Flüchtlinge und die Lügenpresse
Das Thema Flüchtlinge wird heiß diskutiert. BefürworterInnen und GegnerInnen einer Willkommenspolitik kämpfen mit Zahlen und Fakten – und zwar jeder mit den eigenen. Gibt es überhaupt eine Wahrheit zwischen verbaler Brandstiftung und Lügenpresse?
Flüchtlinge trifft man jetzt überall. Ein paar Flüchtlinge auf den Straßen. 1,5 Millionen Flüchtlinge in den Medien. Ob auf der Straße oder in den Medien, das Thema Flüchtlinge sorgt für hitzige Debatten. Links-utopische VertreterInnen erträumen kulturelle Bereicherung und Volksverjüngung. Dunkeldeutsch-Konservative zeichnen das Bild der Asylbetrüger und des wirtschaftlichen Zusammenbruchs.
Wie sehen Sie es? Vermutlich haben Sie sich gut informiert und aufgrund von Fakten und Argumenten befunden, dass Flüchtlinge eine Bedrohung oder eben eine große Chance darstellen. Schön wäre es. Laut sozialpsychologischen Befunden ist es vermutlich umgekehrt. Ausgehend von Ihrer Einstellung haben Sie sich jene Fakten ausgesucht, die Ihre bestehende Einstellung bestätigen.
Zahlreiche Studien zeigen, dass Menschen sich nicht unvoreingenommen informieren, sondern jene Medien konsumieren, die mit ihrer politischen Einstellung konform sind (Hart et al., 2009). Linke lesen linke Medien, Rechte lesen rechte Medien. Das Aufsuchen von einstellungsbestätigender Information – der sogenannte Confirmation Bias – bedingt wiederum, dass sich unsere Einstellungen festigen, mitunter extremer werden.
Besteht erst einmal eine klare Einstellung, wird aber auch neutrale Information nicht mehr als neutral bewertet. Unter dem Hostile Media Phenomenon (Vallone, Ross & Lepper, 1985) fassen PsychologInnen zusammen, dass eine Voreinstellung zu einem Thema dazu führt, dass Medien nicht als neutral, sondern als parteiisch gesehen werden. Ein und derselbe Text wird von Linken als rechtsgefärbt, von Rechten als linksgefärbt empfunden. Eine Einstellung ist also leicht zu verteidigen: Wenn mir die Fakten nicht passen, sind sie falsch. Die Presse lügt!
Die Meinung der anderen ist manchmal unerträglich. Doch in einem demokratischen Rechtsstaat müssen wir das aushalten. Wenn er funktioniert, sind alle Meinungen erlaubt. Und wenn er funktioniert, werden Flüchtlinge aufgenommen, egal, ob sie uns das Leben leichter oder schwerer machen.
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