Der Verhandlungsbeginn – Wer startet, wann (nicht), und wie in eine Verhandlung?
Starte ich mit dem ersten Vorschlag in die Verhandlung? Oder lass ich lieber meinem Gegenüber den Vortritt? Wenn ich beginne, wie formuliere ich den ersten Vorschlag und welchen Risiken bin ich als agierende oder reagierende Partei ausgesetzt? Forscher und Praktiker diskutieren gleichermaßen darüber, ob man eine Verhandlung beginnen sollte oder lieber nicht. Wir stellen im folgenden Beitrag Studien vor, die den Beginn einer Verhandlung genauer unter die Lupe nehmen. Diese Forschung erläutert, wann man versuchen sollte, den ersten Verhandlungsvorschlag zu formulieren und wann eher nicht, wie man in eine Verhandlung einsteigen sollte und womit man sich vor eventuellen Risiken zu Verhandlungsbeginn schützen kann.
Zu Beginn einer Verhandlung wird der Grundstein für den weiteren Erfolg gelegt. Zumindest legt die psychologische Verhandlungsforschung den Schluss nahe, dass der erste Vorschlag großen Einfluss auf die Qualität der Verhandlungsergebnisse ausübt. Wir gehen in diesem Beitrag der Frage nach, wie das Verhalten zu Verhandlungsbeginn den weiteren Verlauf und die individuell erzielten Ergebnisse beeinflusst.
Nehmen wir beispielsweise eine Verhandlung, die sich um den Verkauf eines VW Sciroccos dreht (Erstzulassung 2008; 80.000 km). Die Verkäuferin kann diese Verhandlung mit einer vergleichsweise hohen Einstiegsforderung von 16.000 € oder mit einem niedrigeren Verkaufspreis von 14.000 € beginnen. Alternativ kann sie den Einstiegspreis auch präziser wählen und beispielsweise 16.250 € oder 13.880 € fordern. Schließlich bleibt der Verkäuferin die Option, dem Käufer den Vortritt beim Verhandlungsbeginn zu lassen; sie würde den Käufer dann um ein ersten Angebot für den Scirocco bitten. Jede dieser skizzierten Alternativen hat spezifische Auswirkungen auf den anschließenden Verhandlungsverlauf und auch auf den endgültigen Verkaufspreis. Im Folgenden werden diese Alternativen und ihre Wirkung auf die weitere Verhandlung dargestellt.
Ankereffekte
In Verhandlungen fungieren erste Vorschläge dann als sogenannte „Anker“, wenn die im ersten Vorschlag enthaltenen Informationen den Verhandlungsverlauf und das resultierende Ergebnis systematisch beeinflussen. Insbesondere die Höhe der ersten Preisforderung wirkt als Anker: Je höher der von Verkäufern genannte Einstiegspreis (z. B. 16.000 € vs. 14.000 €), desto höher liegt gewöhnlich auch der Verkaufspreis zu Verhandlungsende. Umgekehrt gilt: Je niedriger Käufer einsteigen, desto geringer fällt der endgültige Kaufpreis aus.
Generell liegt ein solcher Ankereffekt immer dann vor, wenn das Urteil einer Person systematisch durch eine zusätzliche numerische Information beeinflusst wird (Tversky & Kahneman, 1974). In einer der ersten Ankerstudien wurden Personen beispielsweise gebeten ein Glücksrad zu drehen, welches so manipuliert war, dass es entweder die Zahl 10 oder die Zahl 65 anzeigte. Anschließend sollten dieselben Personen den prozentuellen Anteil afrikanischer Staaten in der UN schätzen. Obwohl es sich bei der durch das Glücksrad ermittelten Zahl um eine (aus Sicht der ProbandInnen) zufällige Zahl handelte, verzerrte diese Information das anschließende Urteil erheblich – nach Drehen der Zahl 10 (vs. 65) schätzten Personen den Anteil afrikanischer UN Staaten auf 25% (vs. 45%). Die willkürliche numerische Information – der Anker – beeinflusst also die urteilende Person, deren Schätzung in Richtung des Ankers verzerrt wird.
