Fremder oder Freund? Unter welchen Umständen sich der Kontakt zwischen Deutschen und Geflüchteten positiv auf das Zusammenleben auswirken kann

Die sozialpsychologische Forschung legt nahe, dass die Migration von mehr Menschen nach Deutschland mittel- und längerfristig dazu führen kann, die Vorurteile der deutschen Mehrheitsbevölkerung zu reduzieren. Die aktuelle Flüchtlingssituation in Deutschland kann daher eine Chance sein, bisher fremde Kulturen und Religionen besser zu verstehen. Wichtig dafür ist allerdings, dass es zwischen den unterschiedlichen Gruppen nicht nur zu oberflächlichen Kontakten, sondern zu Freundschaften kommt. Gelingt dies, sehen wir Chancen sowohl für die deutsche Mehrheitsgesellschaft als auch für diejenigen, die zu uns kommen.

Bild 1: Geflüchtete Willkommen Originaltitel: Welcome refugees balloons – Refugee vigil Broadmeadows  Urheber: Takver Quelle: https://www.flickr.com/photos/takver/6719816855/in/photolist-beNPri-QQDmZx-6EunBB-oZGgzn-aUcXzH-aVHdDH-QXYxjb-9bbTfV-r7zjuy-RJWxEX-9p4fsC-cfHQUC-oipVPq-hTh3UX-maVArP-aFCowe-o4qbDY-JpWMr5-7oroHM-RErXnq-78cxz7-aEZB21-qKTZQd-6GU9sf-cq8yUS-gunVTz-8CHeTP-jxnFXP-pRbTZs-bXLPUb-qMNfBU-RKrMs3-dumZGp-cmCnCY-a9DiNw-R1zQVF-fXjLNc-nHbfAU-S4y37e-RET7Kw-RETcX5-7TU75G-81Ame1-S4y4Nv-S4y1XF-syKk2r-aByDUr-RJ9vC3-BWaSY4-mka6s4 Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/Bild 1: Geflüchtete Willkommen Originaltitel: Welcome refugees balloons – Refugee vigil Broadmeadows Urheber: Takver Quelle: https://www.flickr.com/photos/takver/6719816855/in/photolist-beNPri-QQDmZx-6EunBB-oZGgzn-aUcXzH-aVHdDH-QXYxjb-9bbTfV-r7zjuy-RJWxEX-9p4fsC-cfHQUC-oipVPq-hTh3UX-maVArP-aFCowe-o4qbDY-JpWMr5-7oroHM-RErXnq-78cxz7-aEZB21-qKTZQd-6GU9sf-cq8yUS-gunVTz-8CHeTP-jxnFXP-pRbTZs-bXLPUb-qMNfBU-RKrMs3-dumZGp-cmCnCY-a9DiNw-R1zQVF-fXjLNc-nHbfAU-S4y37e-RET7Kw-RETcX5-7TU75G-81Ame1-S4y4Nv-S4y1XF-syKk2r-aByDUr-RJ9vC3-BWaSY4-mka6s4 Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/Je mehr Kontakt zu einer anderen Gruppe, desto besser funktioniert das gemeinsame Zusammenleben? Zu dieser Schlussfolgerung kann man kommen, wenn man sich die umfangreiche Forschung zur Kontakthypothese (Allport, 1954; Pettigrew & Tropp, 2006) anschaut – eine der am besten erforschten Theorien in der Sozialpsychologie (siehe Landmann, Aydin, van Dick, & Klocke, 2017). Aber trifft diese Schlussfolgerung auch auf Deutschland und die (aktuelle) Flüchtlingssituation zu? Mit dieser Frage möchten wir uns in diesem Artikel beschäftigen. 

