Intuitive Personalauswahl

Gute Personalauswahl braucht wissenschaftlich fundierte, professionelle Personaldiagnostik. Das kostet Zeit und Geld. Bauchgefühl gibt’s umsonst und ist es auch.

Expert_innen gibt es, weil sie Arbeiten erledigen können, die für Lai_innen zu schwierig wären. Benötigt man neue Reifen, ist eine Kfz-Werkstatt eine gute Anlaufstelle. Eine gut I think it’s number two von Kristina Alexanderson via Flickr (https://www.flickr.com/photos/kalexanderson/6437601429), cc (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/)ausgebildete Mechaniker_in wird Felgen, Reifen, Wuchtgewichte und Radmuttern nicht nach Intuition auswählen und anbringen, sondern geeignetes Werkzeug nutzen. Das kostet Kund_in und Mechaniker_in Zeit und Geld, ist aber letztlich für alle Beteiligten günstiger. So ist das auch bei Personalauswahl. Eigentlich.

Von Anfang an würden Bewerber_innen und Unternehmen profitieren, würden Personaler_innen zugunsten wissenschaftlich fundierter Personaldiagnostik auf Intuition verzichten (Highhouse, 2008). Die andauernde „Sturheit“ mancher Personaler_innen hat zwei Hauptgründe (Highhouse, 2008, p. 333): Solche Personaler_innen unterliegen erstens dem Irrtum, späteres Arbeitsverhalten von Bewerber_innen sei perfekt vorhersagbar. Menschliches Verhalten ist aber zu komplex. Wenn irgendein Indikator späteren Berufserfolg zu 36 % vorhersagen könnte, wäre das extrem viel (Münze: 0%); die Korrelation zwischen Indikator und Berufserfolg wäre 0.60 (Münze: 0.00). Solche Personaler_innen unterliegen zweitens dem Irrtum, mit zunehmender Erfahrung bessere intuitive Entscheidungen treffen zu können. Das ist in diversen Studien aber ebenfalls widerlegt worden (siehe Highhouse, 2008).

Am Ende würden Bewerber_innen und Unternehmen nochmal profitieren, würden Personaler_innen auch bei der Bildung ihres Gesamturteils auf ihre Intuition verzichten (Kuncel, Klieger, Connelly & Ones, 2013): Selbst wenn alle Einzelinformationen zu Bewerber_innen vorliegen, ist die Genauigkeit eines intuitiv gebildeten Gesamturteils bzgl. späterer Arbeitsleistung 50 % schlechter als die mechanisch gebildete (z. B. mathematische Formel).

Fazit: Erfolgreiche und dementsprechend profitable Personalauswahl braucht professionelle Personaler_innen, die Personaldiagnostik mit dem passenden wissenschaftlich fundierten Werkzeug betreiben.

Quellen:

Highhouse, S. (2008). Stubborn reliance on intuition and subjectivity in employee selection. Industrial and Organizational Psychology, 1, 333-342. http://doi.org/10.1111/j.1754-9434.2008.00058.x

Kuncel, N. R., Klieger, D. M., Connelly, B. S. & Ones, D. S. (2013). Mechanical versus clinical data combination in selection and admissions decisions: A meta-analysis. Journal of Applied Psychology, 98, 1060-1072. http://doi.org/10.1037/a0034156