Der verzerrende Einfluss von Ankern ist ein häufiges, weit verbreitetes Phänomen und nicht etwa auf das Urteil von unwissenden Laien oder naiven TeilnehmerInnen im Labor beschränkt. Auch die Urteile von Experten mit langjähriger Berufserfahrung können durch Anker systematisch verzerrt sein. Beispielsweise korrigierten sowohl Makler mit 10 Jahren Berufserfahrung bei der Wertschätzung einer Immobilie (Northcraft & Neale, 1987), als auch Richter mit 10-15 Jahren Berufserfahrung in der Höhe der Strafbemessung (Englich, Mussweiler, & Strack, 2006) ihr Urteil nur unzureichend um den Einfluss einer willkürlich präsentierten Zahl. Folglich verzerrten hohe Anker die Schätzung der Makler (und Richter) systematisch und führten zu höheren Preisschätzungen einer Immobilie (bzw. angesetzten Strafmaßen).
Ankereffekte in Verhandlungen
Auf Verhandlungen übertragen konnte entsprechend gezeigt werden, dass auch erste Vorschläge als Anker fungieren können. Startet in unserem Eingangsbeispiel die Verkäuferin die Verhandlung und nennt als ersten Preis 16.000 €, so „verankert“ dieser Wert den Käufer.
Dieser richtet sein Gegenangebot unbewusst an der Einstiegsforderung aus. Auch in Verhandlungen gilt hierbei: Je ambitionierter der erste Vorschlag – bildhaft gesprochen: je weiter der Anker geworfen wird – desto höher der endgültige Profit, den die beginnende Partei erzielt. Ein weit geworfener Anker (z. B. ein Einstiegspreis von 16.000 €) sollte für Verkäufer zu besseren Verhandlungsergebnissen führen als ein näher platzierter Anker (Preis von nur 14.000 €). Diese Annahme konnten Galinsky und Mussweiler (2001) in mehreren Studien belegen. In Verkaufsverhandlungen wurden am Ende umso höhere Preise erzielt, je höher Verkäufer den Preis in ihren ersten Vorschlägen wählten. Startet hingegen der Käufer, wirken wiederum niedrigere erste Angebote als Anker und führen zu niedrigeren Kaufpreisen.
Solche Ankereffekte können dann verstärkt auftreten, wenn vor Verhandlungsbeginn ein ausreichend großer Verhandlungsspielraum besteht. So lassen sich beim Kauf eines Neuwagens angesichts öffentlich zugänglicher Preislisten und wenig Spielraum vermutlich geringere Ankereffekte finden – der adäquate Einigungspreis ist schlicht zu offensichtlich. Hingegen haben erste Angebote beim (Ver-)Kauf von Gebrauchtwagen, Immobilien, oder auch in Gehaltsverhandlungen ein größeres Ankerpotential, da hier womöglich ein größerer Verhandlungsspielraum vorliegt. Im Fall des Gebrauchtwagens sind sich Käufer und Verkäufer beispielsweise vorab unsicher darüber, welche genauen Preisabschläge durch die Laufleistung, Gebrauchspuren oder das Alter des PKW zu veranschlagen sind. Der erste Vorschlag setzt dann einen Anker, welcher wiederum den weiteren Verhandlungsverlauf und das Ergebnis beeinflusst.
Zusammenfassend gilt, dass je ehrgeiziger ein erster Vorschlag gewählt wird – je weiter also der Anker geworfen wird –, desto vorteilhafter fällt für gewöhnlich das Verhandlungsergebnis für die beginnende Partei aus.
