegen als eher inkompetent. Der zweite wichtige Faktor ist die wahrgenommene Kompetition zwischen den Gruppen. Wenn Menschen andere Gruppen als kompetitiv wahrnehmen, tendieren sie auch dazu, die Mitglieder dieser Gruppe als kalt und wenig sozial zu stereotypisieren: Umgekehrt werden andere Gruppen als warm und sozial eingeschätzt, wenn die Kompetition mit dieser Gruppe eher gering ist.

Im Folgenden sollen Faktoren beschrieben werden, die zur Aktivierung einer bestimmten Kategorie in einer bestimmten Situation führen. Bezogen auf das oben genannte, konkrete Beispiel: Wodurch wird bestimmt, dass unsere deutsche Politikerin manchmal als Deutsche und manchmal als Frau wahrgenommen wird?

Aktivierung sozialer Kategorien

Ob eine verhandelnde Person in Abhängigkeit ihres Alters, Geschlechts, ihrer Rasse, Nationalität oder politischen Zugehörigkeit wahrgenommen wird, ist primär eine Frage des Kontextes. Die erste Determinante, die die Aktivierung der Kategorien beeinflusst, ist die wahrgenommene Übereinstimmung einer Kategorie mit der gegebenen Umwelt (der soziale Kontext). Wenn die wahrgenommene Übereinstimmung hoch ist (d.h. wenn es einen großen „Fit“ zwischen sozialer Kategorie und sozialem Kontext gibt), erhält die soziale Kategorie in der betreffenden Situation eine große Relevanz. Verhandeln beispielsweise Politiker im europäischen Parlament, so ist anzunehmen, dass ihre Zugehörigkeit zu ideologischen (z.B. politisches Lager der Konservativen) oder nationalen Gruppen (z.B. Gruppe der Deutschen) stärker aktiviert wird als die Zugehörigkeit zu anderen, kontextunabhängigen Gruppen (z.B. Gruppe der älteren Menschen, unterschiedliche Geschlechter oder unterschiedliche sexueller Orientierung).

Obwohl der soziale Fit, d.h. die wahrgenommene Übereinstimmung zwischen Kategorie und Kontext, eine sehr zentrale Rolle spielt, ist dieser soziale Fit nicht die einzige Determinante, die die Wahrnehmung einer Gruppenzugehörigkeit beeinflusst. Eine weitere Determinante ist die Salienz der sozialen Kategorie. Die „Salienz“ einer Kategorie beschreibt die Sichtbarkeit bzw. Auffälligkeit einer Gruppe in einem bestimmten sozialen Kontexten. Bei einer Mehrparteienverhandlung, in der alle Parteien aus Europa kommen und nur eine Partei aus einem arabischen Land, macht der Einzelstatus der arabischen Partei ihre kulturelle Identität besonders salient. Eine solche Salienz erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Verhandlungsparteien die Situation durch eine arabische versus europäische „Brille“ betrachten (Mitchell, Nosek, & Banaji, 2003).

Eine dritte bedeutsame Determinante ist das Ausmaß in dem das Mitglied einer sozialen Kategorie als typischer Vertreter der betrachteten Gruppe wahrgenommen wird. Ein typisches Mitglied einer sozialen Kategorie zu sein bedeutet, dass die Person so wahrgenommen wird, als hätte sie alle Eigenschaften und Merkmale, die für gewöhnlich mit der Gruppe assoziiert werden. Ein gutaussehender italienischer Politiker, umringt von schönen Frauen, wird eher als Italian Lover wahrgenommen, als ein seriöser Politiker, weil sein Aussehen und Verhalten eher dem Stereotyp des Italieners entsprechen. Daneben kann die Wahrnehmung von charakteristischen Merkmalen vom Verhalten der Person abhängig sein. In einer bedeutsamen Studie zeigten Macrae, Bodenhausen und Milne (1995), dass Menschen eine asiatische Frau eher als Frau kategorisierten, wenn sie sie dabei beobachteten, wie sie sich schminkte, jedoch eher als Asiatin, wenn sie sahen, wie sie mit Stäbchen aß. Ein ähnlicher Einfluss zeigt sich im Verhandlungsprozess. So wird einer Frau, die einen Rock trägt und ihre weiblichen Eigenschaften hervorhebt (z.B. durch Verwendung von Make-up) eher mit dem Geschlechterstereotyp begegnet als eine Frau, die Hosen trägt und auch sonst nicht in einer besonders femininen Art und Weise auftritt.

Schließlich spielen noch persönliche Merkmale der Verhandlungsparteien selbst eine zentrale Rolle bei der Aktivierung von stereotypen Gedächtnisinhalten (z.B. die Annahme dass eine bestimmte soziale Kategorie ein wichtiger Aspekt der eigenen Identität ist oder die positive oder negative Sichtweise auf andere Gruppen; Hugenberg & Bodenhausen, 2004).

