Weltmeister dank roter Trikots?
Glaubt man einer Studie von Hill und Barton (2005), so müssten dieses Jahr die Schweiz, Belgien, Südkorea, Spanien, Chile oder Portugal die größten Chancen haben, Fußballweltmeister zu werden. Denn all diese Nationen tragen rote Trikots!
In ihrer Studie haben Hill und Barton (2005) verschiedene Zweikampfsportarten an den olympischen Spielen 2004 untersucht, in denen die Sportler/-innen entweder rote oder blaue Sportbekleidung tragen müssen (z. B. Boxen, Taekwondo, Ringen). Über alle Sportarten hinweg gewannen die Sportler/-innen häufiger, wenn sie rote Kleider trugen, als wenn sie blaue Kleider trugen. In einer weiteren Studie haben die Forscher die Fußballergebnisse der Europameisterschaft 2004 in Portugal analysiert. Auch hier findet sich das gleiche Ergebnis: Mannschaften in roten Trikots gewinnen signifikant häufiger als Mannschaften in andersfarbigen Trikots! Der Vorteil von roten Trikots nimmt allerdings ab, sobald eine Mannschaft auf viel höherem Niveau als die andere Mannschaft spielt. Wenn dieses Jahr beispielsweise die in rot spielende Mannschaft aus Südkorea (Platz 57 der FIFA Weltrangliste) gegen einen ebenbürtigen Gegner wie Australien (Platz 62 der FIFA Weltrangliste) antritt, dann sollte sich eher ein Vorteil der roten Trikotfarbe bemerkbar machen, als wenn sie gegen die viel stärker einzuschätzende Mannschaft aus Brasilien treffen würde (Platz 3 der FIFA Weltrangliste).
Wie kann es aber sein, dass die Trikotfarbe einen solchen Einfluss auf die Leistung haben kann? Hill und Barton (2005) erklären die Befunde evolutionstheoretisch. So sei bei vielen Tieren die Farbe rot ein testosteronbedingtes Signal von männlich hoher Qualität und Dominanz. Manche Studien zeigten dann auch, dass die artifizielle Einfärbung von Körperteilen mancher Tiere zu mehr Dominanz verhalf. Gleichermaßen sei bei Menschen die Farbe rot stark mit Aggression verbunden und könne so einen Einfluss auf die Fußballleistung haben. Es stellt sich hier aber die Frage, inwiefern die roten Trikots die eigene Leistung positiv beeinflussen oder ob sie nicht eher beim Gegner etwas Negatives auslösen. Von neueren Laborstudien wissen wir, dass die Wahrnehmung roter Reize in der Umwelt Vermeidungsverhalten auslöst (z. B. Mehta & Zhu, 2008). Gut möglich also, dass Gegner von roten Mannschaften weniger mutig, vorsichtiger, und defensiver spielen und deshalb auch weniger Tore schießen.
Quellen:
Autor*innen
Artikelschlagwörter
Blog-Kategorien
- Corona (27)
- Für-Kinder (0)
- In-eigener-Sache (8)
- Interviews (11)
- Rechtspsychologie (24)
- Sozialpsychologie (216)
- Sportpsychologie (38)
- Umweltpsychologie (22)