Eigenschaften von ersten Vorschlägen
Bisherige Forschung legt folglich den Schluss nahe, dass man versuchen sollte, den ersten Vorschlag zu unterbreiten, um sich den positiven Einfluss eines Ankers zu Nutze zu machen. Es schließt sich die Frage nach dem „Wie“ an: Beeinflusst allein die Höhe der ersten Vorschläge das Verhandlungsergebnis oder hat beispielsweise auch die Präzision des Angebots einen Einfluss? Macht es beispielsweise einen Unterschied, ob ein Verkäufer eine präzise Preisforderung stellt (z. B. 13.880 € für einen 2008er Scirocco) oder eher einen auf- bzw. abgerundet Vorschlag formuliert (z. B. ein gerundeter Preis von 14.000 €)? Aktuelle Forschung zeigt hierzu, dass nicht nur die örtliche Platzierung eines Ankers (die Höhe einer ersten Forderung) zählt, sondern auch die Form des Ankers (die Präzision der Forderung) dessen Wirkung erhöhen kann (vgl. Janiszewski & Uy, 2008; Loschelder, Stuppi, & Trötschel, 2013). „Spitze“ Anker – gemeint sind präzisere, genauere Vorschläge (13.880 € für den Scirocco) – wirken plausibler auf die empfangende Partei und suggerieren mehr Wissen auf Seiten des beginnenden Senders (Loschelder et al., 2013).
Folglich haben präzise erste Forderungen eine stärkere Ankerwirkung als (ge)runde(te) Vorschläge (14.000 €). So ergab beispielsweise eine Analyse der Verkaufspreise von knapp 13.000 Immobilien in den USA, dass Immobilien, die mit präzisen Preisen inseriert waren, für mehr Geld verkauft wurden als solche, deren Einstiegsangebote gerundet waren (Janiszewski & Uy, 2008). Bei der Ausgestaltung eines ersten Vorschlags sollte also ein möglichst selbstdienlicher und gleichzeitig präziser Anker gewählt werden.
Schutz vor Ankern
Wir widmen uns im Folgenden der Frage, was die reagierende Partei – der Empfänger eines verankernden Vorschlags – tun kann, um sich vor diesen Ankereffekten zu schützen. Welche Rüstung schützt erfolgreich vor dem Ankereinfluss eines ersten Angebots? Hierzu ist es hilfreich, kurz zum Wirkmechanismus von Ankern zurückzukehren. Zahlreiche Studien haben dabei gezeigt, dass Anker wirken, weil sie Anker-unterstützendes Wissen über den jeweiligen Gegenstand verfügbarer machen. Das heißt, beim Schätzen eines Autopreises führt beispielsweise ein schwerer Anker (16.000 €) dazu, dass Personen eher an solche Eigenschaften und Attribute denken, die mit teuren Autos assoziiert sind (z. B. teure Ausstattung, starker Motor; vgl. Mussweiler & Strack, 2000a). Dieser Mechanismus wird als selektive Zugänglichkeit bezeichnet. Informationen, die den Anker unterstützen, werden durch eine hohe erste Forderung präsenter. Beispielsweise war das Urteil von Automechanikern, die den Wert eines 87er Kadetts schätzen sollten, trotz 5-10 Jahren Berufserfahrung durch den Einstiegspreis verzerrt (Mussweiler, Strack, & Pfeiffer, 2000). Allerdings wirkte dieser verankernde Einstiegspreis weitaus schwächer, wenn die Mechaniker zunächst Argumente generieren sollten, die gegen den genannten Preis sprechen (Mussweiler et al., 2000). In unserem Eingangsbeispiel würde sich der Käufer also fragen, welche Argumente mit einem Preis von 16.000 € nicht einhergehen. Dieses Vorgehen führt dazu, dass jene Informationen über das Auto wieder präsenter (d.h. selektiv zugänglicher) werden, die gegen den hohen Anker sprechen (z. B. Kratzer am Kotflügel, hoher Spritverbrauch). Die verzerrende Wirkung des Einstiegspreises wird hierdurch entschärft, der hohe Anker wird nach unten relativiert (vgl. Mussweiler et al., 2000).
