Steigert Enthusiasmus den Lernerfolg wirklich?
Frei übersetzt schreibt William Arthur Ward: Eine mittelmäßige Lehrperson erzählt, eine gute Lehrperson erklärt, eine bessere Lehrperson demonstriert und eine großartige Lehrperson inspiriert. Was bewirkt diese Inspiration oder der Enthusiasmus bei Lernenden?
Beinahe jede Person, die eine Rede oder ein Referat hält, ob im Familienkreis oder im Beruf, fragt sich, wie die Ansprache vor Publikum so gestaltet werden kann, dass alle zuhören, dass etwas vermittelt wird, was auch alle möglichst interessant finden. Wer will schon vor anderen stehen und in gelangweilte und/ oder abgewandte Gesichter und Augen schauen?
Enthusiasmus ist ein Forschungsgebiet, was bereits jahrzehntelang in der Psychologie verankert ist. Motivation und Stagnation als verwandte Konzepte stellen den Antrieb bzw. im Gegenzug das Fehlen dessen dar, also die Voraussetzung dafür, zu handeln, zu lernen. Zwei Theorien stehen in diesem Kontext im Widerspruch zueinander:
Nach einer emotionalen Theorie können enthusiastische verbale und nonverbale Reize emotionale Zustände in Lernenden positiv beeinflussen. Verbale enthusiastische Reize können sich in einem schnellen Sprechtempo oder zusätzlichen positiv aktivierenden Bemerkungen äußern. Nicht verbale Reize können sich in mimischen Ausdrucksformen wie einem Lächeln oder weit geöffneten Augen ausdrücken. Diese Reize von Lehrpersonen lösen in Lernenden eine Wahrnehmung, Motivation und Lernergebnisse aus, die ihnen das Annähern an den Lernprozess erleichtern. Enthusiasmus unterstützt nach dieser Vorstellung den Prozess des Lernens.
Darüber hinaus gibt es eine an einem Gedächtnismodell orientierte Theorie, die davon ausgeht, dass die Aufnahmefähigkeit des Gedächtnisses begrenzt ist. Durch diese Begrenzung stellen die positiven Emotionen, die Teil von Enthusiasmus sind, Belastungen dar, die sich negativ auf die Wahrnehmung, die Motivation und Lernergebnisse auswirken. Nach der Theorie der begrenzten Aufnahmefähigkeit sollte Enthusiasmus für Lehrsituationen also vermieden werden, weshalb ein Lehren mit neutraler emotionaler Grundstimmung empfohlen wird.
Diese Widersprüche sind bis jetzt noch nicht vollends geklärt. Es gibt also weiterhin noch viel zu entdecken in der Forschung. Zum Beispiel ist durch das Fortschreiten von Technologien ein Einsatz von Robotern oder pädagogischen Agenten als Lehrpersonen möglich. Ob lebendig oder künstlich - die Frage bleibt bestehen: Ist Enthusiasmus lernförderlich oder wird besser gelernt, wenn die Lehrperson oder der Lehrroboter neutral den Lehrstoff vermittelt?
Quellen:
Holz, N., Larrouy-Maestri, P., & Poeppel, D. (2021). The paradoxical role of emotional intensity in the perception of vocal affect. Scientific Reports, 11(1), 9663. https://doi.org/10.1038/s41598-021-88431-0
Liew, T. W., Mat Zin, N. A., & Sahari, N. (2017). Exploring the affective, motivational and cognitive effects of pedagogical agent enthusiasm in a multimedia learning environment. Human-Centric Computing and Information Sciences, 7(1), 9. https://doi.org/10.1186/s13673-017-0089-2
Patrick, B. C., Hisley, J., & Kempler, T. (2000). “What’s Everybody So Excited About?”: The effects of teacher enthusiasm on student intrinsic motivation and vitality. The Journal of Experimental Education, 68(3), 217–236. https://doi.org/10.1080/00220970009600093
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