Tatsächlich eignet sich Deutschland sehr gut, um die Kontakthypothese zu überprüfen, da es aufgrund der jüngeren deutschen Geschichte in verschiedenen Regionen sehr unterschiedliche Kontaktmöglichkeiten zu ethnischen Minderheiten gibt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Westdeutschland, das heißt die alte BRD, aufgrund der boomenden Wirtschaftslage schnell zu einem echten Einwanderungsland, das im Ausland um die sogenannten GastarbeiterInnen warb. In den 1950er und 1960er Jahren hatte Deutschland mit neun Staaten, darunter Italien, Spanien, Griechenland und die Türkei, Anwerbeabkommen geschlossen. Die Situation in der ehemaligen DDR war eine ganz andere; es kamen nur wenige GastarbeiterInnen, die zeitlich befristet in speziellen Wohnsiedlungen untergebracht wurden, sodass kaum Kontakt zur ostdeutschen Bevölkerung möglich war. An diesen unterschiedlichen Kontaktmöglichkeiten in Ost- und Westdeutschland zwischen Deutschen und AusländerInnen bzw. Deutschen mit Migrationshintergrund hat sich bis heute nicht allzu viel geändert. Während in den alten Bundesländern heute fast jede vierte Person einen Migrationshintergrund hat, ist es in den neuen Bundesländern jede zwanzigste Person (Statistisches Bundesamt: Mikrozensus – Bevölkerung mit Migrationshintergrund 2015). Im Jahr 2015 lebten 96.1 % der Personen mit Migrationshintergrund in Westdeutschland und Berlin. Gleichzeitig zeigen Umfragen, dass Menschen aus Ostdeutschland konsistent stärker ausgeprägte Vorurteile gegenüber ethnischen Gruppen haben als Menschen aus Westdeutschland (Wagner, van Dick, Pettigrew, & Christ, 2003). Ähnliche Unterschiede gibt es auch in Bezug auf Straftaten und Gewalt gegenüber Mitgliedern ethnischer Minderheiten, die in den neuen Bundesländern deutlich höher sind als im Durchschnitt der alten Bundesländer (Wagner et al., 2003). 

Wagner und Kollegen (2003) konnten in drei Studien mit insgesamt über 7000 Befragten zeigen, dass die Unterschiede in der Fremdenfeindlichkeit zwischen Ost und West aus unterschiedlichen Kontaktmöglichkeiten und -erfahrungen resultieren, die sich zum Beispiel aus dem Ausländeranteil in der Nachbarschaft oder in der Schulklasse ergeben. Da es weniger Möglichkeiten für Kontakt gibt, berichten Menschen in Ostdeutschland auch über weniger persönlichen Kontakt im Sinne von Freundschaften, Paarbeziehungen oder anderen wichtigen Beziehungen, die die TeilnehmerInnen als „persönlich relevant“ einschätzen. Genau diese Art von Kontakt ist es aber, die Vorurteile reduziert (van Dick et al., 2004). Betrachtet man Personen in Ostdeutschland, die gleich viel (oder wenig) persönlichen Kontakt zu AusländerInnen haben wie Menschen in Westdeutschland, so haben diese Personen auch ein gleich geringes (oder hohes) Ausmaß an Vorurteilen. Das bedeutet also, dass sich der Unterschied in Vorurteilen zwischen West- und Ostdeutschland deutlich verringert oder ganz verschwindet, wenn man das unterschiedliche Ausmaß an persönlichen Kontakten mit Ausländerinnen und Ausländern berücksichtigt (Wagner et al., 2003). 

Immer wieder plädieren deutsche Politikerinnen und Politiker – auch in der aktuellen Flüchtlingskrise – dafür, die Migration nach Deutschland zu begrenzen. Unter anderem führen sie dabei das Argument an, dass die Akzeptanz für Geflüchtete in der Bevölkerung sinke, wenn es zu viele von ihnen gebe. Ähnliche Argumente gab es bereits in den 1990er Jahren, als Hundertausende vor dem Balkankrieg sowie verschiedenen Bürgerkriegen in Afrika nach Deutschland flüchteten. Damals sagte Bundeskanzler Helmut Kohl in Bezug auf AsylbewerberInnen, dass die Grenze der Belastbarkeit überschritten sei. Er führte weiter aus, dass sich die Situation dramatisch zugespitzt habe und wir – wenn jetzt nicht gehandelt würde – vor der Gefahr einer tiefgehenden Vertrauenskrise gegenüber unserem demokratischen Staat und sogar eines Staatsnotstandes stünden (Helmut Kohl, 1992).