Als weiterer Schutzmechanismus sollte vor Verhandlungsbeginn eine intensive Recherche und Vorbereitung betrieben werden. In den meisten Verhandlungen sind einem die Ziele und Limits des Gegenübers vorab nicht bekannt; der genaue Verhandlungsspielraum ist nicht unmittelbar ersichtlich. Je stärker durch eine intensive Vorbereitung der Bereich einer angemessenen Einigung eingeschränkt werden kann, desto weniger stark fällt die verankernde Wirkung der ersten Forderung aus (vgl. Mussweiler & Strack, 2000b). Zur Verhandlungsvorbereitung sollte folglich einerseits das Hintergrundwissen über die Verhandlung durch ausgiebige Recherche maximiert werden. Andererseits sollte man vor Beginn der Verhandlung die eigenen Ziele und Limits genau ausformulieren, um sich vor der verankernden Wirkung des eintreffenden, ersten Angebots zu schützen (vgl. Galinsky & Mussweiler, 2001).
Schließlich kann die Einnahme der Perspektive des Gegenüber ein effektives Mittel sein, um die Wirkung eines Ankers zu entkräften. Perspektivenübernahme ist hierbei als strategisches Vorgehen gemeint, ähnlich wie bei einer Schachspielerin, die durch den taktischen Perspektivenwechsel ihren Gegenüber besiegen möchte (vgl. Trötschel, Hüffmeier, Loschelder, Schwartz, & Gollwitzer, 2011). Insbesondere der Fokus auf die beste Verhandlungsalternative (das sogenannte BATNA) und das Limit des Gegenübers, scheint hierbei den nachteiligen Einfluss von ankernden Erstvorschlägen zu reduzieren (Galinsky & Mussweiler, 2001). In unserem Eingangsbeispiel würde der Käufer also versuchen, sich Informationen über Angebote anderer Interessenten einzuholen oder bei Autohäusern anfragen, wie viel für ein entsprechendes Fahrzeug gezahlt würde. Mit Blick auf die durch Anker verursachte selektive Zugänglichkeit von bestimmten Informationen (ein hoher Anker rückt positive Attribute in den Fokus) ist auch bei der Perspektivenübernahme entscheidend, dass auf Anker-widersprechende Informationen (z. B. Limit des Gegenübers) geschaut wird (Galinsky & Mussweiler, 2001). Eine Interessent sollte sich folglich in die Rolle der Verkäuferin versetzen und sich fragen, wie viel diese wohl mindestens für den Wagen haben möchte und warum dies das Limit des Gegenübers ist.
Zusammenfassend empfiehlt sich zum Schutz vor Ankern (i) eine detaillierte Verhandlungsvorbereitung mit intensiver Hintergrund-Recherche und vorab definierten Zielen und Limits, (ii) die wiederholte Entwicklung von Anker-widersprechenden Argumenten während der Verhandlung, sowie (iii) die Einnahme der Perspektive des Gegenübers – insbesondere mit Blick auf dessen Limits und Alternativen.
Risiken und Nachteile von ersten Forderungen
Die bisher vorgestellte Forschung empfiehlt recht einstimmig, dass es sinnvoll ist, den ersten Vorschlag in einer Verhandlung zu unterbreiten, um so den Gegenüber zu „verankern“ und einen höheren individuellen Profit zu erzielen. Auch wenn zahlreiche Studien diesen Effekt zeigen, ist der Ratschlag unter bestimmten Umständen mit Vorsicht zu genießen. Diese Umstände sollen nun skizziert werden.
Zum einen können extreme Einstiegsforderungen das Risiko erhöhen, dass der Empfänger verärgert auf eine Forderung reagiert und die Verhandlung vorzeitig abbricht (Schweinsberg, Ku, Wang, & Pillutla, 2012). Es resultiert dann ein sogenannter Impasse, eine Nicht-Einigung, die mit größeren Nachteilen behaftet sein kann als eine erfolgreiche Transaktion mit niedrigerem Preis (vgl. Loschelder & Trötschel, 2010; Trötschel et al., 2011). Beginnt in dem Eingangsbeispiel die Verkäuferin mit einer Forderung von z. B. 20.000 € für den VW, ist die Chance groß, dass ein Interessent die Verhandlung frühzeitig abbricht.
In letzter Konsequenz bleibt die Verkäuferin auf dem Wagen sitzen und muss sich womöglich mit schlechteren Alternativen begnügen (z. B. Verkauf an ein Autohaus). Ankereffekte können also nur wirken, wenn der gewählte Einstiegspreis nicht so unrealistisch ist, dass er den Gegenüber verärgert und zu einem Verhandlungsabbruch führt.
