Scheitel rechts – Wie Aussehen, politische Einstellungen und Wahlerfolg zusammenhängen

Oft werden Vorurteile als grundsätzlich falsch angesehen. Wie kann man Menschen aufgrund oberflächlicher Merkmale, wie ihrem Aussehen, beurteilen? Das Gleiche gilt natürlich auch für Politiker, bei denen ja die politische Meinung und nicht das Aussehen relevant sein sollte. Es zeigt sich aber, dass der erste visuelle Eindruck oft korrekt ist, wenn es darum geht politische Meinungen einzuschätzen. Selbst der Wahlerfolg kann von der Korrektheit solcher Einschätzungen abhängig sein.

Vor Wahlen stehen PolitikerInnen und deren Unterstützer vor der Frage, wie sie die Gunst der Wählerschaft für sich gewinnen können. Leute denen sie nie zuvor begegnet sind, sollen sich ausgerechnet für sie entscheiden um die Geschicke des Landes zu lenken. Um das Vertrauen der Wählerschaft für sich zu gewinnen gibt es unterschiedliche Ansätze. Wer idealistischer veranlagt ist, kann versuchen inhaltlich zu überzeugen. Durch Kampagnen, öffentliche Auftritte, Zeitungsartikel und viele weitere Kanäle, können politische Meinungen, Einstellungen und Werte kommuniziert werden. Zusätzlich können bisherige Errungenschaften als Zeichen für Engagement und Schlauheit gepriesen werden.

Dieses Ideal ist zwar sicher anstrebenswert, doch gibt es Befunde die deren Wirkung in Frage stellen. Anscheinend können auch scheinbar sehr oberflächliche Merkmale, wie z.B. das Aussehen des Politikers oder der Politikerin, Wahlen beeinflussen. So haben Stulp und Kollegen (2012) gezeigt, dass der grössere Kandidat bei US Präsidentschaftswahlen  im Vorteil ist.

Oft werden diese äusseren Merkmale, wie etwa das Aussehen der Kandidaten, als wertlos und sogar irreführend betrachtet. Untersuchungen an der Universität Basel zeigten jedoch, dass die politische Einstellungen (auf einer links-rechts Achse)  von unbekannten Schweizer Politikern, alleine anhand ihrer Portraitaufnahmen erkannt werden kann. Auch wenn nicht alle Politiker gleich einfach zu durchschauen waren, so gab es doch über alle Politiker hinweg einen deutlichen Zusammenhang zwischen den Urteilen der Versuchspersonen und den tatsächlichen politischen Einstellungen (Samochowiec, Wänke & Fiedler, 2010).

Dieser Befund verdeutlicht, dass politische Meinungen nicht nur durch Inhalte, sondern auch über das Aussehen kommuniziert werden (die Befunde konnten auch mit nicht-Politikern repliziert werden). Natürlich können keine komplexen Ideen zur Finanzierung des Gesundheitswesens kommuniziert werden. Grundlegende Werte, Welt- und Menschenbilder, schlagen sich aber dennoch sowohl im Aussehen, wie auch in politischen Einstellungen (zumindest auf einer links-rechts Dimension) nieder.

Entscheidend für den Erfolg in der Poliktik ist, dass äusserliche und inhaltliche Merkmale zu einander passen. Eine Analyse der Schweizer Politiker hat nämlich ergeben, dass jene Politiker, die von den Versuchspersonen nicht korrekt eingeschätzt werden konnten, auch geringere Chancen hatten erneut ins Parlament gewählt zu werden. Wessen politische Meinung also an der Nase abzulesen ist, wird eher wiedergewählt!

Quelle:

Samochowiec, J., Wänke, M.,& Fiedler, K. (2010). Political Ideology at Face Value. Social Psychology and Personality Science, 1, 20621
Stulp, G., Buunk, A.P., Verhulst, S., & Pollet, T.V. (2013). Tall claims? Sense and nonsense about the importance of height of US presidents. The Leadership Quarterly 24. 159-171