Tatsächlich konnten Semyonov, Raijman, Tov und Schmidt (2004) zeigen, dass eine Zunahme des wahrgenommenen Anteils von ethnischen Minderheiten zu einem Bedrohungsgefühl in der Bevölkerung führt, was wiederum ablehnende Einstellungen gegenüber diesen Minderheiten zur Folge hat. Gleichzeitig zeigte die Datenanalyse der AutorInnen aber auch, dass der wahrgenommene Anteil an ethnischen Minderheiten nicht unbedingt mit dem tatsächlichen Anteil zusammenhängt. Genauso wenig gab es einen Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Anteil ethnischer Minderheiten in der Gesamtbevölkerung und den (negativen) Einstellungen gegenüber Ausländerinnen und Ausländern. Man kann hier vermuten, dass der wahrgenommene Anteil an ethnischen Minderheiten stärker durch die Medien oder medienwirksame Aussagen mancher Politikerinnen und Politiker beeinflusst wird als durch den tatsächlichen Anteil ethnischer Minderheiten. 

Nun ist natürlich nicht zu bezweifeln, dass in 2015 tatsächlich sehr viele Menschen in Deutschland Zuflucht gesucht haben, weswegen die Frage, ob es eine Art „psychologische Obergrenze“ für die Zahl von ZuwandererInnen gibt, dennoch relevant ist. Wagner, Christ, Pettigrew, Stellmacher und Wolf (2006) untersuchten an einer repräsentativen Stichprobe mit etwa 2600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wie sich das mehr oder weniger multikulturelle Umfeld der Befragten auf deren Einstellungen gegenüber ethnischen Minderheiten auswirkt. Die Ergebnisse zeigten in Übereinstimmung mit den Befunden zu den Unterschieden zwischen Ost- und Westdeutschland (Wagner et al., 2003), dass je höher der Anteil an ethnischen Minderheiten in den Wohnbezirken der jeweiligen Befragten war, desto niedriger waren deren Vorurteile gegenüber AusländerInnen. Dieser negative Zusammenhang galt sogar für diejenigen Befragten, die in Bezirken mit dem allerhöchsten Ausländeranteil lebten, was dem „Obergrenzen-Argument“ eindeutig widerspricht.

Liest man von diesen Befunden, könnte man nun meinen, dass es ausreicht, Kontaktmöglichkeiten auch dort zu schaffen, wo es bisher schwierig ist, überhaupt auf ethnische Minderheiten zu treffen. Das ist jedoch nicht die ganze Wahrheit, denn Kontaktmöglichkeiten müssen auch genutzt werden. Wagner und van Dick (2001) haben die Daten einer europaweiten Umfrage, dem Eurobarometer 1997, analysiert, um zu zeigen, dass insbesondere Intergruppen-Freundschaften für die Reduzierung von Vorurteilen wichtig sind. In ihrer Studie haben die Autoren untersucht, inwiefern sich verschiedene Faktoren auf Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten auswirken. Hierbei wurde zwischen wirtschaftlichen und soziologischen Merkmalen der 15 beteiligten Länder unterschieden sowie zwischen individuellen Merkmalen der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer. Keinen bedeutsamen Einfluss auf die Ausprägung von Vorurteilen hatte beispielsweise das Bruttosozialprodukt der verschiedenen Länder. Der wichtigste soziologische Prädiktor war der Anteil der Nicht-EU-AusländerInnen. Nahm dieser zu, so stieg auch die Vorurteilsneigung im jeweiligen Land (das heißt, je größer der Anteil der ethnischen Minderheit, desto stärker die Vorurteile). Dieser Befund steht scheinbar im Widerspruch zu den Ergebnissen der bisher vorgestellten Studien, die einen umgekehrten Zusammenhang nahelegen (das heißt, je größer der Anteil der ethnischen Minderheit, desto geringer die Vorurteile). Eine Untersuchung von Schlüter (2006) kann helfen, diesen Widerspruch aufzuklären. Der Autor konnte zeigen, dass die wahrgenommene Bedrohung durch ethnische Minderheiten und Vorurteile gegenüber diesen von der negativen Nutzung des Migranten- bzw. Flüchtlingsthemas durch die Politik sowie die daraus resultierende mediale Berichterstattung zusammenhängen. Im Umkehrschluss konnten Tukachinsky, Mastro und Yarchi (2015) zeigen, dass eine positive Darstellung von ethnischen Minderheiten als sozial oder beruflich hoch angesehene Personen in US-amerikanischen TV-Sendungen zu verbesserten Einstellungen weißer US-AmerikanerInnen gegenüber diesen Minderheiten beitrug. Das heißt, ein hoher Anteil von Migranten und Migrantinnen in einem Land kann Vorurteile verstärken. Die Darstellung der ethnischen Minderheit in den Medien scheint dabei allerdings eine zentrale Rolle zu spielen.

