Warum Menschen bei der Arbeit mehr tun, als sie müssten: Einflussfaktoren freiwilligen Arbeitsengagements

Warum engagieren sich Menschen freiwillig über das hinaus, was formal von ihnen in ihrem Job gefordert wird? Was treibt Menschen dazu, freiwillig Überstunden zu machen, sich in ihrer Freizeit fortzubilden oder Kollegen zu helfen? Ist es, dass sie sich ihrer Organisation besonders verbunden fühlen oder dass ihnen ihr Job einfach Spaß macht oder spielen gänzlich andere Faktoren eine Rolle? Der Beitrag geht diesen Fragen nach und liefert einen Überblick über die aktuelle wissenschaftliche Befundlage. Dabei werden gerade die veränderbaren Aspekte des Arbeitsumfelds betrachtet, auf die durch Maßnahmen seitens der Organisation Einfluss genommen werden kann. Auf diese Weise kann freiwilliges Arbeitsengagement gezielt gefördert werden.

 

Stellen wir uns eine Sachbearbeitungsstelle eines beliebigen Unternehmens vor. Die Mitarbeiter kommen zwar pünktlich, lassen aber ebenso pünktlich zur Mittagspause oder zum Feierabend den Stift fallen. Angebotene Weiterbildungen, z.B. zu neu eingeführten Programmen, nimmt keiner der Mitarbeiter wahr. Als ein neuer Mitarbeiter eingestellt wurde, sahen die erfahreneren Mitarbeiter zu, wie er sich zurechtfand – keiner machte sich die Mühe, ihn in seine Arbeit einzuweisen oder ihm Erfahrungswerte weiterzugeben. Während der Krankheit einer Kollegin übernahm keiner ihre laufenden Aufgaben oder die Anfragen, die an ihrem Telefon oder in ihrem Postfach aufliefen. Und dass mehrere Formulare in der Sachbearbeitung schon lange nicht mehr mit dem gängigen Produktportfolio kompatibel sind, hat bislang keiner der Mitarbeiter kommuniziert. Jeder macht genau seinen Job und interessiert sich nicht dafür, ob sein Tun denn sinnvoll für das Unternehmen ist. Diesen Zustand nennt man ‚Dienst nach Vorschrift’ – die Abwesenheit jeglichen freiwilligen Engagements. Stellen wir uns nun eine Sachbearbeitungsstelle eines anderen Unternehmens vor: In dieser Abteilung findet man, dass Kollegen einander selbstständig Wissen und Erfahrungen weitergeben, dass die Mitarbeiter sich aktiv an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen beteiligen (z.B. Verbesserungsvorschläge zu Prozessabläufen äußern) und dass Aufgaben von verhinderten Kollegen durch das Team aufgefangen werden. Die Mitarbeiter dieser Abteilung nehmen freiwillig an angebotenen Weiterbildungen teil und schlagen proaktiv auch weitere Themenfelder vor, in denen sie eine Weiterbildung zur besseren Erfüllung ihrer Aufgaben als sinnvoll erachten.

 

