Das Salz in der Suppe ist der Sand im Getriebe.

Metaphern sind ein fundamentaler Bestandteil alltäglicher Sprache. Sie erweitern das Denken—und beschränken es.

Es ist eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit des Menschen dort Zusammenhänge zu erkennen, wo keine vorliegen: der Debattengegner wird argumentativ niedergerungen, die Zeit erstreckt sich vor uns, Taten wiegen schwer und die Wirtschaft brummt. All dies sind Beispiele von Metaphern, deren Verbreitung und alltäglicher Gebrauch manchmal verschleiert, dass hier Vorstellungen über direkte Erfahrungen (von Kampf, Raum, Gewicht, Motoren) auf Vorstellungen sehr abstrakter oder komplexer Themenbereiche (von Debatten, Zeit, Moral, Wirtschaft) willkürlich übertragen werden. Der Vorteil solcher Metaphern liegt auf der Hand: Sie helfen zu verstehen, was nicht direkt erfahrbar ist.

Die Nachteile alltäglicher Metaphern erschließen sich hingen nicht immer direkt. Stößt es einem aus persönlicher Überzeugung allerdings übel auf (Achtung: Metapher!), dass ein Journalist in der aktuellen Debatte um Baden-Württembergische Lehrpläne Homosexualität und Erbkrankheiten gleichsetzt, so mag das an den Handlungsanweisungen liegen, die eine Metapher nahelegt. „Denn wie solle man schließlich mit Krankheiten umgehen?“ ist hier die rhetorische und anstößige Frage. Schließlich sind Debatten keine Kämpfe, ist Zeit nicht gleich Raum, haben Taten kein Gewicht, ist die Wirtschaft kein Motor—und ebenso ist Homosexualität keine Krankheit.

Dass Metaphern letztlich auf sehr subtile Art und Weise beeinflussen, wie über Probleme und komplexe Zusammenhänge nachgedacht wird, haben kürzlich Paul Thibodeau und Lera Boroditsky experimentell gezeigt. In den Experimenten haben sich Personen mit Lösungen zu Problemen der Kriminalität auseinandergesetzt, wobei Kriminalität einmal mit einer Bestie und einmal mit einem Virus gleichgesetzt wurde—wohlgemerkt nur durch ein einziges Wort in einem kurzen Text von ca. 80 Wörtern! Dieser kleine Unterschied war jedoch ausreichend: Ist Kriminalität eine Bestie, so muss sie gebändigt werden (Personen präferieren hier höhere Strafen und mehr Polizeipräsens). Beim Virus hingegen werden Therapien bevorzugt (Personen präferieren hier Wirtschafts- oder Bildungsreformen).

Die Befunde zeigen eindrücklich, dass Metaphern nicht nur unser Denken erweitern, sondern es gleichzeitig auch einschränken können. Natürlich sind Metaphern unserer alltäglichen Sprache inhärent und nicht aus ihr wegzudenken (Probieren Sie es aus: Versuchen Sie über Zeit zu sprechen, ohne Metaphern von Raum, Flüssigkeit oder Geld zu benutzen). Je komplexer aber das Thema und je willkürlicher die Metapher, desto eher sollten wir uns bewusst machen, dass wir gerne auch dort Zusammenhänge sehen, wo keine sind.

Quelle:

Thibodeau, P.H. & Boroditsky, L. (2013). Natural Language Metaphors Covertly Influence Reasoning. PLoS ONE, 8(1), e52961. doi: 10.1371/journal.pone.0052961