„Gemeinsam sind wir stark“ – Über Nutzen und Schaden von Verhandlungen in Teams

Ob Förderpakete im Rahmen der griechischen Finanzkrise, Einigungsversuche zwischen Tarifvertragsparteien oder der Verkauf einer industriellen Großanlage – wenn der Ausgang einer Verhandlung von besonderer Bedeutung für die beteiligten Parteien und der Weg zur Einigung vermeintlich schwierig ist, werden in der Regel Teams zum Verhandlungstisch geschickt. Aber lässt sich dieses Vorgehen durch Leistungsdaten rechtfertigen? Verhandeln Teams also tatsächlich besser? Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit den nützlichen und schädlichen Effekten, die auftreten, wenn Verhandlungen zwischen Teams statt zwischen Einzelpersonen stattfinden.

Bild 1: Teamverhandlungen spielen eine wesentliche Rolle im politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschäft. Bild 1: Teamverhandlungen spielen eine wesentliche Rolle im politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschäft.

Sind Teams tatsächlich besser als Einzelpersonen in der Lage, komplexe Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen? Oder fühlen wir uns im Team einfach nur stärker als alleine? Teamverhandlungen spielen eine wesentliche Rolle im politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschäft. Manchmal folgt die Entsendung eines Verhandlungsteams inhaltlichen oder strukturellen Zwängen, z.B. wenn es unterschiedliche Interessensgruppen innerhalb einer Partei gibt, die an einer Verhandlung beteiligt werden sollen. Sehr häufig sind es jedoch Effektivitätsüberlegungen, die eine Organisation oder Gruppe dazu bringen, ein Team an den Verhandlungstisch zu schicken. Beispielsweise erwarteten Manager in einer Befragungsstudie (Bright & Parkin, 1998), dass Verhandlungsteams, ökonomisch wertvollere, langfristiger orientierte und strategisch bessere Verhandlungsergebnisse als Einzelpersonen erzielen. Im vorliegenden Beitrag wollen wir diese Erwartungen differenziert diskutieren. Zunächst geben wir dazu einen Überblick darüber, inwiefern und in welchem Ausmaß Teams in Verhandlungen tatsächlich einen Nutzen versprechen. Dies betrachten wir im Wesentlichen vor dem Hintergrund rein ökonomischer Verhandlungsergebnisse. Im zweiten Abschnitt diskutieren wir dann den Einfluss von Teamverhandlungen auf andere Aspekte, wie beispielsweise sozio-emotionale Verhandlungsergebnisse. Dabei wird deutlich, welche potenziellen Gefahren beim Einsatz von Teams in Verhandlungen zu berücksichtigen sind.

Finden Teams „bessere“ Verhandlungslösungen?

Bevor der Frage nachgegangen werden kann, ob Teams tatsächlich „bessere“ Verhandlungslösungen finden, ist es notwendig zu spezifizieren, was eine „gute“ Verhandlungslösung ausmacht. Dazu ist es hilfreich, zwischen zwei grundsätzlichen Typen von Verhandlungen zu unterscheiden. Bei so genannten distributiven Verhandlungen sind die Interessen der beteiligten Parteien gar nicht miteinander vereinbar und jeder Gewinn einer Partei in einer bestimmten Höhe verursacht automatisch einen gleich hohen Verlust der jeweils anderen Partei. Ein klassisches Beispiel dafür sind reine Preisverhandlungen, wie man sie in der Regel auf einem orientalischen Basar findet. Für jeden Euro, den der Verkäufer im Preis nachgibt, gewinnt der Käufer hier exakt einen Euro hinzu. Die Verhandlungsmasse, also der Unterschied zwischen der höchsten Zahlungsbereitschaft des Käufers und dem niedrigsten akzeptablen Verkaufspreis für den Verkäufer, hat eine feste, unveränderliche Größe und wird lediglich zwischen den beiden Verhandlungsparteien aufgeteilt („distribuiert“).

