„Nachhaltigkeit? – Das ist mir zu komplex!“: Reduktion von Komplexität zur Unterstützung nachhaltiger Konsumentscheidungen

Neulich im Drogeriemarkt. Ich stehe vor dem Zahnbürstenregal und eine Holzzahnbürste fällt mir ins Auge. „Toll“, denke ich, „weniger Plastik“. Ich habe die Bürste schon in der Hand, da macht mich eine andere Kundin darauf aufmerksam, dass das Holz für diese Zahnbürste von Buchen aus der Schweiz stammt, welche eher langsam wachsen. Neben dieser Zahnbürste hängt ein Modell aus chinesischem Bambus. „Ist das nun besser?“ frage ich mich, „Bei den Transportwegen? Oder nehme ich doch einfach das günstige Plastikmodell?“

Individuelle Konsumentscheidungen sind für eine nachhaltige Entwicklung von zentraler Bedeutung. So macht es einen Unterschied, ob KonsumentInnen Produkte kaufen, deren Herstellung, Nutzung und Verwertung nachhaltig erfolgen oder nicht. Aber was ist unter nachhaltig zu verstehen? Klassischerweise werden verschiedene Dimensionen der Nachhaltigkeit unterschieden, nämlich soziale Nachhaltigkeit (z. B. faire Beschäftigungsbedingungen im Rahmen der gesamten Produktion), ökologische Nachhaltigkeit (z. B. die Verwendung nachwachsender Rohstoffe, erneuerbarer Energien oder der Verzicht auf umweltschädigende Stoffe) oder ökonomische Nachhaltigkeit (im Sinne von nachhaltigem Wirtschaften und auf Langfristigkeit ausgerichteten Prozessen). Hinzu kommen produktspezifische Themen wie Tierwohl, Produktionsort und Transportwege. Diese Vielzahl an Faktoren führt zu einer komplexen Konsumsituation: Wenn beispielsweise die Bio-Trauben im Supermarkt aus Südafrika kommen, der regionale Apfel 10 Monate eingelagert war, die Bio-Gurke nur in Plastik verpackt verkauft wird oder eben die Bambuszahnbürste aus China kommt, müssen VerbraucherInnen vielfältige Informationen zur Nachhaltigkeit eines Produktes gleichzeitig verarbeiten, einordnen und abwägen. Eine zu hohe Komplexität in der Einkaufssituation erschwert eine nachhaltige Konsumentscheidung (Buerke, 2016). Wenn es VerbraucherInnen im Umkehrschluss leichter fällt, ein nachhaltiges Produkt auf einen Blick zu erkennen oder Alternativen auszumachen, dann – so unsere Annahme – werden nachhaltige Konsumentscheidungen wahrscheinlicher.

Um die Komplexität von Konsumsituationen besser untersuchen zu können, unterscheiden wir zwei Perspektiven: die wahrgenommene Komplexität, also die subjektive Einschätzung der Kaufsituation als komplex, und die konzeptuelle Komplexität, welche die Zahl und Intensität von Einflussfaktoren beschreibt, die die Konsumsituation verkomplizieren (z. B. Kennzeichnungen, Steuervergünstigungen, die Anzahl der ausgewiesenen Inhaltsstoffe des Produktes oder die Anordnung im Regal). Die beiden Perspektiven sind nicht direkt voneinander abhängig: denn auch wenn die Kaufsituation eine hohe konzeptuelle Komplexität aufweist, können VerbraucherInnen die Konsumsituation in Bezug auf Nachhaltigkeit als nicht-komplex wahrnehmen.

Hier wollen wir der Frage nachgehen, warum Komplexität bei nachhaltigen Kaufentscheidungen eine besondere Rolle spielt. Dabei gehen wir auf Aspekte auf Seiten der Kaufsituation, auf Seiten des Individuums und auf politische Aspekte ein. Basierend auf einer ersten qualitativen Studie zu Komplexität und Nachhaltigkeit werden schließlich Maßnahmen zur Reduktion nachhaltigkeitsbezogener Komplexität für VerbraucherInnen diskutiert.

