Einmal kriminell immer kriminell? Unter welchen Umständen Intensivtäter ihre kriminellen Karrieren abbrechen

„Wegsperren! Für immer hinter Gitter stecken.“ Die meisten haben derartige Forderungen zum Umgang mit Kriminellen, die eine Vielzahl von Vorstrafen haben, schon gehört. Implizit liegt diesen Forderungen die Annahme zu Grunde, dass sich Intensivtäter, die eine Vielzahl von Verbrechen begangen haben, niemals ändern und ein legales Leben führen werden. Aber ist das wirklich so?

"Einmal kriminell, immer kriminell." Diesem Vorurteil gemäß zeigt ein Krimineller sein Leben lang kriminelles Verhalten. Forschungsergebnisse belegen jedoch, dass Personen, die bereits als Jugendliche kriminelles Verhalten zeigten, mehrheitlich nicht auch als Erwachsene kriminell sind (u. A., Blumstein & Cohen, 1987). Unter welchen Umständen gelingt es Intensivtätern ihre kriminellen Karrieren zu beenden?

Diese Frage untersuchte Shadd Maruna (2001), in dem er aktuelle und ehemalige Intensivtätergruppen verglich. Personen letzterer Gruppe hatten ihre langanhaltenden kriminellen Karrieren abgebochen. Im Vorjahr des Untersuchungszeitraums lag keine dokumentierte Straftat vor. Sie selbst schätzten, dass sie in den vergangenen 2 bis 3 Jahren keine Taten mehr begangen hatten. Personen beider Gruppen hatten in der Vergangenheit massiv kriminelles Verhalten gezeigt. Sie waren durchschnittlich 25-mal verhaftet worden und 4 Jahre inhaftiert gewesen.
Zur Untersuchung der Umstände, unter denen Intensivtäter ihre kriminelle Karrieren beenden, führte Maruna (2001) eine Vielzahl von Interviews und Langzeitbeobachtungen mit ehemals und weiterhin Kriminellen durch. Im Wesentlichen stellte er fest, dass die ehemals im Vergleich zu den weiterhin Kriminellen ein in sich stimmiges Selbstbild entwickelt hatten. Sie versuchten Sinn aus ihrem unrechten Verhalten der Vergangenheit zu machen, während sie sich die Überzeugung wahrten, keine schlechten Menschen zu sein. Sie schrieben ihr kriminelles Verhalten oft ihrer damaligen Situation zu. Außerdem definierten sie neue Ziele für ihr Leben und fanden eine Rolle, in der sie aufgingen. Im Gegensatz dazu hatten die weiterhin Kriminellen kaum eine Vision für ihre Zukunft. Sie fühlten sich ihrer aktuellen Situation ausgeliefert und glaubten nicht daran, Erfolg auf legalem Weg haben zu können.

Demnach ist jemand, der einmal kriminell war, seinem Schicksal nicht ausgeliefert und verdammt, für immer kriminell zu bleiben. Gelingt es der Person, Sinn aus ihrem bisherigen Leben zu machen und dies als Weg zu neuen Zielen und Herausforderungen zu sehen, so könnte dies ein Schritt sein, um eine kriminelle Karriere zu beenden.

Quelle:

Blumstein, A., & Cohen, J. (1987). Characterizing criminal careers. Science, 237, 985-991.

Maruna, S. (2001). Making good: How ex-convicts reform and rebuild their lives. Washington, DC: American Psychological Association Books.