Konsistent mit den zuvor vorgestellten Studien konnten Wagner und van Dick (2001) zeigen, dass Befragte mit Personen ausländischer Herkunft in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis weniger Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten haben. Bei genauerer Betrachtung zeigte sich zudem, dass die beiden Faktoren – also zum einen der Anteil ethnischer Minderheiten im jeweiligen Land und zum anderen interethnische Freundschaften – gemeinsam untersucht werden müssen: Besonders ungünstige Effekte hat der Anteil von Nicht-EU-AusländerInnen nämlich genau dann auf interethnische Einstellungen, wenn die Befragten keine Beziehungen zu Ausländerinnen und Ausländern hatten. Die Befragten, die angaben, keine ausländischen Bekannten oder Freundinnen und Freunde zu haben, aber in europäischen Ländern mit einem hohen Ausländeranteil leben, zeigten die allerhöchsten Vorurteile. Das heißt, Kontaktmöglichkeiten zu haben ohne diese zu nutzen, scheint zu besonders starken Vorurteilen zu führen. Bei Befragten mit ausländischen Freundinnen und Freunden hingegen waren die Vorurteile geringer – unabhängig davon, ob es in ihrem Land viele oder wenige Nicht-EU-AusländerInnen gab (Wagner & van Dick, 2001). Das heißt, Freundschaften scheinen Vorurteile zu verringern unabhängig davon, wie hoch der Anteil der ethnischen Minderheit ist. Auch dieser Befund deckt sich mit den Beobachtungen Schlüters (2006), dass die Empfänglichkeit für politische Propaganda, die das Flüchtlingsthema negativ darstellt, von den eigenen Kontakterfahrungen mit den betreffenden Gruppen abhängt. Je mehr Kontakt Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer zu ethnischen Minderheiten hatten, desto weniger wurden sie durch negative Berichterstattung zu diesem Thema verunsichert. 

Für die aktuelle Flüchtlingssituation in Deutschland sind diese Studienergebnisse äußerst relevant. Sie legen nahe, dass die Aufnahme von Geflüchteten (und damit die neuen Kontaktmöglichkeiten) alleine keine Vorurteile reduziert. Nur wenn es gelingt, die Kontaktmöglichkeiten sinnvoll zu nutzen, können langfristig negative Einstellungen gegenüber Geflüchteten verhindert werden. Vielversprechende Beispiele für positive Kontaktmöglichkeiten sind zum Beispiel Initiativen wie das Welcome Dinner, welches es mittlerweile in einigen deutschen Städten gibt (welcome-dinner.de), oder ein gemeinsamer Nähkurs für Geflüchtete und Deutsche in Hamburg. Auf der Internetpräsenz der Tagesschau werden über 700 Projekte vorgestellt, die Geflüchteten dabei helfen sollen, sich über positiven Kontakt zu Deutschen in Deutschland einzuleben (www.tagesschau.de/fluechtlingsprojekte/). 

Bild 2: Geflüchtetes Mädchen und ehrenamtliche Helferin.    Originaltitel: Refugees and Volunteers Urheber: Rilee Yandt. Quelle: https://www.flickr.com/photos/world_relief_spokane/ 5498909574/Bild 2: Geflüchtetes Mädchen und ehrenamtliche Helferin. Originaltitel: Refugees and Volunteers Urheber: Rilee Yandt. Quelle: https://www.flickr.com/photos/world_relief_spokane/ 5498909574/

Gerade weil 2015 so viele Menschen zu uns gekommen sind, die einen von uns abweichenden ethnischen, kulturellen und zum Teil religiösen Hintergrund haben, und dies zudem massiv in den Medien diskutiert wird, ist es von größter Wichtigkeit, dass wir uns um persönliche Kontakte mit Geflüchteten bemühen. Offenbar ist es unser eigener, aktiver Umgang mit diesem Thema, der sich darauf auswirkt, wie verunsichert wir durch die aktuelle Situation sind und wie stark dementsprechend unsere Vorurteile gegenüber Geflüchteten ausgeprägt sind. 

