Nudging in der Hosentasche – wie soziale Medien Essverhalten beeinflussen
Soziale Medien sind heutzutage allgegenwärtig. Die meisten Menschen, insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene, nutzen regelmäßig Instagram, Facebook, Snapchat und Co. Essen ist dabei eines der Topthemen. Wie beeinflussen soziale Medien unser Essverhalten, wann machen sie uns gesünder und wann nicht?
Mal eben kurz in der Pause Facebook checken, auf dem Weg nach Hause im Instagram-Feed ein neues Rezept für das Abendessen suchen oder ein Foto vom leckeren Nachtisch per Snap an die beste Freundin versenden – die meisten Menschen nutzen regelmäßig soziale Medien und Essen ist dabei eines der beliebtesten Themen. Beispielsweise ist der Hashtag #food mit über 420 Millionen Nennungen unter den Top 30 der meistverwendeten Hashtags auf Instagram (Stand: 14.12.2020). Dabei zeigt sich, dass ein Großteil der geteilten Essensbeiträge ungesundes und hochkalorisches Essen abbildet (Hawks et al., 2020).
Da soziale Medien rund um die Uhr verfügbar und nur einen Griff in die Hosentasche entfernt sind, stellen sie eine wichtige Dimension unserer Umwelt dar und sind Teil unserer Entscheidungsarchitektur, also des Kontextes, in dem wir täglich Entscheidungen treffen. Die Konfrontation mit essensbezogenen Inhalten in sozialen Medien – vor oder während Essensentscheidungen - kann daher als Nudge, ein Stupser in Richtung eines bestimmten Essverhaltens, verstanden werden und unsere Essensentscheidungen beeinflussen. Schön angerichtete und als lecker beworbene gesunde Gerichte oder Lebensmittel, wie sie so oft in den Instagram-Feeds von Food-BloggerInnen zu finden sind, stellen beispielsweise Formen von affektiven Nudges da (Hedonic Enhancement & Healthy Eating Call), die erfolgreich darin sind, Essverhalten gesünder zu machen (Cadario & Chandon, 2019).
Darüber hinaus können soziale Medien unsere Eindrücke zum Essverhalten anderer NutzerInnen beeinflussen und so - zum Beispiel via Veränderung wahrgenommener sozialer Essensnormen - auch unser Essverhalten beeinflussen (Higgs & Thomas, 2015). Da wir in sozialen Medien häufig Personen folgen, die uns ähneln, interessieren oder wichtig sind, ist der potentielle Einfluss sozialer Medien auf unser Verhalten besonders stark. So haben Stok und KollegInnen (2016) gezeigt, dass wir unser Essverhalten umso eher an gesunde Essensnormen anpassen, je mehr wir uns mit der Person oder Gruppe identifizieren. Aber auch ungesunde Essensnormen beeinflussen unser Essverhalten - in diesem Fall hin zu einer ungesünderen Ernährung.
Ob soziale Medien schlussendlich einen positiven oder negativen Einfluss auf unser Essverhalten haben, liegt am Ende bei uns selbst: Durch ein paar einfache Klicks können wir unsere Entscheidungsarchitektur so bauen (im Sinne eines Self-Nudges oder Boosts), dass wir unsere Ernährung eher in eine gesündere oder eine ungesündere Richtung verschieben können. Allerdings brauchen wir noch eine Menge Forschung, um die Effekte genauer beschreiben und die Prozesse besser verstehen zu können. Stay tuned.
Quellen:
Cadario, R., & Chandon, P. (2020). Which healthy eating nudges work best? A meta-analysis of field experiments. Marketing Science, 39(3), 465-486. https://doi.org/10.1287/mksc.2018.1128
Hawks, J. R., Madanat, H., Walsh-Buhi, E. R., Hartman, S., Nara, A., Strong, D., & Anderson, C. (2020). Narrative review of social media as a research tool for diet and weight loss. Computers in Human Behavior, 111, 106426. https://doi.org/10.1016/j.chb.2020.106426
Higgs, S. & Thomas, J. (2016). Social influences on eating. Current Opinion in Behavioral Sciences, 9, 1-6. https://doi.org/10.1016/j.cobeha.2015.10.005
Stok, F. M., de Vet, E., de Ridder, D. T., & de Wit, J. B. (2016). The potential of peer social norms to shape food intake in adolescents and young adults: a systematic review of effects and moderators. Health Psychology Review, 10(3), 326-340. https://doi.org/10.1080/17437199.2016.1155161
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