Was tun bei einem Skandal in der eigenen Partei?

Spenden- und Korruptionsaffären erscheinen für Politik und Politiker auf den ersten Blick katastrophal. Der politische Gegner freilich will sich diese Affären zunutze machen, indem er dem Wähler suggeriert, der jeweilige Kandidat und alle vom Skandal betroffenen Parteifreunde gehörten im Grunde zu einer einzigen Kategorie und einer sei so korrupt wie der andere (siehe Abbildung). Für diese leidgeprüften Kandidaten zeigt sich aber ein Silberstreif am Horizont:

Stellen Sie sich vor Sie sind Politiker und Ihre Partei wird gerade aufgrund eines Skandals (z.B. Spendengelder-Veruntreuung) erschüttert. Wenn Sie persönlich heil aus der ganzen Sache heraus kommen wollen, dann müssen Sie nur die folgenden Regeln beachten (Bless et al., 2000, S. 1044):

Erstens: Hauptsache, Sie stehen nicht im Zentrum des Skandals. Ist das gewährleistet, dann läßt jeder sichtbare Gauner Ihre eigene moralische Verfassung – und sei die auch nur mittelmäßig – im Vergleich glänzend rein aussehen. Im Kontrast zu den anderen Gaunern stehen Sie sauber da.

Zweitens: Dieser Kontrast kann Ihnen nur nützen, wenn der Skandal den Wählerinnen und Wählern im Moment der Wahl präsent ist. Es ist also nicht in Ihrem Interesse, daß allzu schnell Gras über die Sache wächst. Bringen Sie aber keine vertrauenswürdigen Kolleginnen und Kollegen mit ins Spiel; die verwässern nur den Kontrasteffekt, bei dem Sie so gut wegkommen.

Drittens: Wenn die Wählerinnen und Wähler Sie nicht kennen, haben Sie ein Problem. Die beurteilen Sie dann nämlich nicht als Person, sondern als Politiker oder Parteimitglied. Und dann schadet ihnen der Skandal wieder. Das liegt daran, daß die Affäre das Ansehen der Politikerkaste als Ganze durchaus herunterzieht. Nur Individuen können sich im Kontrast positiv abgrenzen. Parteisoldaten versinken dagegen im Sumpf. Machen Sie sich also bekannt!

Viertens: Achten Sie darauf, wer von der Partei alles in der Öffentlichkeit präsentiert wird. Wenn viele andere glaubwürdige Parteikolleginnen an die Öffentlichkeit treten, dann verwässern diese die generelle Abwertung der Partei durch den Skandal. Sie schwächen dadurch auch den Kontrast, in dem Sie so herrlich leuchten, wenn Sie nur hinreichend bekannt sind.

Fünftens: Konzentrieren Sie sich bloß nicht nur auf die Gauner, sondern auch auf die Stars! Die Stars Ihrer Partei können Ihnen genauso schaden, wie Ihnen die Gauner nützen können. Neben einem Star werden Sie selbst nämlich ziemlich blaß aussehen.

Bedenken Sie insgesamt: Was für Ihre Partei gut ist, ist meistens schlecht für Sie, es sei denn, Ihre Parteizugehörigkeit ist das einzige, was die Wählerinnen und Wähler von Ihnen wissen.
 
Quellen:

Bless, H., Igou, E. R., Schwarz, N., & Wänke, M. (2000). Reducing context effects by adding context information: The direction and size of context effects in political judgment. Personality and Social Psychology Bulletin, 26(9), 1036-1045.
Stapel, D. A., & Schwarz, N. (1998). The Republican who did not want to become president. Colin Powell's impact on evaluations of the Republican Party and Bob Dole. Personality and Social Psychology Bulletin, 24, 690-698.