Wie diese beiden fiktiven Beispiele zeigen, kann freiwilliges Arbeitsengagement sowohl die Leistung als auch das Arbeitsklima von Unternehmen maßgeblich beeinflussen. Doch worauf ist es zurückzuführen, dass sich Mitarbeiter in manchen Abteilungen freiwillig engagieren und in manchen nicht? Sind es Merkmale der Organisation, des Teams, der Führung oder vielleicht Merkmale der jeweiligen Aufgabe von Mitarbeitern? Dieser Frage wollen wir in diesem Beitrag nachgehen und wissenschaftliche Erkenntnisse dazu diskutieren. In der organisationspsychologischen Forschung hat sich nach Jahrzehnten der Fokussierung auf Quantität und Qualität der Erfüllung der beruflichen Aufgabe (Intra-Rollenverhalten) inzwischen der Konsens gebildet, dass zur Bestimmung der Gesamtleistung, die ein Mitarbeiter für ein Unternehmen erbringt, nicht nur dessen Intra-Rollenverhalten, sondern auch dessen freiwilliges Arbeitsengagement (oder auch Extra-Rollenverhalten) sowie dessen kontraproduktives Verhalten betrachtet werden sollten (z.B. Viswesvaran & Ones, 2000; kontraproduktives Verhalten geht in diese Gleichung negativ ein). Freiwilliges Arbeitsengagement beschreibt dabei zielgerichtete, die legitimen Ziele der Organisation unterstützende Verhaltensweisen im Arbeitskontext, die selbstbestimmt ausgeführt werden, d.h. deren Ausübung nicht oder nur zu Minimalstandards eingefordert werden kann (für eine ausführlichere Definition siehe Wesche & Muck, 2010). Eine sich aus dieser Definition ergebende Herausforderung für die Forschung liegt in der Schwierigkeit, Instrumente zur Erfassung freiwilligen Arbeitsengagements zu entwickeln, die einerseits standardisiert und damit zwischen verschiedenen Individuen und Organisationen vergleichbar sind, und andererseits der jeweils individuellen Wahrnehmung, welches Verhalten zum eigenen Intra-Rollenverhalten gehört und was freiwilliges Engagement ist (z.B. Kamdar, McAllister, & Turban, 2006; Turnipseed & Wilson, 2009), Rechnung tragen. Zudem sind bei den Verhaltensweisen, die als nicht zum Intra-Rollenverhalten gehörig wahrgenommen werden, die tatsächlich freiwillig ausgeführten von den auf expliziten oder impliziten Druck hin ausgeführten Verhaltensweisen zu differenzieren (Vigoda-Gadot, 2006, 2007). Momentan gebräuchlich ist ein Modell freiwilligen Arbeitsengagements, das drei Formen unterscheidet (Coleman & Borman, 2000): 1. Verhaltensweisen, die sich auf andere Individuen wie Kollegen oder die Führungskraft richten, 2. Verhaltensweisen, die sich auf die Organisation richten, sowie 3. Verhaltensweisen, die sich auf die eigene Aufgabe bzw. deren Erfüllung richten. Auf Individuen gerichtetes freiwilliges Arbeitsengagement umfasst z.B. Kollegen bei Überlastung mit ihren Aufgaben zu helfen, ihnen Informationen weiterzuleiten, sie bei Problemen aufzumuntern und zu motivieren oder auch ihnen konstruktive Verbesserungsvorschläge zu ihrer Arbeit zu geben. Auf die Organisation gerichtetes freiwilliges Arbeitsengagement beschreibt Verhaltensweisen wie die Organisation gegenüber Dritten zu verteidigen, sich freiwillig in Gremien oder Qualitätszirkeln zu engagieren, vorübergehende Unannehmlichkeiten zu tolerieren, aber auch Rückmeldung und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge zu organisationalen Abläufen oder Arbeitsprozessen zu geben. Freiwilliges Arbeitsengagement, das sich auf die eigene Aufgabenerfüllung richtet, umfasst schließlich Verhaltensweisen wie sich in Fortbildungsmaßnahmen weiterbilden, sich bzgl. Weiterentwicklungen in Technologie und Strategie im eigenen Aufgabenbereich auf dem Laufenden halten, selbstständig Feedback zur eigenen Aufgabenbearbeitung einholen aber auch seine eigene Leistung kritisch an hohen Standards messen und diese zu erreichen streben. In einer Metaanalyse von 168 Stichproben konnten Podsakoff und Kollegen (N. P. Podsakoff, Whiting, Podsakoff, & Blume, 2009) empirisch die Hypothese stützen, dass freiwilliges Arbeitsengagement als Gesamtkonstrukt entscheidend zur Effizienz und Überlebensfähigkeit von Unternehmen als auch zu deren Attraktivität für Mitarbeiter beiträgt. So zeigten sich hohe signifikante Zusammenhänge mit bedeutenden Leistungsmerkmalen von Unternehmen wie Produktivität, Profitabilität, Kostenreduktion und Kundenzufriedenheit. Aber auch mit Variablen, die auf ein angenehmeres Arbeitsklima für die Mitarbeiter hindeuten, zeigten sich Zusammenhänge, z.B. mit geringerer Mitarbeiterfluktuation. Im Alltag von Unternehmen wird freiwilliges Arbeitsengagement der Mitarbeiter nicht zuletzt durch die zunehmende Globalisierung immer wichtiger: Verschärfter Wettbewerb erfordert mehr Anstrengungsinvestition der Mitarbeiter, um zu akzeptablen Kosten qualitativ und quantitativ mit Konkurrenzunternehmen mithalten zu können. Zudem verlangt der immer schneller werdende technologische Fortschritt kontinuierliche Anpassung und Lernbereitschaft von Mitarbeitern. Schließlich führt der zunehmende Trend weg von zentralisierten, streng hierarchischen zu dezentralisierten, team-basierten Unternehmensstrukturen zu einem stärkeren Bedarf an kollegialer Kooperation und Unterstützung sowie einer gesteigerten Eigenverantwortung des einzelnen Mitarbeiters.

