Aberglaube an der Gitarre – und auch sonst im Leben
Jimmy Page spielte eine Gibson Les Paul, Joe Satriani eine Ibanez JS 100. Fans wissen natürlich, worauf ihre Helden gespielt haben. Dieses Wissen wird aber nicht einfach nur wie eine Empfehlung genutzt, es inspiriert auch Vorstellungen, die man besser als „magisch“ bezeichnen sollte.
Wie abergläubisch Musiker sein können, zeigt sich in einer Untersuchung von Fernandez und Lastovicka (2011): Gitarristen kaufen genaue Nachbildungen der Gitarren, die ihre Idole spielen. Sie lassen ihre Instrumente von ihren Stars signieren. Ein Befragter, selbst ein etablierter Musiker, nutzte die abgelegten Saiten seines Stars. Das eigene Instrument wird, wenn es keine genaue Nachbildung ist, dem des bewunderten Musikers so ähnlich gemacht, wie möglich – auch wenn das bedeutet, dass man Funktionen ausbauen oder Regler entfernen muss.
Die Motivation hinter diesen Verhaltensweisen bringen die Autoren mit zwei Begriffen auf den Punkt: “contagious magic“, also die Vorstellung, dass Dinge einander durch Berührung beeinflussen können und “imitative magic”, also die Vorstellung, dass Dinge, die gleich aussehen auch gleich sind. So ist die Saite, die mein Idol gespielt hat, sozusagen veredelt und trägt nun einige von seinen Eigenschaften – und meine Gitarre rückt der meines Stars ein wenig näher, wenn sie ihr ähnlicher wird. Das Instrument, oder besser: das, was es mit dem Star verbindet, wirkt magisch, wie ein Fetisch. Sicherlich spielt man nicht unbedingt besser, bloß weil Ritchie Blackmore oder Robert Fripp die Gitarre einmal kurz in Händen gehalten und vielleicht sogar signiert hat. Aber für die betroffenen Amateur-Gitarristen stiftet dieses Bewusstsein Zuversicht, hebt das Selbstbewusstsein und spornt an (Fernandez & Lastovicka, 2011) – gut möglich also, dass sie am Ende doch besser spielen…
Natürlich sind nicht nur Musiker abergläubisch: Wenn die abgelegten Gebrauchsgegenstände von Prominenten verkauft werden, scheinen die Käufer ebenfalls zu glauben, mit der Berührung durch die Berühmtheit seien auch deren Eigenschaften auf den Gegenstand übergegangen. Jedenfalls bieten Käufer um so mehr Geld für einen Gegenstand aus dem Besitz einer bewunderten Person, je häufiger diese den Gegenstand berührt hat – bei einer negativen Person ist das umgekehrt (Newman, Diesendruck & Bloom, 2011). Anders gesagt: Der Schreibtisch von Saddam Hussein hat zwar in der Tat einen Marktwert, aber der ist um so höher, je seltener der frühere Diktator daran gesessen hat. Beim Küchentisch von Robin Williams dürfte das umgekehrt sein.
Magische Vorstellungen entstehen ja nicht nur durch Berührung, sondern eben auch durch Ähnlichkeit. Und das wirft ein Licht auf unser Verständnis davon, wie prominente Testimonials in der Werbung wirken: Wenn meine Gitarre besser fetzt, weil sie der von Keith Richards ähnlich ist, wird dann nicht auch mein Espresso besser, weil ich die gleiche Maschine hab wie George Clooney?
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