Editorial zur Themenausgabe: „Medienpsychologie Teil 1: Chancen und Herausforderungen der Mediennutzung im Bereich Lernen und Gesundheit“
Wissen Sie, wie viel Zeit Sie täglich mit Medien verbringen? Sei es nun die Reklame auf dem Bus, die Whatsapp-Nachricht auf dem Smartphone, die Musik im Einkaufszentrum oder die neue Ausgabe des In-Mind Magazins – Medien umgeben uns alltäglich. Gerade durch die Zunahme der sogenannten interaktiven Medien wie Computer oder Handy wird so gut wie jeder Teil des Lebens in der westlichen Welt durch Medien begleitet. Da bleibt die Frage nicht aus, inwiefern uns Medien und ihre Inhalte beeinflussen.
Medienpsychologie – als eines der jüngsten Teilgebiete der Psychologie – befasst sich mit den Effekten, die Medien und/oder ihre Inhalte auf den Menschen haben, und wie Menschen sich Medien und deren Inhalte aussuchen beziehungsweise damit umgehen. Dabei geht es um das Zusammenspiel von Medienformen und Medieninhalten mit Emotionen, Kognitionen, Gedächtnis und natürlich auch um den Einfluss, den andere Menschen auf unseren Medienkonsum und dessen Wirkung haben. Um Ihnen als LeserInnen einen Einblick in verschiedene Bereiche der Medienpsychologie zu geben, haben wir insgesamt 15 Artikel in zwei Sonderausgaben zusammengefasst. Unsere erste Sonderausgabe „Chancen und Herausforderungen der Mediennutzung im Bereich Lernen und Gesundheit“ widmet sich speziell den Fragen, inwiefern Medien das psychische und physische Wohlbefinden beeinflussen können und welche möglichen Potenziale Medien beinhalten, um Lernprozesse zu unterstützen. Die zweite Ausgabe zum Thema „Medien, Nachrichten und wir“ wird sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Nachrichten beschäftigen – mit klassischen Nachrichten aus den Massenmedien sowie mit „Nachrichten von uns“, wie sie immer häufiger in Kommentaren, sozialen Netzwerken etc. anzutreffen sind, und der Frage, inwiefern sie unser Bild von der Welt, den anderen und uns selbst beeinflussen.
Viele öffentliche Diskussionen beschäftigen sich hauptsächlich mit den Gefahren von Medien. Angefangen von medialen Gewaltdarstellungen über mögliche Suchtgefahren des Internets bis hin zu physischen Schäden durch den Gebrauch und die Verbreitung von Smartphones scheint sich die Gesellschaft hauptsächlich Gedanken über potenzielle negative Einflüsse von Medien zu machen. Daneben kann und muss dennoch hervorgehoben werden, dass es durchaus auch positive Einflüsse von Medien gibt. Beispielsweise können Computerspiele Lernen erleichtern oder Filme zu einer Stressreduzierung führen. Darüber hinaus werden Medien mittlerweile auch gezielt dazu eingesetzt, bestimmte (Lern-)Prozesse zu unterstützen – und zwar erfolgreich. In der vorliegenden Ausgabe möchten wir Ihnen sieben Beiträge vorstellen, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzen:
Der erste Artikel dieser Sonderausgabe von Malte Elson, Johannes Breuer und Thorsten Quandt „Gewalt erzeugt Mediengewalt – oder umgekehrt? Über den Zusammenhang von Aggression und der Nutzung digitaler Spiele“ widmet sich dem Zusammenhang zwischen Computerspielen und Aggression – eines der wohl umstrittensten Themen im Bereich Mediennutzung und -effekte. Neben einer Darstellung der derzeitigen sehr ambivalenten Befundlage werden weitere Einflussfaktoren und deren Zusammenspiel mit Mediengewalt dargestellt. Ziel dieses Beitrags ist es zu verdeutlichen, dass durch die bisherige Forschungslage keine eindeutigen Aussagen zu treffen sind, auch, wenn dies in der Gesellschaft oft anders verstanden wird.
