Schränken Handy-Apps meine Entscheidungsfreiheit ein?
Alle kennen es - schon wieder ein neues Update fürs Handy: die Gesundheits-App analysiert jetzt auch den Schlafrhythmus und wer möchte, kann sogar eine eigene Gesundheitsakte anlegen. Richtig gut! Oder geht das schon zu weit? Wird bei der Entwicklung einer App an unser Bedürfnis nach Autonomie gedacht? Und warum wäre gerade dies so wichtig?
Es besteht ein ständiger Wettlauf gegen die Zeit, um die vorhandene Technik noch autonomer zu machen. Auf der einen Seite ist das toll: neue Entwicklungen sind fortschrittlich, sie erleichtern den Menschen viele Wege und können uns bei alltäglichen Aufgaben unterstützen. Doch unsere Selbstbestimmtheit und unser freier Wille sollte dabei nicht außer Acht geraten. Denn Autonomie ist neben Kompetenz und sozialer Eingebundenheit eines unserer drei psychologischen Grundbedürfnisse (Ryan & Deci, 2017). Wenn unser Bedürfnis nach Autonomie nicht befriedigt ist, sind wir zum Beispiel nicht motiviert, eine Handlung auszuführen und unser Wohlbefinden kann darunter leiden (Ryan & Deci, 2017). Wie eine Studie zeigt, können Technologien, die unser Bedürfnis nach Autonomie zufriedenstellen, sogar unser Wohlbefinden steigern (André et al., 2018).
Wie sollte eine App nun gestaltet sein, um unser Bedürfnis nach Autonomie zu erfüllen und damit auch zu unserem Wohlbefinden beizutragen? Ein Aspekt, der unser Verlangen nach Autonomie erfüllt, ist das Gefühl, freie Entscheidungen zu treffen (Deci & Ryan, 2000). Wenn wir bei einer App die Auswahl aus mehreren Optionen haben und diese frei wählen dürfen, steigert das unser Wohlbefinden und unsere Motivation. Wir sollten bei der Verwendung einer App also das Gefühl haben, Freiheit über alle mit ihr verbundenen Entscheidungen zu haben (André et al.,2018; Santos, 2019). Darüber hinaus sind Einbeziehung und Transparenz gegenüber den NutzerInnnen zwei sehr wichtige Punkte, die dazu beitragen können, dass wir neue Technologien auch in Zukunft gerne nutzen (Santos, 2019).
Ein positives Beispiel wäre, wenn die Apps uns als NutzerIn entscheiden lassen, was wir machen wollen (Santos, 2019). So könnte Instagram beispielsweise fragen: „Was möchtest du heute sehen/machen?“, statt uns die beliebtesten oder mit unserer letzten Suche verwandten Inhalte zu präsentieren. Dadurch wäre die Präsentation der Beiträge transparenter und NutzerInnen hätten mehr Kontrolle und Selbstbestimmtheit bei Verwendung der App. Ein anderes Beispiel sind Apps, die uns die Zeit anzeigen, die wir mit ihr pro Tag oder im Durchschnitt verbringen. Dies schafft ebenfalls Transparenz und statt uns so lange wie möglich zu beschäftigen, unterstützen diese Funktionen die NutzerInnen darin, kontrollierter mit der Verwendung der App umzugehen (Santos, 2019). Somit sind wir informiert, die individuelle Entscheidung über die Dauer und Verwendung liegt aber immer noch auf Seiten der NutzerInnen.
Wie kann ich als NutzerIn mein Bedürfnis nach Autonomie erfüllen? Wir tendieren oft dazu, den Komfort vorrangig zu betrachten, wenn wir eine neue App verwenden. Das heißt, dass wir uns vorab wenig bis keine Gedanken über unsere Entscheidungsfreiheit oder die Transparenz einer App machen. Dies wäre jedoch wichtig, damit wir langfristig mit der Nutzung zufrieden sind (Santos, 2019). Zudem hängt das Unwissen auf Seite der NutzerInnen oft damit zusammen, dass zum Beispiel der eigene Datenschutz vernachlässigt wird (André et al., 2018). Daher ist es wichtig, dass wir die Transparenz einer App vor der Nutzung hinterfragen, um zu verhindern, dass wir unsere eigene Entscheidungsfreiheit einschränken.
Quellen:
André, Q., Carmon, Z., Wertenbroch, K., Crum, A., Frank, D., Goldstein, W., ... & Yang, H. (2018). Consumer choice and autonomy in the age of artificial intelligence and big data. Customer needs and solutions, 5(1), 28-37. http://dx.doi.org/10.1007/s40547-017-0085-8
Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2000). The" what" and" why" of goal pursuits: Human needs and the self-determination of behavior. Psychological inquiry, 11(4), 227-268. https://doi.org/10.1207/S15327965PLI1104_01
Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2017). Self-determination theory: Basic psychological needs in motivation, development, and wellness. Guilford Publications. http://dx.doi.org/10.1521/978.14625/28806
Santos, M. E. (2019, July 8). Solving meaningless smartphone use through design. UX Collective. Retrieved July 17 2021, from https://uxdesign.cc/solving-meaningless-smartphone-use-through-design-c77d8e708f8d
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