Komplexität nachhaltiger Konsumentscheidungen

Komplexe Einkaufssituationen

Komplexität wird als allgegenwärtiges Merkmal von individuellem Konsum bezeichnet (McGregor, 2017). Woran liegt das? Schweizer (2005) unterscheidet vier Aspekte, die zu einer Verwirrung der VerbraucherInnen führen können. Erstens die Vielfalt an Produkten in Einkaufssituationen: So gibt es eben meist nicht nur die eine Zahnbürste, sondern es stehen mehrere – mehr oder weniger nachhaltige - Modelle zur Auswahl. Zweitens die Komplexität der Produkte: Woher stammen zum Beispiel die einzelnen Inhaltsstoffe (wie das Holz der Zahnbürste)? Welche Eigenschaften hat das Produkt? Berücksichtigt man für alle Inhaltsstoffe eines Produktes alle Dimensionen der Nachhaltigkeit (z. B. soziale Standards in der Herstellung und ressourcenschonenden Transport), so wird eine nachhaltige Entscheidung schnell kompliziert. Drittens wird die Kaufsituation auch durch verschiedene externe Einflussfaktoren komplex, etwa durch Veränderungen im Laden (z. B. bei Umsortierungen), wenn zu viele (nachhaltigkeitsbezogene) Informationen zu einem Produkt am Regal gezeigt werden, Kennzeichnungen unklar sind (z. B. was heißt die lange Nummer auf einem Hühnerei?) oder Angaben widersprüchlich sind (z. B. eine Banane im Obstregal unter dem Schild „Gutes aus der Region“). Viertens stellen wahrgenommene Konflikte (z. B. Bio-Gemüse in Plastikverpackungen) einen zusätzlichen, die Komplexität erhöhenden Faktor dar.

Komplexe KonsumentInnen

Auch auf Seiten des Individuums lässt sich eine hohe Komplexität ausmachen. So wurden bereits unterschiedlichste Einflussfaktoren nachhaltiger Konsumentscheidungen aus psychologischer Perspektive untersucht. Dazu gehört zunächst das Problembewusstsein, also ein Bewusstsein für das Fehlen nachhaltiger Prozesse und Handlungen. Darüber hinaus hat auch die individuelle Umweltschutz- bzw. Nachhaltigkeitsmotivation eine wichtige Bedeutung für das Treffen nachhaltiger Konsumentscheidungen – auch wenn diese Entscheidungen beispielsweise mit mehr Aufwand verbunden sind (Otto & Wittenberg, 2018). Außerdem spielen rationale Faktoren eine zentrale Rolle. Im Rahmen der Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 1991) wird zum Beispiel angenommen, dass die Intention, sich nachhaltig zu verhalten („Ich nehme mir vor, nachhaltig einzukaufen!“), den stärksten Einfluss darauf hat, dass ein Verhalten tatsächlich gezeigt wird. Die Intention wird wiederum dadurch beeinflusst, ob eine Person eine positive Einstellung dem Verhalten gegenüber hat („Nachhaltigkeit find ich gut!“), ob sie wahrnimmt, dass andere Personen das Verhalten ebenfalls befürworten („Meine Freundin findet es total wichtig, dass ich nachhaltig einkaufe.“) und ob sie im Sinne der sogenannten „wahrgenommenen Verhaltenskontrolle“ selber auch die Möglichkeit haben, ein nachhaltiges Verhalten zu zeigen („Eigentlich ist es doch kein Problem für mich, morgens schnell auf dem Markt das Bio-Gemüse zu kaufen.“). Außerdem zeigt die Forschung, dass die eigenen Werte einen großen Einfluss auf nachhaltige Konsumentscheidungen haben, zum Beispiel ökologische und altruistische Werte, die bewirken, dass eine Person sich der Konsequenzen ihres Verhaltens stärker bewusst wird (Stern, 2000). Und schließlich beeinflussen auch Emotionen maßgeblich nachhaltige Konsumentscheidungen, zum Beispiel Stolz- oder Schuldgefühle hinsichtlich getroffener Konsumentscheidungen (z. B. Onwezen, Bartels & Antonides, 2014). Das Zusammenspiel dieser psychologischen Faktoren macht die Ausgangslage der einzelnen Person komplex und hat einen Einfluss auf die wahrgenommene Komplexität der Einkaufssituation.