Auch wenn in der Wahrnehmung der meisten Menschen dieser Verhandlungstyp sehr präsent sein mag, lässt sich ein Großteil der geführten (professionellen) Verhandlungen dem Typ der integrativen Verhandlungen zuordnen. Bei diesem Verhandlungstyp steht der Umfang der Verhandlungsmasse, die es zu verteilen gibt, nicht im Voraus fest. Es geht also nicht mehr allein darum, den „Verhandlungskuchen“ zu verteilen, sondern zusätzlich kann dieser durch geschicktes Verhandeln vergrößert werden. So sind dann auch Lösungen möglich, die den Parteien bessere Ergebnisse sichern als reine Kompromisslösungen. Oft entsteht das „integrative Potenzial“ dadurch, dass den Parteien verschiedene Themen in Mehrthemenverhandlungen unterschiedlich wichtig sind. Das zugrundeliegende Prinzip wird anschaulich durch die Geschichte zweier Schwestern, die sich um eine Orange streiten (Follett, 1942). Aus der Sicht der Mutter wäre eine faire und naheliegende Lösung für die Schlichtung des Streits, die Orange in zwei gleich große Teile zu schneiden und jeder Tochter eine Hälfte zu überlassen. Ein Blick in die zugrundeliegenden Interessen beider Töchter offenbart jedoch eine objektiv überlegene Lösung (und das integrative Potenzial der Situation): Während eine Tochter einen Kuchen backen möchte und lediglich an der Schale der Orange interessiert ist, möchte die andere den Saft auspressen und trinken. Gibt die Mutter einer Tochter die gesamte Schale und der anderen den gesamten Saft, kann sie somit die Wünsche beider Töchter vollständig erfüllen. Dieses Beispiel verdeutlicht eindrücklich, wie durch die Aufteilung eines zuvor als unteilbar wahrgenommenen Verhandlungsthemas („Orange“) in zwei eigenständige Verhandlungsgegenstände („Saft“ und „Schale“) zusätzlicher potenzieller Verhandlungswert geschaffen werden kann. Diese beiden eigenständigen Verhandlungsgegenstände können nun entsprechend der Präferenzen der Verhandlungspartnerinnen so aufgeteilt werden, dass sie beiden mehr Nutzen bringen als die Kompromisslösung (eine Orangenhälfte).

Aus dieser Unterscheidung wird deutlich, dass die Einordnung einer Verhandlungslösung als (ökonomisch) „gut“ nur vor dem Hintergrund des zugrundeliegenden Verhandlungstyps erfolgen kann. Eine gutes integratives Verhandlungsergebnis zu erzielen bedeutet also, sich nicht nur einen großen Anteil der Verhandlungsmasse zu sichern, sondern lässt zudem möglichst wenig Geld (oder möglichst wenig ökonomischen Nutzen) ungenutzt auf dem Verhandlungstisch zurück. Häufig bleiben solche integrativen Verhandlungslösungen allerdings (teilweise) ungenutzt oder sogar unentdeckt. Denn zur Ausnutzung des integrativen Potenzials ist es notwendig, die genauen Interessen der jeweils anderen Partei zu verstehen.

Die aktuelle Erkenntnislage zur Effektivität von Verhandlungsteams in rein distributiven Verhandlungen ist leider begrenzt. Eine erste Studie zeigt jedoch, dass der Einsatz von Verhandlungsteams eher zu einer Erschwernis der Verhandlungen und zu einer Verlängerung der für eine Einigung benötigten Zeit zu führen scheint (Hüffmeier, Mazei, & Hertel, 2013).

Die eingangs zitierten Erwartungen der befragten Manager, dass Teamverhandlungen zu „besseren“ und strategisch günstigeren Verhandlungsergebnissen kommen, beziehen sich allerdings ohnehin eher auf integrative Verhandlungen. Um diese weithin anzutreffenden Erwartungen experimentell zu überprüfen, ließen Thompson, Peterson und Brodt (1996) Verhandlungsteams aus jeweils zwei Personen in integrativen Verhandlungssimulationen miteinander verhandeln und verglichen ihre Ergebnisse mit denen aus Verhandlungen zwischen zwei Einzelpersonen. Tatsächlich führten Verhandlungen zwischen diesen Teams in zwei Untersuchungen konsistent zu besseren (d.h., integrativeren) gemeinsamen Verhandlungsergebnissen als Verhandlungen zwischen Einzelpersonen.

Dieses grundsätzliche Befundmuster wurde von anderen Autoren erneut gezeigt, auch für Drei-Personen-Teams (Morgan & Tindale, 2002; Polzer, 1996). Während Polzer (1996) einen positiven Teameffekteffekt nur für relativ erfahrene Versuchspersonen (d.h., Versuchspersonen, die zuvor bereits an einem Verhandlungstraining teilgenommen hatten) finden konnte, bestätigten die Ergebnisse einer Untersuchung von Morgan und Tindale (2002) den zuvor gezeigten Teamvorteil in integrativen Verhandlungen ohne diese oder andere Einschränkungen.