Eine Barriere für den Kontakt zu Geflüchteten kann die Angst vor „den Fremden“ darstellen, die immer auch eine menschliche Reaktion auf Unbekanntes ist. Kontakterfahrungen mit anderen Gruppen können genau deswegen Vorurteile abbauen, weil sie die Angst vor der fremden Gruppe reduzieren (Pettigrew & Tropp, 2008). Ebenso menschlich scheint es zu sein, Mitglieder der eigenen Gruppe im Vergleich zu Mitgliedern anderer Gruppen bevorzugt zu behandeln (Gaertner et al., 1997). Gelingt es nun, Gemeinsamkeiten oder eine mögliche übergeordnete Identität von Deutschen und Geflüchteten zu unterstreichen, anstatt die Andersartigkeit der Geflüchteten und die möglichen Schwierigkeiten bei deren Integration zu betonen, ließen sich die Einstellungen gegenüber Geflüchteten sowie das ihnen gegenüber gezeigte Verhalten deutlich verbessern (Gaertner, Dovidio, Anastasio, Bachman & Rust, 1993). Einen ersten Schritt in diese Richtung können PolitikerInnen leisten. Durch die inzwischen mehrfach wiederholte Äußerung „Der Islam gehört (auch) zu Deutschland“ (Angela Merkel, 2015; Wolfgang Schäuble, 2006; Christian Wulff, 2010) wird außerdem deutlich, dass die Betonung einer gemeinsamen, übergeordneten Gruppenzughörigkeit nicht zwangsläufig bedeutet, die ursprüngliche Identität aufgeben zu müssen (Gaertner & Dovidio, 2000).  

Abschließend lässt sich unsere Frage – e mehr Kontakt zu Geflüchteten, desto besser für das gemeinsame Zusammenleben? – also mit „Ja“ beantworten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anteil an Geflüchteten bzw. ethnischen Minderheiten an der Gesamtbevölkerung größer wird, so wie es für Deutschland schon jetzt feststeht (Statistisches Bundesamt: Mikrozensus – Bevölkerung mit Migrationshintergrund 2015). Es gibt eine seit Herbst 2015 anhaltende Welle der Hilfsbereitschaft und die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer werden in aller Regel von den Erfahrungen, die sie persönlich machen, profitieren. Aber die Forschung zeigt auch, dass indirekte Kontakterfahrungen geeignet sind, Vorurteile abzubauen (Wright, Aron, McLaughlin-Volpe, & Ropp, 1997). Das heißt, auch bei den Freundinnen und Freunde derjenigen, die unter anderem als Helferinnen und Helfer Kontakterfahrungen machen, können sich positive Einstellungen ausbilden. Zudem gibt es erste Berichte davon, dass Dörfer mit schwindenden Einwohnerzahlen davon profitieren, dass durch den Zuzug von Geflüchteten Schulen nicht schließen müssen oder kleine Geschäfte überleben können. Aber nicht nur wir als Deutsche können von den Kontakterfahrungen zu Geflüchteten profitieren, sondern gleiches gilt für die Menschen, die bei uns Zuflucht suchen. Auch ihre Ängste vor „den Fremden“ können so abgebaut werden. Daher sollte es in unser aller Interesse sein, dass Menschen, die zusammen mit uns in diesem Land leben, uns auch kennenlernen – und umgekehrt. 

 

Referenzen

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Gaertner, S. L., Dovidio, J. F., Anastasio, P. A., Bachman, B. A., & Rust, M. C. (1993). The common ingroup identity model: Recategorization and the reduction of intergroup bias. In W. Stroebe, & M. Hewstone (Eds.), European review of social psychology (Vol. 4, pp. 1-26). New York, NY: Wiley.

Gaertner, S. L., Dovidio, J. F., Banker, B., Rust, M., Nier, J., Mottola, G., & Ward, C. (1997). Does racism necessarily mean anti-Blackness? Aversive racism and pro-Whiteness. In M. Fine, L. Powell, L. Weis, & M. Wong (Eds.), Off white (pp. 167-178). London, UK: Routledge.

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