Gute Vorsätze endlich umsetzen- diese Strategien und Faktoren helfen bei der Gewohnheitsbildung
Alle Jahre wieder ... kommen die guten Neujahrsvorsätze. Regelmäßiger Sport treiben, gesünder essen oder weniger Zeit am Bildschirm verbringen. Trotz guter Vorsätze scheitert die Umsetzung häufig schon nach den ersten paar Tagen oder Wochen. Gewohnheitsziele können dich dabei unterstützen, deine Vorsätze auch wirklich umzusetzen und längerfristig zu etablieren.
Neues Jahr, neues Glück. Werde ich es dieses Mal schaffen, gesünder zu essen? Die Umsetzung guter Vorsätze läuft häufig schon nach kurzer Zeit eher schleppend. Doch die Art und Weise, wie wir unsere Vorsätze formulieren und umzusetzen versuchen, kann beeinflussen, wie erfolgreich wir letzten Endes bei der Erreichung unserer Ziele sind. Gewohnheitsziele und daraus resultierende gesundheitsförderliche Gewohnheiten können uns dabei unterstützen, langfristig ein gesünderes Leben zu führen.
Im Alltag spricht man häufig von einer Gewohnheit, wenn eine Person ein Verhalten häufig und regelmäßig ausführt – zum Beispiel, wenn du mehrmals wöchentlich zum Sport gehst. Doch dies entspricht nicht ganz der wissenschaftlichen Definition einer Gewohnheit. In der Psychologie versteht man unter einer Gewohnheit einen Prozess, bei dem eine bestimmte Verhaltensweise automatisch in einer konkreten Situation zum Tragen kommt und ausgeführt wird (Wood & Rünger, 2016) – beispielsweise dann, wenn du nach dem Abendessen, ohne darüber nachzudenken, zu deiner Lieblingssüßigkeit greifst. Gewohnheiten liegen dabei gelernte Hinweisreiz-Reaktions-Verbindungen im Gehirn zugrunde. Hast du beispielsweise in der Vergangenheit nach Beendigung des Abendessens (Hinweisreiz) häufig zu Süßigkeiten gegriffen (Reaktion), lernt dein Gehirn diese Verbindung, und es wird wahrscheinlicher, dass du nach dem nächsten Abendessen unbewusst wieder zu Süßigkeiten greifst. Die Stärke einer Gewohnheit wird über die sogenannte Automatizität gemessen, zeigt also, wie automatisch bzw. unbewusst eine Verhaltensweise ausgeführt wird (Wood & Rünger, 2016).
Gewohnheitsbildung kann auch gezielt bei der Verhaltensänderung eingesetzt werden, v.a. wenn wir Verhalten langfristig ändern wollen. In einer Studie haben eine Kollegin und ich untersucht, welche Faktoren dazu beitragen, eine gesundheitsförderliche Verhaltensweise als Gewohnheit zu etablieren (Kilb & Labudek, 2022). Die Verhaltensweise, die als Zielgewohnheit etabliert werden sollte, war, die Hälfte des Tellers beim Abendessen mit Gemüse zu füllen.
