Die sauberen Konservativen! Wenn Hinweise auf Reinheit zu konservativeren Einstellungen führen
Die politische Vielfalt ist in den USA weitestgehend überschaubarer als in Deutschland. Es gibt eine große Partei der eher links gerichteten Libertären, die Demokraten, und dann existiert noch eine weitere große Partei für die eher Konservativen, die Republikaner. Dennoch lässt sich diese Zweiteilung von „eher progressiv“ im Gegensatz zu „eher konservativ“ auch auf den deutschen Raum übertragen. Neue Ergebnisse deuten darauf hin, dass Hinweise zu körperlicher Reinheit und Sauberkeit zu konservativeren Urteilen führen.
Helzer und Pizarro stellten in zwei Studien von 2011 eine Beziehung zwischen physischer Sauberkeit und politischen Einstellungen fest. In ihrer ersten Studie baten sie eine Hälfte ihrer Versuchspersonen einfach in die Nähe eines Spenders mit einem Mittel zur Händedesinfektion, wo sie drei Fragen zu ihrer politischen Orientierung beantworteten. Die andere Hälfte der Teilnehmenden hat dieselben Fragen an einer Wand stehend beantwortet, an der sich kein solches Händedesinfektionsmittel befand. Die Personen, die einen solchen Hinweis auf Reinigung in ihrer Nähe hatten, gaben konservativere Einstellungen an.
In ihrer zweiten Studie ließen Helzer und Pizarro neue Versuchspersonen unmoralische Verhaltensweisen beurteilen. In der Versuchsbedingung mit Hinweis auf physische Reinheit und Sauberkeit hing ein Schild im Versuchsraum, das – ins Deutsche übersetzt – in etwa diese Aussage beinhaltete: „Versuchsleiter: Helfen Sie mit das Labor sauber zu halten und nutzen Sie Handreinigungstücher!“ In der Kontrollbedingung gab es ein solches Schild nicht. Erneut gaben die Personen, die eine Erinnerung an Reinheit und Sauberkeit erhielten, konservativere Einstellungen an als Personen in der Kontrollbedingung. Auch das Brechen sexueller Tabus wurde von Personen, die sich in einem Raum mit Hinweis auf Sauberkeit befanden, schärfer verurteilt als von den anderen Teilnehmenden dieser Studie. Das Ausmaß der Ablehnung solcher sexueller Praktiken wurde zudem noch entscheidend beeinflusst durch die Angaben der Versuchspersonen hinsichtlich ihrer politischen Einstellungen.
Das Fazit, das ich aus diesen beiden Studien ziehen würde, wäre, dass Selbstauskünfte zu politischen Einstellungen sehr stark durch die jeweilige Situation formbar sind, auch wenn wir uns dieser Formbarkeit unserer eigenen Einstellungen gar nicht unbedingt bewusst sein müssen. Allerdings möchte ich nicht so weit gehen, dass eine Wahlentscheidung grundlegend davon abhängen könnte, ob man nun auf dem Weg zur Stimmabgabe an einer Drogerie vorbeikommt oder nicht.
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