Eine zentrale Folge der sozialen Kategorisierung ist, dass durch diesen Prozess eine Reihe von Überzeugungen aktiviert werden, die ihrerseits durch Stereotype beeinflusst sind. In den folgenden Abschnitten soll der Einfluss von Stereotypen in Verhandlungen auf drei Ebenen betrachtet werden. (1) Zunächst werden wir erläutern, wie Stereotype über die Gegenpartei den eigenen Zugang zur Verhandlung beeinflussen. (2) Zweitens soll betrachtet werden, wie Verhandlungsparteien auf eine Gegenpartei reagieren, die nicht den Stereotypen der jeweiligen Gruppe entspricht. (3) Schließlich wollen wir zeigen, dass Stereotype auch die Verhandlungsparteien selbst beeinflussen. So haben Stereotype, die wir von uns selbst haben entscheidende Konsequenzen für unser Verhalten am Verhandlungstisch -- möglicherweise sogar mehr als Stereotype über die Gegenpartei.

Die Wahrnehmung der Gegenpartei

Vor fast 20 Jahren führten Ayres und Siegelman (1995) eine bedeutsame Studie durch, in der sie den Einfluss von Stereotypen auf die Angebote von Autohändlern gegenüber hell- versus dunkelhäutigen, bzw. weiblichen versus männlichen Kunden untersuchten. Die Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass hellhäutige, männliche Kunden bereits zu Beginn der Verhandlung im Vorteil sind. In Verhandlungen mit dunkelhäutigen männlichen Kunden schlugen die Autohändler dreimal höhere Profite für sich heraus als in Verhandlungen mit hellhäutigen, männlichen Kunden.

In einer anderen Studie variierten Demoulin und Teixeira (2010) die Gruppenzugehörigkeit der Gegenpartei. So wurden Gruppen mit hohem versus niedrigem gesellschaftlichen Status und Gruppen mit hoher versus niedriger kompetitiver Neigung verglichen. Die Ergebnisse waren im Einklang mit den Annahmen des Modells von Fiske und Kollegen: Mitgliedern der Gruppe mit hohem Status wurde eine hohe Kompetenz zugeschrieben, während diejenigen, die einer kooperativen Gruppe angehörten als warm und sozial wahrgenommen wurden. Diese Beurteilungen hatten einen starken Einfluss darauf, wie die Parteien eine bevorstehende Verhandlung angingen. Insbesondere das Urteil über die Kompetenz beeinflusste die Einschätzung der Limits der Gegenpartei (das Ergebnis, an dem die Partei den Abbruch der Verhandlung einer Fortsetzung vorzieht). Darüber hinaus zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der gegnerischen Soziabilität und der Tendenz die eigenen und gegnerischen Interessen im völligen Widerspruch zu sehen. Diese Tendenz, die eigenen und gegnerischen Interessen als völlig unvereinbar anzusehen, wird als Nullsummen-Annahme bezeichnet.

Kommen wir auf unser Beispiel der deutschen Politikerin zurück: Angesichts der beschriebenen Befunde kann sich diese Politikerin in Abhängigkeit ihrer Verhandlungsziele strategisch überlegen, welche ihrer eigenen Gruppen bzw. Identitäten sie in der Verhandlung in den Vordergrund stellen möchte. Wenn sie der Gegenpartei vermitteln will, dass die Interessen beider Parteien nicht zu weit voneinander entfernt liegen, kann sie ihre Soziabilität in den Vordergrund stellen, indem sie sich als Frau präsentiert. Umgekehrt kann sie auch ihre deutsche Identität hervorheben, um hierdurch der Gegenpartei zu signalisieren wie kompetent sie ist.

Vorhersagekraft von Stereotypen für das eigene Verhalten

Zusätzlich zu ihrer beschreibenden Funktion haben Stereotype auch eine richtungsgebende Komponente: Sie beschreiben nicht nur wie Menschen sind, sie geben auch Informationen darüber wie sie sein und sich verhalten sollten. Beispielsweise werden Frauen in Verhandlungen in der Regel als warmherziger, wenn auch womöglich als weniger kompetent wahrgenommen. Männer hingegen werden als kompetenter eingeschätzt, wobei Ihnen die Freundlichkeit fehlt, die üblicherweise Frauen zugeschrieben wird. Was passiert also, wenn sich eine Person entgegen des erwarteten Stereotyps verhält? Bowles, Babcock und Lai (2007) konfrontierten Verhandlungsführer mit Frauen, die sich in Verhandlungen aggressiv verhielten: Diese aggressiven Frauen lösten bei ihrem Gegenüber mehr negative Reaktionen aus als nicht-aggressive Frauen. Darüber hinaus erzielten aggressive Frauen am Ende des Verhandlungsprozesses geringere individuelle Profite. Interessanterweise verschwand dieser Effekt, wenn die weiblichen Parteien vor der Verhandlung betonten, dass ihr aggressives Verhalten durch Sorge um andere Personen, die sie in der Verhandlungssituation vertraten, motiviert war (und nicht durch reines Eigeninteresse). Diese zusätzliche Erklärung für das eigene Verhalten half den weiblichen Verhandlungsparteien die negative Wirkung der nicht zum Stereotyp passenden Aggression auszugleichen.