Der zweite Beitrag von Leonard Reinecke, Diana Rieger und Tim Wulff „Einschalten zum Abschalten? Mediennutzung zur Erholung von Stress und Belastung“ beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern Medien helfen können, den Alltagsstress zu bewältigen. Studien, die zu diesem Thema durchgeführt wurden, deuten darauf hin, dass Medien erheblich zur Erholung beitragen können. Aber auch hier ist es nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn unter bestimmten Umständen bleibt ein solcher Erholungseffekt aus.
Der darauffolgende Beitrag von Frank Schneider, Karin Knop, Nicola Krömer, Sabine Reich und Carina Weinmann „Gute Unterhaltung?! Lernen und Bildung mit unterhaltenden Medienangeboten“ fokussiert ebenfalls auf Potenziale von Medien. Hier wird diskutiert, ob und wie die unterhaltsame Aufbereitung von Informationen durch Medien auch tatsächlich Wissen vermitteln kann. Beispiele aus diesem Bereich sind die Sesamstraße, Sendungen wie Galileo und natürlich auch das In-Mind Magazin. Neben diesen klassischen Formaten, die deutlich Wissen vermitteln sollen, geht es auch um die Frage, ob andere Medieninhalte ebenso – und vielleicht ohne Intention – Wissen vermitteln; beispielsweise Soap Operas.
Der Beitrag von Alexander Eitel und Jessica Kornmann „Schwieriger als gedacht?! Potenziale und Risiken des Lernens mit digitalen Medien“ widmet sich ebenfalls einer weiteren Gegenüberstellung von möglichen negativen und positiven Einflüssen auf Lernerfolge. Insbesondere werden in diesem Artikel die sogenannten neuen Medien wie beispielsweise Computer, Tablet oder Smartphone diskutiert. Wie ihr Artikel deutlich macht, ist es auch hier keineswegs so, dass die Antwort eine einfache ist – neue Medien sind keine Garantie für erfolgreicheres Lernen.
Für viele Medien(angebote) ist der Lerneffekt der Medien auch noch gar nicht wissenschaftlich untersucht worden. Für den Bereich mathematischer Grundfertigkeiten beispielsweise gibt es jedoch bereits eine Vielzahl von Studien, welche Ursula Fischer, Tanja Link, Hans-Christoph Nuerk, Ulrike Cress und Korbinian Moeller in ihrem Beitrag „Neue Medien, neue Möglichkeiten: Wie Lernsoftware mathematisches Wissen vermittelt“ zusammenfassend darstellen. Hätten Sie gedacht, dass Hüpfen, Medien und Mathe etwas miteinander zu tun haben könnten?
Neue Medien bieten die Chance, möglichst viele Personen gleichzeitig und zeitnah zu erreichen. Dies wird nicht nur in der Arbeitswelt und im privaten Bereich mehr und mehr genutzt, sondern bereits im gesundheitlichen Bereich eingesetzt. So gibt es derzeit Therapieangebote, die durch interaktive Medien vermittelt werden. Silvana Weber und Constanze Schreiner stellen in ihrem Beitrag „Chancen und Risiken beim Einsatz neuer Medien in der Psychotherapie“ einige dieser Angebote dar und diskutieren, inwiefern diese hilfreich beziehungsweise weniger dienlich eingeschätzt werden können.
Der siebte Beitrag von Sabine Glock „Abschreckende Bilder auf Zigarettenschachteln: Eine wirksame Maßnahme?“ beschäftigt sich mit einer ganz anderen Art, Informationen medial darzustellen. Bestimmt haben Sie schon einmal eine Zigarettenpackung gesehen, auf der ein unschönes Bild aufgedruckt war, welches die gesundheitlichen Folgen von Rauchen beinhaltet. Diese Art der Intervention wurde bereits in einigen Ländern eingeführt, in anderen steht es noch zur Debatte. Fraglich ist hierbei, ob die Bilder tatsächlich die gewünschte Wirkung haben – oder womöglich sogar das Gegenteil erreichen?