 

Einflussfaktoren auf freiwilliges Arbeitsengagement

Im Folgenden wird ein Überblick über den derzeitigen Forschungsstand zu verschiedenen Einflussfaktoren freiwilligen Arbeitsengagements gegeben. Dabei werden Ergebnisse aus Metaanalysen berichtet, die die Ergebnisse vieler einzelner Studien zu den am häufigsten untersuchten Einflussfaktoren auf freiwilliges Arbeitsengagement empirisch aggregierten, und so zu verlässlicheren Ergebnissen als Einzelstudien kommen. Leider liegen noch keine Metaanalysen zu der zuvor vorgestellten dreidimensionalen Taxonomie freiwilligen Arbeitsengagements vor, so dass hier entsprechend der bisherigen Metaanalysen nur Zusammenhänge mit dem Gesamtkonstrukt berichtet werden können. Neben Persönlichkeitseigenschaften des jeweiligen Mitarbeiters, wie z.B. Gewissenhaftigkeit (Borman, Penner, Allen, & Motowidlo, 2001; Dalal, 2005; LePine, Erez, & Johnson, 2002; Organ & Ryan, 1995), kommt dem Arbeitsumfeld als Einflussfaktor auf freiwilliges Arbeitsengagement eine zentrale Rolle zu. Wir wollen dabei vier Bereiche diskutieren: Merkmale der Organisation, Merkmale des Teams, Merkmale der Führung sowie Merkmale der Aufgabe (vgl. Abbildung 1).

 

