Ein Spiegelbild des Selbst: Was Dein Garten über Dich aussagt

Für manche ist es mehr Last als Freude, für andere gibt es nichts Schöneres: Gärtnern landet regelmäßig auf Platz 1 der beliebtesten Hobbys. Jedoch gibt es große Unterschiede in der Art und Weise, wie man gärtnert. Könnte die Gartenarbeit also damit zusammenhängen, wer wir sind und wie wir uns selbst sehen?

Stell Dir vor, Du schlenderst durch Deine Nachbarschaft und Dein Blick schweift über ver-schiedene Vorgärten: Du siehst zerzauste Grasbüschel erdrückt unter verstreutem Kinderspielzeug, fleißig von Bienen umschwirrte Blühwiesen und ins feinste Detail gestaltete Blumenrabatte nebst sauber getrimmter Rasenkante. Na, ertappst Du Dich auch dabei, wie Du allein vom Aussehen dieser Gärten auf ihre Besitzer*innen schließt, etwa auf deren Ordentlichkeit oder Öko-Bewusstsein?

Vom Äußeren eines Gartens auf bestimmte Persönlichkeitseigenschaften zu schließen, erscheint wie reine Küchenpsychologie. Wer wir sind und wie wir uns sehen, spiegelt sich aber tatsächlich in unserem Garten wider. So spielen zum einen persönliche Vorlieben, Bedürfnisse oder auch Persönlichkeitseigenschaften eine Rolle dafür, welche Gärten wir bevorzugen. Zum anderen drückt sich unsere Identität in der Art und Weise, wie wir gärtnern, aus.

Individuelle Vorlieben spiegeln sich nicht nur in der Auswahl unserer Pflanzen wider, sondern auch in der Art und Weise, wie wir sie anpflanzen. In einer niederländischen Studie interessierten sich Forscherinnen dafür, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Stil des eigenen Schrebergartens und persönlichen Eigenschaften gibt (van den Berg & van Winsum-Westra, 2010). Hierfür unterschieden die Forscherinnen zunächst drei Gartenstile anhand dessen, wie „förmlich“ sie wirkten. Förmliche Gärten sind sehr gepflegt, sauber und in geraden, regelmäßigen Mustern angeordnet, wie man es etwa von Barockgärten kennt. Hingegen sind nicht-förmliche Gärten natürlich, wild und häufig in einem starken Durcheinander bewachsen. Zwischen diesen Extremen liegen romantische Gärten wie etwa leicht strukturierte, jedoch üppig bewachsene Bauern- und Rosengärten.

Zudem schätzten die befragten Schrebergärtner*innen ein, wie wichtig ihnen im Allgemeinen klar strukturierte und eindeutige Situationen, etwa im Kontakt mit anderen Menschen, sind. Wenn dieses persönliche Bedürfnis nach Struktur besonders stark ausgeprägt war, hatten die Gärtner*innen eher einen gepflegten oder einen romantischen Garten. Hatten die Befragten aber kein Problem mit uneindeutigen oder unvorhersehbaren Situationen, waren ihre Schrebergärten wilder und naturnäher gestaltet (van den Berg & van Winsum-Westra, 2010). Unsere psychologischen Grundbedürfnisse spielen also eine Rolle dafür, welche Gartenstile wir bevorzugen.

Neben diesen persönlichen Präferenzen drückt sich auch unsere Identität darin aus, wie wir unseren Garten gestalten und pflegen (Gross, 2018). Die Identität umfasst, wie wir uns selbst als Person sehen. Darunter fällt, welche Persönlichkeit wir uns zuschreiben und welche Verhaltensweisen wir als typisch für uns sehen. Doch auch, wovon wir überzeugt sind, und zu welchen sozialen Gruppen wir uns zugehörig fühlen, ist Teil unserer Identität. Somit besteht diese also aus vielzähligen Facetten, wovon sich eine auf die Frage beziehen kann: Welcher Gärtnertyp bin ich?

Eine mögliche Antwort auf diese Frage kann die ökologische Identität sein. Diese beschreibt, wie sehr wir uns mit der natürlichen Umwelt verbunden fühlen. Forscherinnen haben 466 Personen aus Minnesota zu ihrer ökologischen Identität und zu ihren Gärtnermethoden befragt (Kiesling & Manning, 2010). Je stärker deren ökologische Identität ausgeprägt war, desto eher setzten die Befragten umweltfreundliche Methoden ein, beispielsweise sparsam mit Wasser umzugehen, zu kompostieren oder nur heimische Blumen anzupflanzen. Wenn wir uns also als ökologische Gärtner*innen identifizieren, handeln wir auch entsprechend und bekämpfen beispielsweise vermeintliches Unkraut nicht mit Pestiziden.

Dein Garten kann somit durchaus ein Spiegelbild Deines Selbst sein, indem Deine Persönlichkeit, individuelle Vorlieben und Deine Identität mitbestimmen, welche Gärten Du als schön empfindest und wie Du selbst gärtnerst. Wenngleich selbstverständlich vielzählige Gründe denkbar sind, kann es demnach etwas über die jeweiligen Gärtner*innen in Deiner Nachbarschaft aussagen, wenn sie eine saubere Rasenkante oder eher den Wildwuchs bevorzugen.

Literaturverzeichnis

Gross, H. (2018). The psychology of gardening. Routledge. https://doi.org/10.4324/9781315460857

Kiesling, F. M., & Manning, C. M. (2010). How green is your thumb? Environmental gardening identity and ecological gardening practices. Journal of Environmental Psychology, 30(3), 315-327. https://www.doi.org/10.1016/j.jenvp.2010.02.004

van den Berg, A. E., & van Winsum-Westra, M. (2010). Manicured, romantic or wild? The relation between need for structure and preferences for garden styles. Urban Forestry & Urban Greening, 9, 179–186. https://doi.org/10.1016/j.ufug.2010.01.006

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