Zusammengenommen zeigen die genannten Studien somit, dass Verhandlungen zwischen Teams, verglichen mit Verhandlungen zwischen Einzelpersonen, tatsächlich zu „besseren“, d.h. ökonomisch wertvolleren Verhandlungsergebnissen führen und somit weniger Geld ungenutzt auf dem Verhandlungstisch zurücklassen. Aber warum ist das so? Was machen Verhandlungsteams besser (oder anders) als Einzelpersonen?

Der bislang vorherrschende Erklärungsansatz für die beschriebenen Befunde geht davon aus, dass mit einer zunehmenden Anzahl an Teammitgliedern auch die Intensität der Informationsverarbeitung und die generelle Problemlösungskompetenz zunehmen. Dadurch stellen Teams bessere Fragen und verknüpfen die erhaltenen Informationsfragmente detaillierter und korrekter zu einer Vorstellung über die (meist nicht offen gelegten) Interessen der anderen Verhandlungspartei (vgl. Cohen & Thompson, 2011). Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Teams Einigungsvorschläge formulieren, bei denen die Interessen aller Parteien berücksichtigt werden und entsprechend das integrative Potenzial der jeweiligen Verhandlung ausgenutzt werden kann. Indirekte empirische Unterstützung für diesen Erklärungsansatz liefert die zweite Untersuchung von Thompson und Kollegen (1996): Sie ließen sowohl Teams als auch Einzelverhandler nach der Verhandlung einschätzen, wie wichtig der gegnerischen Verhandlungspartei die einzelnen Verhandlungsgegenstände in der durchgeführten Verhandlung waren. Teams schätzten die Interessen der anderen Partei akkurater ein als Einzelverhandler.

Teams scheinen demnach die besseren Verhandler zu sein, weil sie bessere Informationsgewinner und –verarbeiter sind als Einzelpersonen. Ist der Fall somit eindeutig zugunsten von Verhandlungsteams in integrativen Verhandlungen entschieden? Teams sind einfach die besseren Problemlöse

Um dies beantworten zu können, muss zunächst eindeutig geklärt werden, ob der beobachtete Teamvorteil in integrativen Verhandlungen tatsächlich darauf zurückzuführen ist, dass die höhere Anzahl an beteiligten Personen in Teamverhandlungen die Informationsgewinnung und –verarbeitung verbessert. Denn alternativ ist auch vorstellbar, dass dieser Teameffekt lediglich darauf beruht, dass in einer größeren Gruppe mit höherer Wahrscheinlichkeit ein besonders kompetenter Verhandler anwesend ist. Ist dieser kompetente Verhandler in der Lage, ein hinreichendes Maß an Informationsgewinnung und –verarbeitung zu etablieren, so mag davon die gesamte Verhandlung profitieren (das hieße, dass es also nicht die Anzahl der anwesenden Teammitglieder sondern der eine kompetente Verhandler wäre, der für hochwertige Verhandlungsergebnisse verantwortlich ist).

In Teamverhandlungen zwischen zwei dreiköpfigen Teams sind bspw. insgesamt sechs Verhandler anwesend, was im Vergleich zu einer Verhandlung zwischen zwei Einzelpersonen die Wahrscheinlichkeit dafür rechnerisch verdreifacht, dass zumindest ein kompetenter Verhandler anwesend ist. Zur Klärung der grundsätzlichen Frage, ob die verbesserte Informationsverarbeitung in Teamverhandlungen oder „lediglich“ die erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, einen besonders kompetenten Verhandler dabei zu haben, für die besseren Ergebnisse in Teamverhandlungen verantwortlich ist, führten wir eine umfangreiche, längsschnittliche Studie durch (vgl. Hüffmeier, Zerres, Freund, Trötschel, Backhaus & Hertel, 2013). Dafür verglichen wir die Verhandlungsergebnisse aus Teamverhandlungen mit sechs Personen mit den besten aus je drei Einzelverhandlungen (in drei Einzelverhandlungen mit je zwei Teilnehmern sind ebenfalls insgesamt sechs Teilnehmer aktiv). Um ungewollte Übungseffekte ausschließen zu können, bestanden beide Teilstichproben (Team- und Einzelverhandlungen) aus unterschiedlichen Versuchspersonen.

