Die Illusion der Effizienz: Warum Multitasking uns in die Irre führt
Darf ich beim Abwaschen überhaupt Musik hören? Beim Wohnung-Putzen einen Podcast anmachen, beim Filme-Schauen Nachrichten auf dem Handy lesen? Multitasking kennen wir alle, aber: In welchen Situationen ist Multitasking überhaupt möglich? Und kann es sogar schädlich sein?
Hören Sie gerade noch nebenbei Musik, während Sie diesen Artikel lesen? Oder lesen Sie diesen Artikel während eines Vortrags? Selbst wenn Sie diesem Artikel ganz vorbildlich die volle Aufmerksamkeit schenken, passiert es doch allzu oft, dass wir versuchen, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen – sogenanntes Multitasking.
Multitasking bezeichnet Situationen, in denen wir mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, wie beispielsweise E-Mails checken während eines Meetings oder eine Einkaufsliste im Kopf aufsetzen, während wir eigentlich der Professorin im Hörsaal zuhören sollten. Aber auch, wenn wir während des Putzens einem Podcast lauschen, wäre das Multitasking.
Und ja, wir alle tun es. Laut einer Studie von Kraushaar und Novak (2010) beschäftigen sich 42% der Studierenden in einer Lehrveranstaltung mit Dingen, die nichts mit der Lehrveranstaltung zu tun haben. Es fühlt sich ja auch praktisch an, mehrere Aufgaben in der gleichen Zeit erledigen zu können.
Aber kann Multitasking wirklich funktionieren? Unser Gehirn ist nicht gut darin, seine Aufmerksamkeit mehreren komplexen Aufgaben gleichzeitig zuzuwenden. Wenn wir Multitasking betreiben, wechselt seine Aufmerksamkeit schnell zwischen den verschiedenen Aufgaben hin und her. Multitasking ist insofern also pure Illusion. Der passendere Ausdruck wäre also eher „Monotasking with fast switching“. Diese Vorgehensweise funktioniert jedoch nicht reibungslos und ist sehr anstrengend. Außerdem zeigten Sana und Kolleg*innen (2013), dass Studierende, die sich während einer Lehrveranstaltung mit anderen Dingen beschäftigen, auch die hinter ihnen sitzenden Mitstudierenden ablenken, die auf die Bildschirme in der Reihe vor sich schauen. All das zeigt, dass Multitasking sogar schädlich sein kann.
Es gibt aber ein paar einfache Tipps, wie wir Ablenkung vermeiden können: aufmerksames Mitschreiben (am besten von Hand, dann vermeiden wir schon mal elektronische Ablenkungen), am Vorabend eine To-Do-Liste mit Zeitplan erstellen (so sieht man auch gleich, was alles realistischerweise erledigt werden kann), Pausen im Laufe des Tages einplanen, um den sozialen Bedürfnissen nachzukommen, und das Handy für die nächste halbe Stunde so verstauen, dass es weder im Blickfeld noch direkt greifbar ist.
Die gute Nachricht ist aber: Multitasking ist nicht immer schädlich. Es gibt nämlich einen entscheidenden Unterschied zwischen den Situationen im Hörsaal bzw. beim Filmschauen einerseits und dem Abwasch bzw. Wohnungsputz andererseits. Bei automatisierten Handlungen wie dem Abwaschen hat unser Gehirn genügend Kapazität, um nebenbei etwas Zusätzliches zu erledigen. Während wir den Abwasch machen oder die Wohnung aufräumen, können wir also problemlos Musik hören.
Literaturverzeichnis
Sana, F., Weston, T., & Cepeda, N. J. (2013). Laptop multitasking hinders classroom learning for both users and nearby peers. Computers & Education, 62, 24-31.
Kraushaar, J. M., & Novak, D. C. (2010). Examining the affects of student multitasking with laptops during the lecture. Journal of Information Systems Education, 21(2), 241-252.
Aagaard, J. (2019). Multitasking as distraction: A conceptual analysis of media multitasking research. Theory & Psychology, 29(1), 87-99.
Bildquelle
Autor*innen
Artikelschlagwörter
Blog-Kategorien
- Corona (27)
- Für-Kinder (0)
- In-eigener-Sache (8)
- Interviews (11)
- Rechtspsychologie (24)
- Sozialpsychologie (217)
- Sportpsychologie (38)
- Umweltpsychologie (22)