Zum anderen hat sich bisherige Forschung fast ausschließlich auf Verhandlungen mit nur einem Gegenstand (z. B. Verkaufspreis) konzentriert. Jedoch sind Verhandlungen außerhalb des Labors häufig komplexer. So beinhaltet ein Auto-Neukauf beispielsweise auch die Verhandlung über Ausstattungsgüte, Finanzierungsmodelle, Inspektionen, Garantieverlängerungen oder es kommt ein zusätzlicher Satz Winterreifen ins Spiel. Dabei sind diese zusätzlichen Gegenstände den Parteien nicht notwendigerweise gleich wichtig. Es mag sein, dass der Verkäuferin eine vollständige Finanzierung in bar äußerst wichtig ist und eine verlängerte Garantiezeit keine großen Kosten bedeutet. Umgekehrt mag der Käufer stark an einer längeren Garantiezeit hängen, während ihm wiederum die Art der Finanzierung eher unwichtig ist. Es entsteht ein integratives Potential: Die Verlängerung der Garantie von zwei auf fünf Jahre, bei sofortiger Barfinanzierung ist in diesem Beispiel für beide Parteien lukrativer als ein Kompromiss auf 3,5 Garantiejahre bei 50%-Teilfinanzierung.
Nun übermittelt ein erster Vorschlag nicht nur den reinen Einstiegspreis sondern lässt häufig auch Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Interessen der beginnenden Partei zu (die Verkäuferin gewichtet Finanzierung stärker als Garantie, beim Käufer ist dies umgekehrt). Beispielsweise mag einer Verkäuferin aus dem ersten Angebot eines Käufers sofort klar werden, dass eine Barfinanzierung kein Problem sein wird, während die Garantiezeit für den Käufer entscheidend ist. Es entsteht aus dem ersten Vorschlag des Käufers ein Ungleichgewicht bezüglich der Hintergrundinformationen – allerdings zugunsten der Verkäuferin, die den ersten Vorschlag erhält. Aktuelle Forschung zeigt folglich, dass Empfänger von ersten Vorschlagen diesen Informationsvorteil nutzen können, um mehr Profit zu erzielen als die beginnende Partei (Loschelder, Swaab, Trötschel, & Galinsky, 2013). Aufgrund des aus dem ersten Angebot gezogenen Wissens zeigt sich die Verkäuferin beim für den Käufer wichtigen Thema Garantiezeit unnachgiebig und fordert für eventuelle Zugeständnisse sowohl eine sofortige Barfinanzierung, als auch einen Verkaufspreis, der die Kosten für die Garantieverlängerung bei Weitem übersteigt – sie nutzt also die aus dem ersten Angebot erhaltenen Informationen über die Bedeutsamkeit der Garantieverlängerung zu ihrem Vorteil und erzielt einen höheren individuellen Profit als der Käufer (vgl. Loschelder et al., 2013). Das vielfach gezeigte Ergebnis, dass ein Sender sich durch die verankernde Wirkung der ersten Forderung einen Vorteil verschafft, kehrt sich in diesem Fall um.
Fazit
Der erste Vorschlag in einer Verhandlung kann als Anker wirken. Insbesondere in Verhandlungen mit nur einem Gegenstand empfiehlt es sich also einen ehrgeizigen und gleichzeitig präzisen ersten Vorschlag zu unterbreiten. Um sich wiederum vor diesem robusten Ankereinfluss zu schützen, sollte vor Verhandlungsbeginn eine detaillierte Vorbereitung und Recherche betrieben, und während der Verhandlung die Perspektive des Gegenübers mit besonderem Blick auf dessen Limits eingenommen werden. Der Vorteil eines ersten Vorschlags ist zudem nicht immer gültig: Kommen zusätzliche Gegenstände ins Spiel und sind die Interessen des Gegenüber nicht bekannt, kann es durchaus vorteilhaft sein, dem Gegenüber den Vortritt zu lassen.
Literaturverzeichnis
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