Wenn Kinder Krieg in den Nachrichten sehen
Ein Beitrag von Carolin Wolters
Kinder haben immer früher Zugang zu Nachrichten über Massenmedien. Psychologische Forschung zeigt, dass Kriegsberichterstattung verstörend wirken kann und das Alter bei den Reaktionen eine entscheidende Rolle spielt.
Medienberichte über den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022 haben viele Menschen erschüttert. Durch den breiten Zugang zu visuellen Medien wie Internet und Fernsehen haben auch viele Kinder bereits Bilder des Krieges gesehen. Darauf reagieren Kinder ganz unterschiedlich.
Welche Emotionen werden durch Kriege bei Kindern hauptsächlich ausgelöst? Es gab dazu über die letzten Jahrzehnte hinweg viel Forschung bei unterschiedlichen Kriegskonflikten. Die Ergebnisse zeigten, dass Kinder am häufigsten Gefühle von Traurigkeit, Angst und Ärger berichten. Am stärksten belastet waren Kinder, die sich selbst in Kriegsgebieten befanden. Im anderen Extrem wird in Einzelfällen auch von positiven Gefühlen wie Stolz berichtet. Während Medienberichte über Krieg also ganz unterschiedliche Emotionen auslösen können, führen sie doch am häufigsten zu belastenden Gefühlen wie Angst.
Bei den Reaktionen auf Kriegsberichte stellte sich ein Faktor als besonders wichtig heraus: das Alter der Kinder (Smith & Moyer-Gusé, 2006). Jüngere Kinder hatten mehr Angst vor ganz konkreten, bildlich dargestellten Gefahren. Dahingegen hatten ältere Kinder mehr Angst vor sprachlich übermittelten Gefahren. Da ältere Kinder sprachlich weiter entwickelt sind, können sie abstrakte Informationen besser aufnehmen. Ihre Reaktionen hängen damit stärker von der tatsächlichen Bedrohungslage ab. Dies passt zu dem Befund, dass ältere Kinder den Krieg insgesamt als ernsthafter und beängstigender erlebten als jüngere Kinder.
Über verschiedene Altersgruppen hinweg zeigte sich recht deutlich, dass die Kinder umso mehr Angst hatten, je mehr Nachrichten sie schauten. Vereinzelte Studien betrachteten solche Zusammenhänge über längere Zeit hinweg. Dabei stellte sich heraus, dass ängstliche Reaktionen bei Kindern vom Verlauf des Krieges abhingen und nach einem Waffenstillstand wieder deutlich nachließen.
Ganz klar zeigt sich jedoch: Die Berichterstattung über Kriegsereignisse kann auf Kinder verstörend wirken. Viele Kinder brauchen im Umgang mit belastenden Gefühlen Unterstützung durch Erwachsene. Junge Kinder sind dabei ganz besonders auf den Schutz vor ungefiltert dargestellten Bildern und Videos über Kriegsgeschehnisse angewiesen, während älteren Kindern Gespräche über die Nachrichten helfen können.
Quellen:
Pfefferbaum, B., Tucker, P., Varma, V., Varma, Y., Nitiéma, P. & Newman, E. (2020). Children's reactions to media coverage of war. Current Psychiatry Reports, 22(8), 42. doi: 10.1007/s11920-020-01165-0.
Smith, S.L. & Moyer-Gusé, E. (2006). Children and the war on Iraq: Developmental differences in fear responses to television news coverage. Media Psychology, 8, 213-237. doi: 10.1207/s1532785xmep0803_2.
Bildquelle:
Autor*innen
Artikelschlagwörter
Blog-Kategorien
- Corona (27)
- Für-Kinder (0)
- In-eigener-Sache (8)
- Interviews (11)
- Rechtspsychologie (24)
- Sozialpsychologie (216)
- Sportpsychologie (37)
- Umweltpsychologie (22)