Merkmale der Organisation

Da freiwilliges Arbeitsengagement laut Definition die legitimen Ziele der Organisation unterstützt, liegt es nahe, nach Einflussfaktoren auf organisationaler Ebene zu suchen. Die Wahrnehmung organisationaler Gerechtigkeit stellt den am häufigsten untersuchten Einflussfaktor auf freiwilliges Arbeitsengagement im Bereich der organisationalen Merkmale dar. Gerechtigkeit in Organisationen umfasst Aspekte wie beispielsweise faire Entscheidungen, transparente Informationspolitik oder respektvollen Umgang mit den Mitarbeitern. Sie weist in allen Metaanalysen konsistent hohe Zusammenhänge mit freiwilligem Arbeitsengagement auf (Cohen-Charash & Spector, 2001; Colquitt, Conlon, Wesson, Porter, & Ng, 2001; Dalal, 2005; Fassina, Jones, & Uggerslev, 2008; Hoffman, Blair, Meriac, & Woehr, 2007; LePine et al., 2002; Organ & Ryan, 1995). Ein weiterer starker Einflussfaktor für freiwilliges Arbeitsengagement ist die wahrgenommene Unterstützung durch die Organisation (P. M. Podsakoff, MacKenzie, Paine, & Bachrach, 2000; Rhoades & Eisenberger, 2002; Riggle, Edmondson, & Hansen, 2009). Hierunter fällt beispielsweise, dass die Organisation ihren Mitarbeitern bei schwierigen Aufgaben Hilfestellungen zukommen lässt oder bei Entscheidungen oder Aufgabengestaltungen die Interessen der Mitarbeiter berücksichtigt. Für eher strukturelle Merkmale wie den Grad der Formalisierung und die Flexibilität von Organisationen konnten in Metaanalysen hingegen keine bzw. nur sehr geringe Zusammenhänge mit freiwilligem Arbeitsengagement gezeigt werden (P. M. Podsakoff, MacKenzie, & Bommer, 1996). Als Erklärung für den Zusammenhang von wahrgenommener Unterstützung und Gerechtigkeit seitens der Organisation mit freiwilligem Arbeitsengagementwird oftmals die Austauschtheorie nach Blau (1964) herangezogen. Diese Theorie postuliert, dass die Austauschbeziehung zwischen Arbeitnehmern und Organisation sowohl ökonomischer als auch sozialer Natur ist: Ökonomisch orientierter Austausch beinhaltet explizite und präzise Verpflichtungen, die zu festgelegten Zeiten zu erbringen sind und vertraglich eingefordert werden können (z.B. Erfüllung der beruflichen Aufgabe gegen Gehalt). Sozial orientierter Austausch hingegen basiert auf Wohlwollen und Vertrauen in einen fortlaufenden, fairen gegenseitigen Austausch und umfasst eher vage spezifizierte beiderseitige Verpflichtungen. Nimmt ein Mitarbeiter seine Organisation als fair und unterstützend wahr, entsteht Vertrauen, was eine wesentliche Voraussetzung für den sozial orientierten Austausch darstellt. Der Mitarbeiter würde in die sozial orientierte Austauschbeziehung eintreten und auch solche Leistungen erbringen, die über das vertraglich Vereinbarte hinaus gehen, da er darauf vertraut, für diese im Gegenzug ebenfalls (zzgl. zu seinem Gehalt) gut behandelt zu werden. Nimmt der Mitarbeiter jedoch organisationale Ungerechtigkeit war, würde er den sozial orientierten Austausch wegen fehlender Reziprozität und dem entstandenen Vertrauensverlust beenden, sich auf den rein ökonomisch orientierten Austausch zurückziehen und nur noch die vertraglich geregelten Leistungen erbringen. Dies entspräche dem eingangs angesprochenen ‚Dienst nach Vorschrift’.

 

Merkmale des Teams/der Arbeitsgruppe

Auch wenn es sich bei freiwilligem Arbeitsengagement um das Verhalten von Individuen handelt, sollte man den sozialen Kontext, in dem das Verhalten gezeigt wird, nicht vernachlässigen. Im Arbeitskontext kommt dabei der unmittelbaren Arbeitsgruppe bzw. den direkten Kolleginnen und Kollegen eine zentrale Rolle zu. Metaanalytisch wurden bislang wahrgenommener Zusammenhalt, Unterstützung und Antagonismus (Behinderung und Widerstand) unter Kollegen untersucht. Wahrgenommener Zusammenhalt und wahrgenommene Unterstützung im Team weisen dabei positive Zusammenhänge mit freiwilligem Arbeitsengagement auf (Chiaburu & Harrison, 2008; P. M. Podsakoff et al., 1996), während wahrgenommener Antagonismus unter Kollegen negativ mit freiwilligem Arbeitsengagement zusammenhängt (Chiaburu & Harrison, 2008).

