Hautfarbe beeinflusst Schiedsrichter-Entscheidungen

Viele schwarze FußballerInnen leiden unter rassistischen Attacken gegnerischer Fans. Wie eine aktuelle Studie nun zeigt, fällt es selbst SchiedsrichterInnen schwer, die Hautfarbe der SpielerInnen zu ignorieren.

sonderegger_blogwmspecial_byronniemacdonaldviaflickr.jpgJohn Mikel Obi sees yellow by Ronnie McDonald via Flickr (https://www.flickr.com/photos/ronmacphotos/10629149363/in/album-72157637228532154/) (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)Rassismus im Fußball ist ein Thema, das in den letzten Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hat. Prominente Beispiele gibt es viele: Samuel Eto’o in Spanien, Marc Zoro und Mario Ballotelli in Italien, Kevin-Prince Boateng und Danny da Costa in Deutschland oder Pascal Chimbonda in Frankreich, sie alle wurden wegen ihrer Hautfarbe beleidigt, verschmäht oder beschimpft. Offensichtlich werden schwarze Fußballer aber nicht nur von Anhängern und Fans benachteiligt, sondern auch von (weißen) Schiedsrichtern. Dies jedenfalls hat eine Studie angedeutet, in welcher Filmsequenzen von Tacklings sowohl von Schiedsrichtern als auch von Fußballern und Fans beurteilt wurden (Wagner-Egger, Gygax & Ribordy, 2012).

In besagter Studie wurden mittels des Fußballspieles FIFA 2005® Filmsequenzen erstellt, in welchen entweder ein schwarzer Spieler einen weißen angreift oder umgekehrt. Dabei wurde darauf geachtet, dass sich die Szenen bezüglich der Härte der Aktion nicht unterscheiden. Zudem wurden die Farben der Trikots neutral gestaltet, um bekannten Wahrnehmungsverzerrungen vorzubeugen (siehe Blogbeitrag von Oliver Genschow vom Montag, 23.6.2014) und um Assoziationen mit realen Teams zu vermeiden. Die Filmsequenzen wurden von erfahrenen Schiedsrichtern, Fußballern und Fans beurteilt. Dabei hat sich gezeigt, dass Schiedsrichter auf ein Tackling schneller reagieren und eher ein Foul wahrnehmen, wenn das Tackling von einem schwarzen Spieler durchgeführt wurde, als wenn es von einem weißen Spieler durchgeführt wurde. Die Fouls von schwarzen Spielern wurden aber als weniger hart bewertet als diejenigen von weißen Spielern. Die schnelleren Reaktionszeiten deuten darauf hin, dass schwarze Spieler von Schiedsrichtern benachteiligt werden. Der Effekt bei der subjektiven Beurteilung der Härte der Fouls wird von Wagner-Egger et al. hingegen als bewusster Kompensationsmechanismus interpretiert, um nicht als rassistisch zu erscheinen. Interessanterweise unterscheiden sich die Ergebnisse der Schiedsrichter fast nicht von denjenigen der Fußballer und Fans. Die Schiedsrichter entscheiden im Allgemeinen zwar häufiger auf Foul, bezüglich der Reaktionszeiten und der Einschätzung der Schwere des Verstoßes ergaben sich hingegen keine Unterschiede zwischen Schiedsrichtern, Fans und Fußballern.

Bedeutet dies nun, dass wir alle latent rassistisch veranlagt sind? Die Studie kann diesbezüglich nicht eindeutig interpretiert werden, ist es doch nicht klar, welche Prozesse zu diesen Effekten geführt haben. Zukünftige Forschung muss nun zeigen, warum wir bei Fouls von schwarzen Fußballern schneller reagieren, diese dafür aber als weniger hart beurteilen.

Quelle:

Wagner-Egger, P., Gygax, P. & Ribordy, F. (2012). Racism in soccer? Perception of challenges of black and white players by white referees, soccer players, and fans. Perceptual and Motor Skills, 114, 275-289.