Was esse ich später? Vom Vorsatz zum gesunden Essen im Alltag
Tagtäglich treffen wir Entscheidungen zum Essen: Was, wann, wie viel? Doch wie gut sind wir darin, uns beim Essen an das zu halten, was wir uns vorgenommen haben? Und welche Faktoren beeinflussen das?
Ob beim Sport, bei der Prüfungsvorbereitung oder beim Essen – wir setzen Vorhaben oft nicht in dem Ausmaß um, wie wir es gerne hätten. Was wir oft im echten Leben merken, zeigt auch die Psychologie: die „Intentions-Verhaltens-Lücke“ – also das Zurückbleiben des Verhaltens hinter dem Vorsatz – ist breit erforscht und zeigt sich über viele Verhaltensweisen hinweg (Sheeran & Webb, 2016).
Wie genau diese Lücke zustande kommt, verstehen wir in Teilen auch. Wenn wir uns etwas vornehmen, scheitern wir oft an unserem Idealismus und antizipieren nicht, welche Faktoren uns an der Umsetzung des angestrebten Verhaltens hindern könnten. Wir übersehen zum Beispiel, dass noch Schokolade im Schrank ist, die uns irgendwann locken wird, oder dass uns Oma an ihrem Geburtstag sicher Kuchen anbieten wird. Dadurch fassen wir unrealistische Vorsätze. Das ist vor allem dann verständlich, wenn wir uns Vorsätze über längere Zeiträume setzen (z.B. „Die nächsten drei Monate esse ich nur sonntags Schokolade.“), in denen es zu vielen unvorhersehbaren Hindernissen kommen kann. Dementsprechend beschäftigt sich auch der Großteil der Forschung mit solchen längerfristigen Vorhaben.
Meine Kolleg*innen und ich haben uns hingegen gefragt, wie gut Menschen sehr kurzfristige Vorsätze umsetzen (Aulbach et al., 2024). Dazu haben wir Leute gesucht, die grundsätzlich das Ziel hatten, bestimmte Nahrungsmittel (z.B. Schokolade oder Fleisch) weniger oder gar nicht mehr zu essen. Diese haben dann zwei Wochen lang tagsüber alle drei Stunden Fragen am Handy beantwortet, etwa solche: „Wie sehr hast du dich in den letzten drei Stunden im Sinne deines Ziels verhalten?“ und „Wie sehr hast du vor, dich in den nächsten drei Stunden im Sinne deines Ziels zu verhalten?“
In fast der Hälfte aller Drei-Stunden-Intervalle konnten die Befragten ihren Vorsatz nicht voll umsetzen – sie hatten es also mit der „Intentions-Verhaltens-Lücke“ zu tun. Wir konnten mehrere Faktoren identifizieren, die die Umsetzung der Vorsätze erschwerten: Besonders groß war die Intentions-Verhaltens-Lücke, wenn die Personen in den letzten drei Stunden viel Stress oder starken Heißhunger erlebt hatten. Außerdem erhöhte die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, die nicht zum Ziel passten, das Risiko, diese auch zu essen. Wenn andere Personen in der Nähe etwas aßen, was man selbst vermeiden wollte, vergrößerte dies ebenfalls die Wahrscheinlichkeit, selbst auch davon zu essen. Jedoch half es in diesem Fall, wenn man sich besonders stark vorgenommen hatte, nicht zu essen: Wenn das zuvor gefasste Vorhaben besonders stark war, konnte man sich also so vor dem Einfluss anderer „schützen“.
Für den Alltag lassen sich daraus ein paar Schlüsse ziehen. Wenn man sich etwas vornimmt, sollte man darüber nachdenken, was der Umsetzung im Wege stehen könnte, und im Idealfall schon Strategien zur Bewältigung parat haben. Zudem hilft es, die Verfügbarkeit von Lebensmitteln zu verringern: Wer weiß, dass die nächsten Stunden stressig werden, räumt am besten die Schokolade weit weg und ersetzt sie gegebenenfalls mit Nüssen oder ähnlichem. Wenn Versuchungen gar nicht erst auftauchen, können wir ihnen vermutlich am besten widerstehen (Ent et al., 2015).
Literaturverzeichnis
Aulbach, M. B., van Alebeek, H., Jones, C. M., & Blechert, J. (2024). Why we don’t eat as intended: Moderators of the short-term intention–behaviour relation in food intake. British Journal of Health Psychology, n/a(n/a). https://doi.org/10.1111/bjhp.12714
Ent, M. R., Baumeister, R. F., & Tice, D. M. (2015). Trait self-control and the avoidance of temptation. Personality and Individual Differences, 74, 12–15. https://doi.org/10.1016/j.paid.2014.09.031
Sheeran, P., & Webb, T. L. (2016). The Intention–Behavior Gap. Social and Personality Psychology Compass, 10(9), 503–518. https://doi.org/10.1111/spc3.12265
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