Mithilfe dieses Vorgehens, das die Anzahl der teilnehmenden Personen in Teamverhandlungen und Einzelverhandlungen rechnerisch vergleichbar macht, ist die Wahrscheinlichkeit in diesen beiden Verhandlungssituationen gleich hoch, dass ein besonders kompetenter Verhandler anwesend ist. Wären bei diesem Vergleich die Ergebnisse aus Teamverhandlungen besser als die aus den besten von je drei Einzelverhandlungen, wäre dies ein Beleg für Prozesse, die spezifisch für Teamverhandlungen sind, also bspw. besserer Informationsverarbeitung in Teamverhandlungen. Unterschieden sich die Ergebnisse hingegen nicht, wäre dies ein Beleg für die Erklärung, dass lediglich die höhere Wahrscheinlichkeit für die Präsenz eines besonders kompetenten Verhandlers verantwortlich für die in bisherigen Studien gefundenen Vorteile von Teamverhandlungen ist.

In unserer Studie konnten wir in drei verschiedenen, aufeinander folgenden Verhandlungen übereinstimmend nachweisen, dass der bislang gezeigte Vorteil von Verhandlungsteams wohl nicht auf die Informationsverarbeitungsprozesse in Teamverhandlungen zurückzuführen sind: Die von den Verhandlungsteams erreichten Verhandlungslösungen entsprachen lediglich dem Leistungslevel der besten von drei Bild 2: Die besseren integrativen Verhandlungsergebnisse von Teams entstehen lediglich durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Teilnahme eines besonders kompetenten Verhandlers und sind nicht auf „echte“ Teamvorteile zurückzuführen.Bild 2: Die besseren integrativen Verhandlungsergebnisse von Teams entstehen lediglich durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Teilnahme eines besonders kompetenten Verhandlers und sind nicht auf „echte“ Teamvorteile zurückzuführen.Einzelverhandlungen, also rechnerisch einem Niveau, dass jeweils das beste Teammitglied aus Verhandlungsteams auch alleine erreicht hätte (Hüffmeier et al., 2013). Die besseren integrativen Verhandlungsergebnisse von Teams entstehen somit lediglich durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Teilnahme eines besonders kompetenten Verhandlers in einer Teamverhandlung und sind nicht auf „echte“ Teamvorteile zurückzuführen.

Risiken und Nebenwirkungen von Verhandlungsteams

Auch wenn der Einsatz von Verhandlungsteams keine genuinen Teamvorteile mit sich bringen mag—zumindest das Problem der Unsicherheit bezüglich der Wahl des „besten“ Verhandlungsführers lässt sich durch die Entsendung eines Teams umgehen. Stellt die Entsendung eines Verhandlungsteams also eine „sichere Sache“ dar, sozusagen ein „Universalmedikament“ ohne Nebenwirkungen?

Um dies umfassend beurteilen zu können, muss zunächst die bis hierhin verwendete Perspektive einer kurzfristig orientierten und rein ökonomischen Betrachtung der Verhandlungsergebnisse um eine langfristig-beziehungsorientierte Sichtweise ergänzt werden. Denn der überwiegende Teil professioneller (und auch ein großer Teil privater) Verhandlungen findet in existierenden (Geschäfts-)Beziehungen statt. Nur wenige reale Verhandlungen sind einmalige Ereignisse, bei denen die Verhandlungspartner sicher sein können, kein zweites Mal mit dem aktuellen Gegenüber zu tun zu haben.