In Abhängigkeit der psychologischen Faktoren kann die wahrgenommene Komplexität verschiedene negative Folgen bei KonsumentInnen hervorrufen. So kann beispielsweise kognitive Dissonanz - zu verstehen als eine Art innerer Konflikt - entstehen, wenn Widersprüche zwischen zwei Gedanken wahrgenommen werden (z. B. „Ich möchte Plastikverpackungen vermeiden“ vs. „Ich möchte Bio-Gurken kaufen“; Festinger, 1957). Als Folge dieser kognitiven Dissonanz tritt dann ein unangenehmer Gefühlszustand ein. Um diese negativen Gefühle zu reduzieren, kann eine Person die Dissonanz entweder ignorieren – oder aber eine bestehende Einstellung ändern, sodass sie zu den Gedanken und Wahrnehmungen passt. In einer komplexen Einkaufssituation kann das bedeuten, dass eine Person, die eigentlich von der Bedeutung einer nachhaltigen Produktalternative überzeugt ist, ihre Einstellung dazu ändert, wenn die Informationslage widersprüchlich und intransparent ist. Darüber hinaus kann Komplexität zu einer Überlastung mit Informationen führen (etwa mit zunehmender Anzahl an Entscheidungsalternativen oder Produkteigenschaften), welche wiederum eine Entscheidung erschwert. In der Folge werden oft Entscheidungsheuristiken eingesetzt. Heuristiken können auch als kognitive Daumenregeln bezeichnet werden. Diese vereinfachen zwar eine Entscheidung, ignorieren aber häufig zentrale Informationen, die zu einer genaueren Einschätzung geführt hätten (Gigerenzer & Gaissmaier, 2011). Beispielsweise kann eine Heuristik sein, sich bei Obst einfach immer für einen regionalen Apfel zu entscheiden, obwohl zu bestimmten Jahreszeiten Bananen aus Übersee eine bessere Umweltbilanz aufweisen.

Komplexe Steuerung und politische Maßnahmen

Um KonsumentInnen eine Orientierung in komplexen Konsumsituationen zu geben, versucht politische Steuerung, Informationen bereitzustellen (i.d.R. durch Produktlabels oder Siegel). Häufig gibt es jedoch viele unterschiedliche Siegel, z. B. „Regional“, „Bio“, „Fairtrade“ oder das neue „Tierwohl“-Label. Jedoch kann gerade diese zusätzliche Information die Kaufentscheidung sogar erschweren, weil häufig nur eine Dimension (soziale oder ökologische Nachhaltigkeit) angesprochen oder die Verlässlichkeit von Kennzeichnungen nicht auf einen Blick erkennbar ist. Daher stellt sich die Frage, wie politische Maßnahmen zur Reduktion von nachhaltigkeitsbezogener Komplexität gestaltet sein sollten, um KonsumentInnen bei ihren Entscheidungen zu unterstützen. In der Forschung werden Ansätze zunehmend kritisch betrachtet, die den Fokus auf eine neutrale Information (z. B. Bio-Kennzeichnungen) der VerbraucherInnen legen (Ölander & Thøgersen, 2014). Insbesondere die häufige Annahme, dass KonsumentInnen rationale Entscheidungen auf Basis von Informationen treffen, wird hierbei kritisiert (Fridrich, Hübner, Kollmann, Piorkowsky & Tröger, 2017). Gerade die Flut an Kaufoptionen und die Vielfalt an verfügbaren Informationen in der Einkaufssituation kann Kaufentscheidungen wesentlich stärker beeinflussen als eine neutrale Kennzeichnung. Kennzeichnungen, die eine umfassende Bewertung unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte beinhalten (z. B. Ampelkennzeichnungen), können die Komplexität der Konsumsituation unter Umständen besser reduzieren. KonsumentInnen würde so eine einheitliche Orientierungshilfe an die Hand gegeben, die das Ausmaß der erforderlichen Informationsverarbeitung reduziert und kognitiven Konflikten vorbeugt.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass sowohl Merkmale der Einkaufssituation als auch individuelle psychologische Faktoren und Aspekte der politischen Steuerung nachhaltige Konsumentscheidungen komplex machen. Entscheidungen in der Einkaufssituation sind häufig sowohl von hoher konzeptueller als auch von hoher wahrgenommener Komplexität geprägt, die potentielle Herausforderungen darstellen. Zur Förderung nachhaltiger Entscheidungen sollte diese Komplexität auf ein angemessenes Maß reduziert werden.

