Bad News for Paris. Warum die LED-Lampen den Eisbären nicht retten und wir uns beim Energieverbrauch verhalten wie kleine Kinder mit zu viel Taschengeld

Was hilft gegen den Klimawandel – oder besser: Was hilft nicht? Inzwischen setzen viele Menschen ihre letzten Hoffnungen in moderne Technologien, um noch rechtzeitig eine Trendwende beim Klimawandel herbeizuführen.  Neuere Forschung zeigt, dass das bisher nicht funktioniert hat, und weist auf ein wenig bekanntes Problem hin: den Rebound-Effekt.  

Eisbär auf EisschollePolar Bears on Thin Ice von Christopher Michel via Flickr (https://www.flickr.com/photos/cmichel67/19775635002), cc (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)Wieder einmal stand eine neue Klimakonferenz an und wieder einmal mahnten die wichtigsten Personen dieses Planeten, dass nun wirklich eine Kehrtwende notwendig sei. Einzig – kaum jemand glaubt noch ernsthaft daran, dass sich tatsächlich etwas ändert, zu vielschichtig und zu konträr sind die Interessen der einzelnen Staaten. Das entscheidende Ziel jedoch – und hier sind sich alle einig – sind effektive CO2-Einsparungen. Je weniger CO2 ausgestoßen wird, desto weniger erwärmt sich die Erde. Eine zentrale Rolle zur Reduzierung von CO2 spielt in vielen Ländern die Energieeffizienz. 

Wie funktioniert das? Angenommen die heutigen Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Backöfen usw. werden wie geplant dank neuester Techniken bis 2020 um 20 % effizienter (Europäische Kommission, 2008). Dann, so das Kalkül, wird auch 20 % weniger Strom verbraucht. Besonders hohes Einsparpotenzial verspricht man sich beispielsweise bei Licht, Autos und der Wärmedämmung. Alle sollen enorme Energieeinsparungen herbeiführen und somit zur Rettung des Planeten beitragen, ohne dass wir unseren Lebensstandard senken müssen.    

Trotz dieses cleveren Vorschlags gibt es nun ein kleines Problem: Die letzten 20 Jahre zeigen, das der Energieverbrauch sowohl EU-weit als auch in Deutschland praktisch stagniert. Mit anderen Worten, Deutschland war trotz aller Anstrengungen, eine Trendwende im Energieverbrauch einzuleiten, auch nicht erfolgreicher als die Klimasünder USA oder China. 

Was ist das Problem? Die einfache Erklärung hierfür ist, dass praktisch sämtliche Einsparungen mit Hilfe von energieeffizienteren Geräten durch unseren zusätzlichen Energiehunger zunichte gemacht wurden.  Einen solchen sogenannten Rebound-Effekt findet man im Kleinen, wenn Personen ihre neuen Sparlampen nicht mehr ausschalten, öfter halbvolle Waschmaschinen laufen lassen oder „energieeffiziente“ Riesenfernseher und Monsterkühlschränke kaufen. Die neuen Geräte sind zwar technologisch effizienter als ihre Vorgänger, verbrauchen aber durch ihre Größe auch mehr Strom. In diesem Fall sprechen wir von einem direkten Rebound-Effekt: Die Einsparungen werden durch zusätzlichen Verbrauch zunichte gemacht. Wie stark dieser Effekt sein kann, lässt sich anschaulich im Mobilitätssektor aufzeigen. Seit mehr als 50 Jahren beträgt die Zeit, die wir täglich zur Fortbewegung nutzen, zwischen 60 und 90 Minuten. Dabei hat sich die zurückgelegte Distanz um 350 % erhöht (Schaefer, 2006). Das liegt zum einen an besseren Transportmöglichkeiten, die uns ein schnelleres Vorankommen ermöglichen, und zum anderen an niedrigeren Fahrtkosten pro Kilometer. Kurzum, mit einem relativ stabilen Zeit- und Geldbudget nutzen wir moderne Technologien, um weiter und schneller voran zu kommen. 

Es kommt noch schlimmer. Natürlich können Licht und Fernseher nicht ewig laufen, die Heizung kann nicht noch wärmer machen und das Auto kann nicht unbegrenzt fahren. Irgendwann werden daher weitere Energieeffizienzmaßnahmen zu Energieeinsparungen und damit zu niedrigeren Strom-, Tank- und Gasrechnungen führen. Bleibt die Frage: Was tun mit dem gesparten Geld?

Hand aufs Herz: Was tun Sie mit Ihrem zusätzlichen Weihnachtsgeld? Ich weiß es nicht, aber zur Kompensation des eigenen CO2-Ausstoßes oder für den Umweltschutz legen es die Wenigsten an (Herring & Roy, 2007).  Die Verhaltensökonomie zeigt klar, dass wir eine schier unbegrenzte Anzahl an persönlichen Bedürfnissen haben, die wir, wenn Zeit und Geld zur Verfügung stehen, befriedigen. Das eingesparte Geld wird also praktisch immer in zusätzlichen Konsum angelegt. Ökologisch betrachtet ist das meist wenig vorteilhaft, denn die eingesparten 500 Euro durch Wärmedämmung und LEDs sind, angelegt in einem Langstreckenflug, weitaus CO2-intensiver, als wenn Sie das Geld über Ihre Heizung in die Luft geblasen hätten. In diesem Fall sprechen wir von einem indirekten Rebound-Effekt. Wir werden immer einen Weg finden, zusätzliches Geld auszugeben, und genau hier ist der Haken: Denn zusätzliches Geld verwenden wir meist nicht ökologischer, als wenn wir es erst gar nicht eingespart hätten.

Was ist die Lösung des Problems? Wir verhalten uns wie kleine Kinder mit zu viel Taschengeld am Kiosk. Da die meisten (inklusive mir) vermutlich nichts Sinnvolles mit dem Geld anstellen werden, bleiben zwei Optionen:  Entweder wir hoffen darauf, möglichst viele Menschen zu aktiven Umweltschützer*innen umzuerziehen (siehe Otto et al., 2014) oder wir sehen ein, dass sparsamere Technologien zwangsläufig mit höheren Ausgaben einhergehen müssen, um wirksam zu sein. An dieser Stelle setzt übrigens eine CO2-Steuer an, denn sie lenkt den angeregten Konsum hin zu ökologischerem Verhalten.

P.S.: Denken Sie in diesem Zusammenhang doch einfach nochmal an die steigenden Strompreise. Vielleicht ärgern Sie sich beim nächsten Mal ein bisschen weniger. Wenn das nicht hilft, vergleichen Sie doch einfach noch einmal ihre aktuelle und ihre alte (inflationsangepasste) Stromrechnung vor 10 Jahren. Vielleicht stellen Sie ja fest, dass sie gar nicht so viel mehr für Ihren Strom zahlen als vor 10 Jahren.

 

Quellen:

Commission of the European Communities. (2008). Energy efficiency: Delivering the 20% target. Brussels, Belgium: Author.

Herring, H. & Roy, R. (2007). Technological innovation, energy efficient design and the rebound effect. Technovation, 27, 194-203.

Otto, S., Kaiser, F. G. & Arnold, O. (2014). The critical challenge of climate change for psychology. European Psychologist, 19, 96-106.

Schaefer, A. (2006). Long-term trends in global passenger mobility. The Bridge, 36, 24-32.

Inflationsrechner: http://www.finanz-tools.de/inflationsrechner-kaufkraftverlust.php