 

Als Erklärung für den Einfluss von Merkmalen der Arbeitsgruppe auf das freiwillige Arbeitsengagement ihrer Mitglieder wird die verhaltensregulierende Funktion von Gruppen herangezogen: Gruppen können die Ausübung bestimmter Verhaltensweisen ihrer Mitglieder, z.B. freiwilligen Arbeitsengagements, sowohl fördern als auch mindern (George & Jones, 1997). Bekannte Wirkmechanismen im Gruppenkontext sind beispielsweise Gruppennormen, d.h. von allen Gruppenmitgliedern geteilte Erwartungen, wie die Mitglieder der Gruppe in bestimmten Situationen denken und handeln sollen (von Rosenstiel, 2003). Es wird angenommen, dass sich das individuelle und das Gruppenausmaß bzgl. der Ausübung von freiwilligem Arbeitsengagement sowie die entsprechenden individuellen und Gruppennormen wechselseitig beeinflussen (Ehrhart & Naumann, 2004). Zeigt also der neue Mitarbeiter unserer Sachbearbeitungsstelle ein höheres Maß an freiwilligem Arbeitsengagement als die anderen Mitglieder seiner Arbeitsgruppe, ist es wahrscheinlich, dass sich die Niveaus allmählich annähern. Entweder wird der neue Mitarbeiter sein freiwilliges Arbeitsengagement zurückschrauben oder die anderen Mitglieder werden durch sein Verhalten motiviert, ihr Ausmaß an freiwilligem Arbeitsengagement zu steigern. Entsprechend ändern sich auch die individuellen und in der Gruppe geteilten Erwartungen hinsichtlich des angemessenen Maßes freiwilligen Arbeitsengagements. Abermals sind aber auch wieder die Theorie des sozialen Austausches (Blau, 1964) und die Reziprozitätsnorm (Gouldner, 1960) als Erklärungsmechanismus heranzuziehen, wenn man diejenigen Anteile am Gesamtkonstrukt freiwilligen Arbeitsengagements bedenkt, die sich auf andere Individuen richten: Nimmt eine Person einen starker Zusammenhalt im Team wahr, so baut sie Vertrauen zu den anderen Teammitgliedern auf und tritt in soziale Austauschbeziehungen mit ihnen ein, anstatt sich nur auf die Erfüllung ihrer beruflichen Aufgabe zurückzuziehen. Wenn eine Person wahrnimmt, dass sie selbst Unterstützung von ihren Teammitgliedern erfährt, ist sie – gemäß der Theorie der Reziprozitätsnorm – im Gegenzug auch bereit, unterstützendes Verhalten ihnen gegenüber zu zeigen.

 

Merkmale der Führung

Die Führungskraft und ihr Verhalten gegenüber ihren Mitarbeitern haben einen bedeutenden Einfluss auf das freiwillige Arbeitsengagement ihrer Mitarbeiter. In Metaanalysen weisen Vertrauen in die Führungskraft (Dirks & Ferrin, 2002; P. M. Podsakoff et al., 2000), wahrgenommene Unterstützung durch die Führungskraft (LePine et al., 2002; Organ & Ryan, 1995; P. M. Podsakoff et al., 2000) sowie eine gute Beziehungsqualität zwischen Führungskraft und Mitarbeiter (Ilies, Nahrgang, & Morgeson, 2007; P. M. Podsakoff et al., 2000) konsistent hohe Zusammenhänge mit freiwilligem Arbeitsengagement der Mitarbeiter auf. Es wird angenommen, dass auch hier die Theorie des sozial orientierten Austauschs (Blau, 1964) abermals anwendbar ist: Durch die Führungskraft erfahrene Wertschätzung, persönlicher Einsatz und Unterstützung können die Mitarbeiter dazu veranlassen, dies durch eigenes freiwilliges Arbeitsengagement zu erwidern (Staufenbiel, 2000). Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor auf freiwilliges Arbeitsengagement aus dem Verhalten der Führungskraft ist der so genannte transformationale Führungsstil (P. M. Podsakoff et al., 2000). Dieser beinhaltet z.B. vorbildliches Verhalten der Führungskraft, Inspiration der Mitarbeiter durch Visionen, ihre individuelle Förderung und intellektuelle Herausforderung (Bass, 1985). Durch diese Verhaltensweisen können Führungskräfte ihre Mitarbeiter motivieren, sich über das vertraglich Vereinbarte hinaus zu engagieren. Für die Führungskraft unserer ersten Sachbearbeitungsstelle wäre es also ein erfolgversprechender Weg, in die Beziehungsqualität zu ihren Mitarbeitern zu investieren und ihr Vertrauen in sie zu stärken. Sie sollte mit gutem Beispiel voran gehen, ebenfalls Engagement zeigen und ihren Mitarbeitern Unterstützung in ihrer Arbeit zukommen lassen.