Shadowing-Studie zu Komplexität in der Einkaufssituation

Um Aufschluss darüber zu erhalten, ob und wie Komplexität nachhaltiger Konsumentscheidungen im Sinne der subjektiven Komplexität in einer Einkaufssituation wahrgenommen wird, führten wir eine qualitative Studie mit Hilfe der sogenannten Shadowing-Methode durch (Schütze, 2020). Das Shadowing (wie ein Schatten) bestand hier aus einer Begleitung beim Wocheneinkauf und kurzen Interviews zu Kaufentscheidungen. Untersucht wurden 14 Personen, bei denen von einem hohen Problembewusstsein für Nachhaltigkeitsaspekte ausgegangen wurde. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Kaufsituation und die Entscheidung für oder gegen bestimmte Produkte per se als komplex wahrgenommen wurden. So wurde deutlich, dass – auch unabhängig von Nachhaltigkeitsaspekten – zahlreiche Kriterien wie Geschmack, Qualität, Inhaltsstoffe, Herkunft oder Preis abgewogen wurden. Darüber hinaus erhöhte sich diese Komplexität zusätzlich durch die Berücksichtigung nachhaltigkeitsbezogener Kriterien wie Transportwege, Bio-Qualität, Verpackung oder Saisonalität von Produkten. Die am meisten genannten nachhaltigkeitsbezogenen Entscheidungsfaktoren waren Bio-Qualität und Plastik vermeiden. Dabei stehen gerade diese beiden Aspekte häufig in Konflikt zueinander, da Bioprodukte vielfach in Plastik verpackt werden. Einige Studienteilnehmende äußerten, dass viele Entscheidungsprozesse in Kaufsituationen für sie unbewusst abliefen, obwohl Nachhaltigkeit ein relevantes Kaufkriterium für sie darstelle. Als Orientierung wurden dabei auch die Platzierung im Laden (z. B. im unteren Regalsegment oder auf Angebotsplätzen wie Körben oder Ständern), Werbung für bestimmte Produkte und Marken berücksichtigt.

Dass das Vorhandensein eines Bio-Siegels und die Plastikvermeidung als wichtigste Entscheidungskriterien genannt wurden, kann möglicherweise darauf hindeuten, dass in diesen Bereichen das Problembewusstsein durch die mediale Aufmerksamkeit sehr hoch ist. Die Orientierung vieler Teilnehmenden an einem Bio-Siegel zeigt, dass in dieser Stichprobe die Verwendung von Siegeln als hilfreich betrachtet wurde, auch wenn wie oben beschrieben neutrale Kennzeichnungen nicht alle Konflikte auflösen und KonsumentInnen weiterhin unterschiedliche Dimensionen der Nachhaltigkeit abwägen müssen.

Einschränkend muss berücksichtigt werden, dass es sich bei der beschriebenen Studie um eine sehr kleine Stichprobe handelt. Da der Fokus bewusst auf Personen mit eher hohem Problembewusstsein gelegt wurde, ist eine Generalisierbarkeit der Ergebnisse ebenfalls sehr schwierig. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Versuchssituation an sich das Bewusstsein für verschiedene Einflussfaktoren erhöht hat und unter normalen Umständen deutlich mehr unbewusste Kaufentscheidungen getroffen werden.