In der Studie erhielten die Teilnehmenden zunächst einige Informationen zur gesundheitlichen Bedeutung des regelmäßigen Gemüseverzehrs. Anschließend wurden sie mit der Zielgewohnheit bekannt gemacht und bekamen einige hilfreiche Informationen und Strategien an die Hand (Kilb & Labudek, 2022), die zum Teil auch bereits in vergleichbarer Form in einer vorherigen Studie verwendet wurden und zur erfolgreichen Gewohnheitsbildung beitragen können (Phillips et al., 2019):
- Identifizierung eines geeigneten Hinweisreizes für die Gewohnheit (objektbasiert, z.B. Gemüse auf der Küchenzeile/ Erinnerungsbild auf dem Kühlschrank, oder ereignisbasiert, z.B. bei Start der Rezeptauswahl vor dem Kochen)
- Erstellung eines Wenn-Dann-Plans mit dem Hinweisreiz (z.B. „Wenn ich ein Rezept auswähle/ Wenn ich mir meinen Abendessensteller zusammenstelle, dann achte ich auf ausreichend Gemüse und fülle die Hälfte des Tellers mit Gemüse“), um die tatsächliche Ausführung zu fördern
- Überlegung potentieller Hindernisse in der Umsetzung und Erstellung von Bewältigungsplänen, ebenfalls im Wenn-Dann-Format (z.B. „Wenn ich abends auswärts essen gehe, dann wähle ich das Gericht mit dem höchsten Gemüseanteil / bestelle ich einen zusätzlichen Beilagensalat“)
- Informationen zu Faktoren, die die Gewohnheitsbildung fördern, und dazu, wie diese umgesetzt werden könnten (v. a. zum Belohnungswert des Verhaltens, in diesem Fall die Schmackhaftigkeit des Gemüses beim Abendessen, und zur Stabilität des Abendessenkontexts (d.h. wie ähnlich sich z.B. die Abendessenszeit, der Ort des Abendessens, oder die anwesenden Personen über verschiedene Situationen hinweg gestalten)
- Fotodokumentation des Abendessens, um den eigenen Fortschritt im Blick zu behalten.
Anschließend beantworteten die Teilnehmenden über 56 Tage hinweg jeden Abend einige kurze Fragen hinsichtlich der Zielgewohnheit (Kilb & Labudek, 2022). Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Verhalten über die Zeit hinweg immer stärker automatisch ausgeführt wurde. Außerdem zeigte sich, dass Personen, die im Schnitt häufiger das Verhalten ausführten, solche, die schmackhafteres Essen zu sich nahmen und solche, die in einem stabileren Kontext aßen, insgesamt stärkere Gewohnheiten aufwiesen.
Auch auf Tagesebene zeigten sich ähnliche Zusammenhänge: An Tagen, an denen die Teilnehmenden das Zielverhalten ausführten, an solchen, an denen das Abendessen besser schmeckte oder auch dann, wenn der Kontext stabiler war, berichteten die Teilnehmenden von stärkeren Gewohnheiten (höhere Automatizität). Allerdings ist die Wirkrichtung bei diesen querschnittlichen Zusammenhängen leider unklar – führt die erfolgreiche Verhaltensausführung zu stärkeren Gewohnheiten, oder umgekehrt? Vergleichbare Zusammenhänge von einem Tag auf den nächsten zeigten sich jedoch nicht.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse dieser und anderer Studien, dass verschiedene Strategien und Faktoren dazu beitragen können, dass sich stärkere Gewohnheiten entwickeln. Versuche, deine Gesundheitsziele nach Möglichkeit in der Form von Gewohnheitszielen zu formulieren, geeignete Hinweisreize zu finden, Wenn-Dann-Pläne für die Umsetzung zu erstellen und deine Fortschritte zu dokumentieren, damit deinen Zielen im neuen Jahr nichts mehr im Wege steht. Eine konsistente Ausführung des Zielverhaltens im selben stabilen Kontext (in unserem Beispiel dieselbe Abendessensumgebung oder dieselben Personen, die mit dir essen) bzw. in Reaktion auf denselben Hinweisreiz sowie ein hoher Belohnungswert des Verhaltens können zudem die Gewohnheitsbildung weiter fördern.
Literaturverzeichnis
Kilb, M., & Labudek, S. (2022). Effects of behavioral performance, intrinsic reward value, and context stability on the formation of a higher-order nutrition habit: An intensive longitudinal diary study. International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity, 19(1), 105. https://doi.org/10.1186/s12966-022-01343-8
Phillips, L. A., Johnson, M., & More, K. R. (2019). Experimental test of a planning intervention for forming a ‘higher order’ health-habit. Psychology & Health, 34(11), 1328–1346. https://doi.org/10.1080/08870446.2019.1604956
Wood, W., & Rünger, D. (2016). Psychology of Habit. Annual Review of Psychology, 67(1), 289–314. https://doi.org/10.1146/annurev-psych-122414-033417
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