Zusammenfassend legen diese Ergebnisse nahe, dass es für Politikerinnen, mehr als für Politiker von Vorteil ist, zu betonen, dass sie im Namen anderer Menschen verhandeln, insbesondere dann, wenn sie eine Verhandlung kompetitiv führen.

Der Einfluss von Stereotypen auf die eigene Person

Neben dem Einfluss auf die Wahrnehmung der Gegenpartei, haben Stereotype auch einen großen Einfluss darauf, wie die Parteien sich selbst sehen und dann handeln. In zwei Studien untersuchten Demoulin und Teixeira (under review) das Selbstverständnis weiblicher Verhandlungsparteien im Sinne allgemein gängiger Geschlechterstereotype. So wurde erfasst, inwieweit die Probandinnen sich selbst als sozialer denn kompetenter wahrnahmen. Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen, die sich selbst stereotyp-passend (hoch sozial & weniger kompetent) beschrieben, ihre eigene Machtposition in der Verhandlung geringer einschätzten. Zudem strengten diese Frauen sich weniger an und waren nachgiebiger in ihren Positionen. Am Ende erzielten sie in der Verhandlung schlechtere Ergebnisse, als diejenigen, die sich selbst als stereotyp-unpassende Frauen beschrieben (Demoulin & Teixeira, under review).

Andere Wissenschaftler legten den Fokus ihrer Forschung auf spezifischere Stereotype. So zeigten Kray und Kollegen (2001), dass Frauen, sofern man sie an das eigene Geschlechterstereotyp erinnerte, geringere individuelle Gewinne erzielen als männliche Verhandlungsparteien. Die Autoren erklären diese Befund anhand der sogenannten „stereotypen Bedrohung“ (Steele & Aronson, 1995), welche besagt, dass Personen die sich einer bestimmten stereotypen Bewertung ausgesetzt sehen, befürchten diesem Stereotyp zu entsprechen (z.B. Frauen befürchten in Verhandlungen das Stereotyp einer geringeren Kompetenz zu bestätigen). Bedrohungen dieser Art führen dazu, dass die von Stereotypen bedrohte Person zusätzlichem Druck ausgesetzt ist, der letztlich zu Leistungseinbußen führt. Zwei weitere Studien von Kray und Kollegen, in denen Geschlechterstereotype in Verhandlungen subtil aktiviert wurden, bestätigen die Hypothese der Autoren. Interessanterweise führte eine explizite, nachdrückliche Erwähnung (im Vergleich zu einer Andeutung) des Stereotyps zu einer entgegengesetzten Reaktion bei den weiblichen Verhandlungsparteien. Die explizite Konfrontation mit dem Stereotyp war somit ausreichend, um die Verhandlungsleistung von Frauen zu verbessern.

Zusammenfassung

Jede Verhandlungspartei gehört verschiedenen sozialen Gruppen an, die wiederum mit bestimmten Stereotypen assoziiert sind. Die Zuordnung zu einer bestimmten Gruppe hängt im Wesentlichen vom sozialen KontextBild 3: Jede Verhandlungspartei gehört verschiedenen sozialen Gruppen an, die wiederum mit bestimmten Stereotypen assoziiert sindBild 3: Jede Verhandlungspartei gehört verschiedenen sozialen Gruppen an, die wiederum mit bestimmten Stereotypen assoziiert sind ab. Obwohl die Zugehörigkeit zu ideologischen Gruppen ein entscheidender Faktor in politischen Verhandlungen ist, sollten andere Gruppen (Nationalität, Geschlecht) auch nicht vernachlässigt werden. Viele der oben dargestellten Studien haben den Untersuchungsschwerpunkt auf geschlechtsspezifische Unterschiede in Verhandlungen gelegt. Im Vergleich zu anderen Gruppen gibt es de facto ein Übergewicht an Studien zu Geschlechtereffekten in Verhandlungen. Es lässt sich jedoch annehmen, dass zukünftige Forschungsarbeiten mit anderen sozialen Gruppen ähnliche Befunde hervorbringen wie die Forschungsarbeiten zu Wirkung von Geschlechter-Stereotypen, sofern diese Gruppen mit ähnlichen stereotypen Überzeugungen konfrontiert sind, wie dies für Männer und Frauen der Fall ist. Dies lässt sich erneut anhand eines Beispiels verdeutlichen: Italienern sollte mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine geringere Kompetenz (und höhere Soziabilität) unterstellt werden als Deutschen (siehe Cuddy et al. 2009): Diese Stereotype könnten wiederum enorme Auswirkungen auf politische Verhandlungen haben, die über ideologische oder geostrategische Überlegungen hinausgehen.

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