Was tun? Ableitung von Empfehlungen

Die vorangegangenen Ausführungen legen nahe, dass eine ohnehin komplexe Konsumsituation durch Aspekte der Nachhaltigkeit zusätzlich verkompliziert wird – und nachhaltige Entscheidungen dadurch weniger wahrscheinlich werden. Wo können wir also ansetzen, um nachhaltige Konsumentscheidungen zu fördern?

Die Kaufentscheidung unbewusst beeinflussen

In der Kaufsituation kann zunächst auf Maßnahmen zurückgegriffen werden, welche auch unter den Begriffen Choice Architecture - oder Nudging bekannt sind (Hollands et al., 2013). Der Grundgedanke dabei ist, Konsumentscheidungen nicht über Verbote oder ökonomische Anreize zu beeinflussen, sondern VerbraucherInnen unbewusst „anzustupsen“ (Engl. to nudge). Dies kann beispielsweise durch die Veränderung der Eigenschaften eines Produktes (z. B. Gestaltung der Verpackung), die Platzierung im Laden (z. B. Nähe zur Kasse) oder weitere Veränderungen in der Einkaufssituation (z. B. Markierungen am Boden, Veränderungen der Beleuchtung) erfolgen.

Eine übergreifende Kennzeichnung schaffen

Überdies erscheint es aus einer Perspektive der politischen Steuerung sinnvoll, verschiedene Aspekte von Nachhaltigkeit in einer übergreifenden, gemeinsamen Kennzeichnung zu integrieren. Dazu könnte z. B. ein Ampelsystem ähnlich der Ernährungsampel eingesetzt werden. Hier würden unterschiedliche Aspekte von Nachhaltigkeit (z. B. Herstellung, Transportwege, Inhaltsstoffe) verrechnet und anhand eines einfachen Farbschemas für VerbraucherInnen auf einen Blick dargestellt. Die zentrale Herausforderung dabei ist es, einen guten Mittelweg zwischen ausreichender Information für KonsumentInnen und der Reduktion von Komplexität zu finden, damit einerseits eine Flut an Informationen zwar vermieden wird, andererseits die KonsumentInnen aber das Gefühl haben, ihre Entscheidung ausreichend fundiert treffen zu können. Da das Problembewusstsein für Nachhaltigkeit bei verschiedenen KonsumentInnen unterschiedlich stark ausgeprägt ist, kann es daher sinnvoll sein, ein mehrstufiges Informationsangebot zu schaffen. Interessierte KonsumentInnen hätten so die Möglichkeit, sich ausgehend von einer niedrigschwelligen Ampelkennzeichnung weitergehend zu informieren - etwa über einen QR-Code auf dem Produkt oder ein dazu passendes Informationsangebot im Laden per Aushang oder Tablet.

Das Angebot einschränken

Neben Ansätzen, die KonsumentInnen bei ihrer freiwilligen Kaufentscheidung unterstützen oder beeinflussen sollen, kann sich Steuerung auch auf das Angebot beziehen. Mit dem Verbot einiger Einweg-Plastik-Produkte hat die Europäische Union beispielsweise nicht-nachhaltige Optionen vom Markt genommen. Die Komplexität wird hier also durch Verbote für bestimmte Produkte, für die es eine nachhaltige Alternative auf dem Markt gibt, reduziert.

Eine Kombination dieser verschiedenen Maßnahmen erscheint je nach Produktgruppe sinnvoll. Gleichzeitig sollte das unterschiedliche Problembewusstsein der KonsumentInnen berücksichtigt werden: Bei geringem Problembewusstsein kann es notwendig sein, die Komplexität zunächst zu erhöhen, um beispielsweise vernachlässigte Aspekte von Nachhaltigkeit (wie Regionalität, Saisonalität, Herstellungsbedingungen oder soziale Aspekte) deutlich zu machen. Die bewusste Auswahl und Kombination der dargestellten Maßnahmen kann so für ein sinnvolles Maß an konzeptueller Komplexität sorgen, welches die wahrgenommene Komplexität für KonsumentInnen ausreichend reduziert und damit nachhaltige Konsumentscheidungen langfristig fördert.

Literaturverzeichnis

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