Wie also beeinflusst die Entsendung eines Verhandlungsteams solche „weichen“, beziehungsorientierten Faktoren? Zeigen Teams bspw. besondere Verhaltensweisen in Verhandlungen, die eine potenziell schädigende Wirkung auf die Beziehung zum Gegenüber haben? Diese Befürchtung lässt sich aus der umfassenden Forschungstradition zu sogenannten Gefangenen-Dilemma Spielen zwischen Gruppen ableiten. Dort zeigt sich über viele Einzelstudien hinweg, dass Gruppen generell seltener als Individuen miteinander kooperieren und sich auf Lösungen einlassen, die für beide Parteien zufriedenstellend sind. Stattdessen neigen Gruppen zu Strategien, die den eigenen Gewinn erhöhen, dabei jedoch eine wesentliche Verschlechterung des Ergebnisses der anderen Partei in Kauf nehmen. Diese Erkenntnis ist insofern bemerkenswert, als die einzelnen Gruppenmitglieder in ihren individuellen Entscheidungen zu deutlich mehr Kooperation neigen würden (interindividual-intergroup discontinuity effect, für einen Überblick siehe z.B. Wildschut, Pinter, Vevea, Insko & Schopler, 2003). Dieses prinzipiell größere Maß an kompetitivem Verhalten in Interaktionen zwischen Gruppen wird einerseits dadurch erklärt, dass Gruppen, angestachelt durch die Unterstützung der Gruppenmitglieder untereinander, ungebremster ihrem Eigeninteresse nachgehen. Andererseits wird von einer anderen Gruppe kompetitives Verhalten erwartet und die eigene Reaktion auf diese Erwartung besteht wiederum in nicht kooperativem Verhalten (vgl. z.B. Wildschut et al., 2003).

Basierend auf dem Befund, dass Gruppen in Situationen, in denen eine Wahl zwischen Kooperation und Kompetition besteht, zu kompetitiverem Verhalten neigen, ist es naheliegend anzunehmen, dass Verhandlungen zwischen Teams zu schlechteren sozio-emotionalen Verhandlungsergebnissen führen. So konnte Polzer (1996) erstmalig empirisch nachweisen, dass auch Teamverhandlungen durch reduzierte Kooperation und verstärkte Rivalität zwischen den Parteien geprägt sind und dass dies zu reduziertem Vertrauen zwischen den Parteien führt. Naquin und Kurtzberg (2009; siehe auch Hüffmeier, Mazei, & Hertel, 2013) gingen der Bild 3: Der Einsatz von Verhandlungsteams bringt jedoch auch die Gefahr von langfristigen negativen Konsequenzen für die Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien mit sich.Bild 3: Der Einsatz von Verhandlungsteams bringt jedoch auch die Gefahr von langfristigen negativen Konsequenzen für die Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien mit sich.Ursache für diesen Befund nach und konnten zeigen, dass das einem Team entgegengebrachte Vertrauen in einer Verhandlung äquivalent zu dem Vertrauen ist, das seinem am wenigsten vertrauenswürdigen Teammitglied entgegengebracht wird. Der Einsatz von Teams in Verhandlungen beeinflusst jedoch nicht nur die wechselseitigen Empfindungen während einer Verhandlung, sondern hat darüber hinaus auch nachhaltige Konsequenzen auf die zukünftige Beziehung zwischen den verhandelnden Parteien nach dieser Verhandlung. So bewerteten TeilnehmerInnen von Teamverhandlungen die Beziehung zum Gegenüber als signifikant schlechter im Vergleich mit TeilnehmerInnen von Verhandlungen zwischen Einzelpersonen (Zerres & Hüffmeier, 2011). Dieses Befundmuster erscheint insbesondere bemerkenswert, weil eine negativer bewertete Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien zu einer geringeren Bereitschaft zu zukünftigen Interaktionen führt (Curhan, Elfenbein, & Xu, 2006) und auch zu einer Verringerung der erzielten ökonomischen Ergebnisse in späteren Verhandlungen beiträgt (Curhan, Elfenbein, & Eisenkraft, 2010).

Ist die Beziehung zum Verhandlungspartner von Bedeutung, erscheint es somit ratsam, die Entsendung eines Verhandlungsteams gründlich abzuwägen. Ein Weg mit diesem Spannungsfeld umzugehen, liegt möglicherweise in der gezielten Beeinflussung des Teamverhaltens. Denn interessanterweise scheinen Teams zwei unterschiedliche Arten von Informationsaustausch stärker als Individuen einzusetzen: Einerseits ist dies spezifischer Informationsaustausch, also der Versuch durch gezielte Fragen nach den Interessen des Gegners das integrative Potenzial der Verhandlung aufzudecken. Diese Art von Informationsaustausch konnte als ein wesentlicher Treiber des ökonomischen Vorteils von Teams in integrativen Verhandlungen identifiziert werden (Hüffmeier et al., 2013; Thompson et al., 1996). Gleichzeitig verwenden Teams jedoch auch verstärkt heuristischen Informationsaustausch, bei dem zunächst eine Vielzahl von Angeboten formuliert wird. Durch die Beobachtung der Reaktionen auf diese Angebote versuchen die Verhandlungsteams dann, auf die Interessen der anderen Seite zu schließen. Anders als beim spezifischen Informationsaustausch konnte für diese indirekte Form des Informationsaustausches kein Einfluss auf die erzielte Integrativität der gefundenen Verhandlungslösung in Teamverhandlungen nachgewiesen werden. Stattdessen zeigt sie sich in starkem Maße verantwortlich für den schädigenden Effekt auf die Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien (Zerres & Hüffmeier, 2011).