 

Merkmale der Aufgabe

Als letzten Merkmalsbereich wollen wir nun die berufliche Aufgabe betrachten, die ebenfalls einen nicht zu vernachlässigenden Einflussfaktor auf freiwilliges Arbeitsengagement darstellt. Metaanalytisch wurden bislang folgende Merkmale untersucht: (1) Der Grad, in dem aus der Aufgabenbearbeitung selbst erkenntlich wird, ob man die Aufgabe gut oder schlecht bearbeitet hat (d.h. Feedback durch die Aufgabe selbst), (2) der Grad, zu dem die berufliche Aufgabe als Routine mit einfachem und eindeutigem Bearbeitungsweg wahrgenommen wird und (3) die intrinsische Motivation durch die Aufgabe, d.h. inwieweit die Bearbeitung der Aufgabe Interesse und Freude hervorruft. Während Routine bei der Aufgabenbearbeitung negativ mit freiwilligem Arbeitsengagement zusammenhängt, zeigen sich für Feedback durch die Aufgabe und intrinsische Motivation positive Zusammenhänge (P. M. Podsakoff et al., 1996). Insbesondere der intrinsischen Motivation durch die Aufgabe wird viel Bedeutung beigemessen: Bei der intrinsischen Motivation stehen im Gegensatz zur extrinsischen Motivation die tätigkeitsimmanenten Anreize der Verhaltensausführung im Vordergrund und nicht die erwarteten Konsequenzen wie Lohn oder Anerkennung (Ryan & Deci, 2000). In diesem Sinne wird angenommen, dass jemand, der ein intrinsisches Interesse und Freude an seiner Tätigkeit hat, sich in seinem Job auch über das geforderte Maß hinaus engagiert. Intrinsisch motivierende Aufgaben steigern die wahrgenommene Selbstbestimmtheit, Verantwortlichkeit und Bedeutsamkeit der eigenen Tätigkeit. Dies führt dazu, dass Mitarbeiter sich für die Ergebnisse ihrer Tätigkeit stärker persönlich verantwortlich fühlen und so für die Erreichung dieser Ziele auch mehr leisten, als es die formalen Anforderungen vorschreiben würden (Farh, Podsakoff, & Organ, 1990).

 

Fazit

Wie dieser Überblick gezeigt hat, gibt es eine Vielzahl von Faktoren im Arbeitsumfeld, für die Zusammenhänge mit freiwilligem Arbeitsengagement metaanalytisch nachgewiesen werden konnten. Metaanalysen betrachten jedoch lediglich ungerichtete Zusammenhänge zwischen zwei Variablen. Erst durch Feldexperimente und längsschnittliche Studien können Belege für tatsächliche Wirkungszusammenhänge und damit begründete Empfehlungen zu entsprechenden Interventionsmaßnahmen gegeben werden. Entsprechende Studien, die einen Wirkungszusammenhang mit freiwilligem Arbeitsengagement belegen, existieren für alle hier diskutierten Einflussfaktoren: eine faire Behandlung der Mitarbeiter (Skarlicki & Latham, 1996, 1997) sowie deren Unterstützung durch die Organisation (Robinson, Kraatz, & Rousseau, 1994; Robinson & Morrison, 1995), Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Kollegen (Neininger, Lehmann-Willenbrock, Kauffeld, & Henschel, 2010), eine gute Beziehung und Motivation durch die Führungskraft (Mönninghoff, 2008; Mönninghoff & Rowold, 2008) und nicht zuletzt eine interessante Aufgabe (Grant, 2008). All diese Faktoren können dazu beitragen, dass sich Mitarbeiter freiwillig bei der Arbeit engagieren und so ein angenehmeres Arbeitsklima, aber auch einen effizienteren Betriebsablauf schaffen.

 

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