„No risk, no fun!“ das ist sein Motto. Auch bei Entscheidungen im Straßenverkehr.
Zu Fuß zur Schule, mit dem Fahrrad zum Sport oder mit dem Bus quer durch die Stadt zu FreundInnen. Kinder nehmen in unserer Gesellschaft schon ab einem jungen Alter eigenverantwortlich am Verkehr teil. Sie entscheiden daher auch selbst, ob sie die Straße überqueren, die Lücke zwischen den Autos groß genug ist oder ob sie doch bremsen und stehenbleiben. Entscheiden Kinder in Verkehrssituationen eigentlich richtig oder (für wen) können Entscheidungen auch gefährlich sein?
Obwohl die Zahl der Kinder, die im Verkehr verunglücken, in den letzten zehn Jahren um ca. ein Drittel zurückgegangen ist, verunglücken jährlich immer noch 28.235 Kinder auf der Straße (Statistisches Bundesamt, 2015a). Statistiken demonstrieren außerdem, dass sich bei Kindern wie Erwachsenen ein deutlicher Geschlechtsunterschied abzeichnet (Statistisches Bundesamt, 2015b): Jungen unter 15 Jahren verunglückten sowohl als Radfahrer als auch als Fußgänger häufiger als gleichaltrige Mädchen (Rad: 67.1% ♂vs. 32.9% ♀; zu Fuß: 57.7%♂ vs. 42.3% ♀).
Der Frage, ob Jungen sich im Verkehr gefährlicher verhalten als Mädchen, wurde auch in einer psychologischen Studie nachgegangen (z. B. Hoffrage, Weber, Hertwig, & Chase, 2003). Dazu wurden Kinder im Alter zwischen fünf und sechs Jahren in folgende reale Verkehrssituation gebracht: An einer befahrenen Einbahnstraße ohne Ampel oder Zebrastreifen mussten die Kinder – basierend darauf, wie sie ihren Abstand zu den Autos einschätzten – entscheiden, ob sie die Straße überqueren oder stehenbleiben würden (vgl. Übungen beim „Fußgängerpass“, z. B. "come-on", 2012). Die Ergebnisse veranschaulichen, dass Jungen sich häufiger entschieden loszugehen, um die Straße zu überqueren, und dadurch häufiger in Unfälle verwickelt worden wären als Mädchen. Neben dem biologischen Geschlecht demonstrierte die Studie jedoch einen entscheidenderen psychologischen Einfluss auf Verkehrsentscheidungen: Risikobereitschaft. Kinder, die in zwei verschiedenen Tests als risikofreudig eingestuft wurden, trafen häufiger die Entscheidung, die Straße zu überqueren, nahmen kürzere Zeitabstände zum heranfahrenden Auto in Kauf und hätten dadurch mehr Unfälle verursacht als Kinder, die weniger risikobereit waren. Außerdem trafen risikofreudige Kinder ihre Entscheidungen schneller (Hoffrage et al., 2003).
Wichtig ist daher festzuhalten, dass nicht nur Jungen, sondern vor allem risikobereite Jungen und Mädchen im Verkehr gefährdeter waren (Hoffrage et al., 2003). Überraschenderweise gab es keinen Zusammenhang zwischen verkehrsbezogenem Wissen der Kinder und ihrem Verhalten in der realen Verkehrssituation. Für Unfallprävention und Verkehrserziehungsprogramme bedeutet dies, dass nicht die reine Vermittlung von Wissen oder Regeln im Vordergrund stehen sollte. Vielmehr sollten diejenigen Kinder identifiziert werden, die eine höhere Risikobereitschaft besitzen, um diese gezielt fördern zu können. Außerdem sollten Trainingsprogramme möglichst reale Verkehrssituationen trainieren, am konkreten Verhalten der Kinder ansetzen und individuelles Feedback beinhalten, um die sogenannten „daredevils“ in Zukunft verkehrssicherer zu machen.
Quellen
- Hoffrage, U., Weber, A., Hertwig, R. & Chase, V. M. (2003). How to keep children safe in traffic: find the daredevils early. Journal of Experimental Psychology: Applied, 9(4), 249-260. http://doi.org/10.1037/1076-898X.9.4.249
- Statistisches Bundesamt. (2015). Verkehrsunfälle: Kinderunfälle im Straßenverkehr. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden. Retrieved from destatis.de
- Statistisches Bundesamt. (2015b). Verkehrsunfälle: Unfälle von Frauen und Männern im Straßenverkehr. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden. Retrieved from destatis.de
- Verkehrserziehung für Eltern und Kinder. (2012, 15. Februar). Restrieved from come-on.de
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