Es liegt daher nahe zu vermuten, dass Teams durch geeignetes Training in der Lage sein sollten, ihr Verhalten so anzupassen, dass dieser unerwünschte Effekt auf die Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien in starkem Maße reduziert oder sogar verhindert werden kann. Untersucht oder gar nachgewiesen ist diese Möglichkeit allerdings bislang noch nicht. Übrigens: In den besonders erfolgreichen Verhandlungen zwischen Einzelpersonen (den besten aus je drei Verhandlungen zwischen Einzelpersonen, siehe oben) wurden dagegen keine schädigenden Effekte für die Beziehung zwischen den Parteien gefunden. Während die besten Einzelpersonen gleichwertige Verhandlungsergebnisse erzielten wie Verhandlungsteams, berichteten sie gleichzeitig eine durchgängig höhere Beziehungsqualität in der Verhandlung (Hüffmeier et al., 2013).

Fazit

Basierend auf Ergebnissen aus empirischen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass der Einsatz von Verhandlungsteams in integrativen Verhandlungen durch die größere Anzahl von beteiligten, möglicherweise kompetenten Verhandlern die Chancen auf ökonomisch „gute“ Verhandlungsergebnisse erhöht. Allerdings bringt ihr Einsatz gleichzeitig die Gefahr von langfristigen negativen Konsequenzen für die Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien mit sich. Zudem scheinen Verhandlungsteams Einigungen in distributiven Verhandlungen zu erschweren. Lassen sich (z. B. durch Erfahrung) besonders kompetente Verhandlungsführer ermitteln und sind keine unterschiedlichen Expertisen einzelner Teammitglieder für den Verhandlungserfolg erforderlich, so erscheint es im Hinblick auf die gleichzeitige Realisierung von ökonomischen und beziehungsbezogenen Zielen somit sinnvoll, auf beiden Seiten des Tisches mit Einzelpersonen zu verhandeln.

Glossar:

Distributive Verhandlung: Verhandlung, in der die Interessen der beteiligten Parteien nicht vereinbar sind. Jeder Zugewinn einer Partei bedeutet hier einen Verlust der anderen Partei in gleicher Höhe. Die Verhandlungsparteien teilen also lediglich die existierende Verhandlungsmasse unter sich auf. Die beste Lösung ist in diesen Verhandlungen somit immer eine Art von Kompromisslösung.

Integrative Verhandlung: Verhandlung, in der die Interessen der beteiligten Parteien zumindest zu einem gewissen Anteil vereinbar sind. Durch diese „Integration“ der Interessen kann es zu Verhandlungslösungen kommen, bei denen beide Parteien gegenüber einer bloßen Kompromisslösung „gewinnen“.

Integratives Potenzial: Ausmaß in dem Verhandlungslösungen existieren, bei denen beide Verhandlungsparteien gegenüber bloßen Kompromisslösungen „gewinnen“ können.

Ökonomische Verhandlungsergebnisse: Objektiver und bspw. in (Geld-)Wert oder anderen Nutzenwerten ausgedrückter Wert der Verhandlungsergebnisse.

Sozio-emotionale Verhandlungsergebnisse: Subjektive Wahrnehmungen als Resultat einer Verhandlung. Diese können z.B. die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis, die Zufriedenheit mit der eigenen Leistung, die Bewertung des Verhandlungsprozesses, die Bewertung der Beziehung mit dem Verhandlungspartner und die Bereitschaft, erneut mit diesem Verhandlungspartner zu verhandeln, umfassen (vgl. z.B. Curhan et al., 2006).

Teamverhandlungen: Verhandlungen, bei denen für jede Partei mindestens zwei Personen am Verhandlungstisch anwesend sind.

Literaturverzeichnis:

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